Erfolgreich Lernen (German Edition)
Verhaltenseffizienz zu bringen. Jede weitere Anspannung führt dann dazu, dass die Verhaltenseffektivität absinkt. Durch das intensive Beschäftigen mit Stressgedanken kann man sich zusätzlich zu dem praktischen Problem noch ein durch Gedanken erzeugtes Problem schaffen, das die Anspannung weiter in die Höhe treibt und die Verhaltenseffektivität absinken lässt. Da man zumindest prinzipiell auf unsere Gedanken direkten Zugriff hat, besitzt man damit auch eine Möglichkeit, dieses durch Gedanken erzeugte Problem aufzulösen oder zumindest zu reduzieren.
Abbildung 26: Praktisches und durch Gedanken erzeugtes Problem
Nach unseren Erfahrungen aus Seminaren sind ca. 90 % der Gedanken, die den Teilnehmern in einer Prüfungssituation durch den Kopf gehen, solche Gedanken, die zur Lösung des praktischen Problems nichts beitragen (was für sich allein genommen nicht sehr schlimm wäre) und darüber hinaus auch noch geeignet sind, ein emotionales Problem zu erzeugen, das dann die Verhaltenseffektivität beeinträchtigen kann. Der Gedanke: „Warum habe ich mich nicht besser vorbereitet?“ trägt z. B. kurz vor der Prüfung nichts zur Lösung des praktischen Problems bei. Wenn man sich dagegen ein halbes Jahr vorher mit diesem Gedanken beschäftigt, so kann er natürlich sehr wohl helfen, das praktische Problem zu lösen, da man ja dann noch einiges zur Vorbereitung tun kann. In der Situation einige Minuten vor der Prüfung hingegen, ist er nicht nur nicht hilfreich, sondern kann sich zudem auch noch negativ auswirken. Man hat in dieser Situation das praktische Problem, eine Prüfung bestehen zu müssen. Wenn man sich zusätzlich noch mit dem Gedanken beschäftigt, dass die Strategie zur Vorbereitung falsch war, man zu faul war etc., kann man sich dadurch noch zusätzlich ein emotionales Problem selber schaffen, das die Verhaltenseffektivität reduzieren kann.
16.2 Identifikation von Stressgedanken
Da die Gedanken in Stresssituationen meist unbewusst ablaufen, ist es notwendig, sich in einem ersten Schritt mit der genauen Identifikation der später evtl. zu verändernden Stressgedanken zu befassen. Nur dann, wenn in der jeweiligenSituation tatsächlich der relevante Gedanke mit den unten beschriebenen Techniken bearbeitet wird, werden die beschriebenen Veränderungsstrategien auch erfolgreich sein können.
Beispiel zur Identifikation von Stressgedanken:
Stellen Sie sich vor, Sie hätten heute eine mündliche Prüfung. Sagen wir, die Prüfung beginnt um 10.00 Uhr. Vielleicht können Sie sich noch an eine Prüfung erinnern, die noch nicht so lange zurückliegt, oder sich eine Prüfung vorstellen, die in absehbarer Zeit auf Sie zukommen wird. Nachstehend sind verschiedene Situationen beschrieben, die im Zusammenhang mit einer Prüfung auftreten können. Versuchen Sie, sich in die jeweils beschriebene Situation hineinzuversetzen und notieren Sie in der jeweiligen Phase die Gedanken, die Ihnen in der entsprechenden Situation wohl durch den Kopf gehen würden oder gegangen sind.
Phase 1:
Sie sind noch zu Hause, es ist jetzt 9.00 Uhr. Die Prüfung beginnt um 10.00 Uhr. Notieren Sie die Gedanken, die Ihnen in dieser Situation wahrscheinlich durch den Kopf gehen werden oder in einer ähnlichen Situation durch den Kopf gegangen sind.
Phase 2:
Sie sind jetzt auf dem Weg zu dem Ort der Prüfung, es ist 9.30 Uhr. Notieren Sie die Gedanken, die Ihnen in dieser Situation oder in einer ähnlichen Situation wahrscheinlich durch den Kopf gehen werden oder durch den Kopf gegangen sind.
Phase 3:
Sie stehen vor dem Zimmer, in dem die Prüfung stattfindet. Sie sehen ein Schild „Bitte nicht stören – Prüfung“, es ist 9.45 Uhr.
Notieren Sie die Gedanken, die Ihnen in dieser Situation oder in einer ähnlichen Situation wahrscheinlich durch den Kopf gehen werden oder durch den Kopf gegangen sind.
Phase 4:
Es ist jetzt 10.10 Uhr, eigentlich sind Sie seit 10 Minuten an der Reihe, der Prüfling vor Ihnen ist aber noch in dem Zimmer.
Notieren Sie die Gedanken, die Ihnen in dieser Situation oder in einer ähnlichen Situation wahrscheinlich durch den Kopf gehen werden oder durch den Kopf gegangen sind.
Nachfolgend sind einige Gedanken aufgeführt, die Teilnehmern an Seminaren beim Ansehen eines Videos mit den oben beschriebenen Situationen durch den Kopf gegangen sind:
Häufig vorkommende Gedanken vor einer Prüfung:
Ich weiß nichts mehr.
In einer Stunde habe ich es hinter mir.
Kann ich mich konzentrieren?
Wird meine Taktik
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