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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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sondern die Mittelschule absolvierenkonnte, ohne eine Klasse wiederholen zu müssen. Dadurch zur Laufbahn eines höheren Beamten bestimmt, wieviel Schlauheit und Selbstüberwindung hatte er aufbringen müssen, um auf diesem Weg nicht steckenzubleiben. Wieviel Bittgänge, um immer wieder die klerikalen Stipendien zu ergattern, wieviel bescheidene Überredungsversuche bei den Redakteuren, bis er als Mitglied einer katholischen, nichtschlagenden Verbindung immer wieder seine Aufsätze unterbrachte, die von allen Seiten her Recht und Pflicht des Studenten beleuchteten, Satisfaktion mit der Waffe zu verweigern. Und wäre nicht der Glücksfall gekommen, daß Burschenschafter nach einem lustigen Frühschoppen, um seine Demut auf die Probe zu stellen, ihn verprügelten, er wäre trotz allem unten klebengeblieben. Allein auch so, wie oft noch mußte er bescheiden und zäh auf sein Märtyrertum hinweisen, an dem, ihm zum Heil, der Sohn einer einflußreichen Persönlichkeit aktiv beteiligt war, wie oft noch demütig und beharrlich Schmerzensgeld aus dieser Affäre verlangen, bis er hochkam. Und wieviel Lippenzusammenpressen kostete es, vor den Leithammeln der Partei immer wieder, während man es doch besser wußte, zu kuschen, damit nicht eines anderen besserer Gehorsam dieses andern bessere Eignung zum Minister erweise.
    Mit tiefem Mißtrauen sah er, wie Klenk, lärmend begrüßt, am Tische Platz nahm, mit bärenhafter Anmut behagliche Witze riß, den oder jenen der Tafelrunde bald gutmütig, bald giftiggrün anulkend. Ein zuwiderer Kerl, dieser Klenk, ein verwöhnter Mensch, dem die Politik nichts ist als eine Gaudi, eine beliebige Beschäftigung, das Leben auszufüllen, wie ein Pokerabend im Herrenklub oder seine Jagd in Berchtoldszell. Was wußte der Klenk davon, wie tief von innen her sich Franz Flaucher verpflichtet fühlte, die alten, wohlbegründeten Anschauungen und Gebräuche zu verteidigen gegen die modische Laxheit der genußgierigen Zeit. Krieg, Umsturz, der ständig sich intensivierende Verkehr hatten so viele Dämme eingerissen: er, Franz Flaucher, war dazu da, die letztenSicherungen von den giftigen Strömungen der Zeit zu schützen.
    Was galten dem Klenk diese Dinge. Wie er dahockte, der Bursche, mit seinem großen Schädel, seinen langnägeligen Pratzen. Natürlich war ihm auch der übliche Tiroler Wein nicht gut genug, er mußte einen teuern Flaschenwein saufen. Sicher war ihm sogar der Prozeß Krüger nur ein spannender, amüsanter Trick. Daß einen die Unschädlichmachung des Mannes Krüger so angehen konnte wie die Heilung einer nassen Flechte, dafür hatte der unernste Mann kein Organ.
    Denn der Angeklagte des Prozesses, der Doktor Martin Krüger, war so recht ein Gewächs der übeln Zeit nach dem Krieg. Während der Revolution ins Amt gekommen, hatte er als Subdirektor der staatlichen Sammlungen Gemälde erworben, die bei allen kirchlich und gesund Denkenden Anstoß erregten. Jenes zweideutige, umstürzlerisch gefärbte Bild »Josef und seine Brüder« war man ja glücklicherweise verhältnismäßig rasch wieder losgeworden. Aber der blutrünstige, sadistische »Crucifixus« des Malers Greiderer und jener weibliche Akt, der dadurch so schamlos wirkte, daß er ein Selbstporträt der Malerin darstellte – mußte eine Person nicht durch und durch verderbt sein, die sich selber nackt malte, Schenkel, Brüste dirnenhaft zur Schau stellend? –, diese beiden Bilder verhunzten noch bis vor kurzem die staatlichen Galerien. Seine Galerien, für die er, Franz Flaucher, verantwortlich war. Den Minister, dachte er an die beiden Bilder, überkam ein fast körperlicher Ekel. Er konnte den Urheber dieser Schweinerei, den Mann Krüger, nicht riechen, nicht seinen geschwungenen, schmeckerischen Mund, nicht seine grauen Augen mit den dicken Brauen. Als er einmal seine Hand hatte nehmen müssen, die warme, behaarte Hand des Mannes Krüger in seine eigene, harte, dickgeäderte, hatte er Sodbrennen bekommen.
    Er hatte sogleich alles unternommen, um den Mann Krüger auszurotten. Aber seine Ministerkollegen, an der Spitze natürlich der Klenk, hatten Bedenken gehabt gegen gewaltsameMaßnahmen. Den Dr. Martin Krüger, der als Kunsthistoriker weithin klingenden Namen hatte, auf disziplinärem Weg wegen Unzulänglichkeit wegzujagen, hätte der Stadt eine Einbuße an Kunstprestige gebracht, und davor scheute man im Kabinett damals noch zurück.
    Der Minister Flaucher, wenn er an diese Einwände dachte, durch die seine Kollegen

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