Erfolgreiches Teamcoaching
mir verlangen. Aber natürlich spreche ich privat mit dem einen mehr als mit dem anderen. Solange ich das beides trennen kann, gibt es keine Schwierigkeiten. Und falls dann dennoch ein Spieler unzufrieden ist, muss ich ihm das zumuten. Ich werde es niemals schaffen, es jedem Spieler recht zu machen.
Noch eine wichtige Sache zu diesem Thema möchte ich erwähnen. Jede Regel braucht ihre Ausnahme. Das ist ganz wichtig. Sonst wird sie zum Dogma. Selbst die Tötung eines anderen Menschen, das schwerste Verbrechen in unserer Rechtsprechung, ist unter bestimmten Umständen erlaubt, etwa bei Notwehr. Nur, hier bewegen Sie sich auf einem glatten Parkett.
Zum Ersten droht bei manchen Fällen, dass die Ausnahme zur Regel wird. Zum Zweiten kommt schnell Unzufriedenheit auf, wenn bei einem Spieler eine Ausnahme gemacht wird und bei einem anderen nicht.
Hier sollten Sie sich gut prüfen und vor allem offen aussprechen, warum Sie eine Ungleichbehandlung vornehmen. Es gibt nämlich oftmals gute Gründe dafür. Ältere Spieler etwa, die schon viel für den Verein geleistet haben, dürfen sehr wohl manche Sonderregelung für sich beanspruchen.
9.3 Die Teamentwicklung
In der Schaffung eines positiven Teamgeists liegt für mich ein Schlüssel zum Erfolg im Mannschaftssport. Ich habe deshalb diesem Thema innerhalb des Buches ein eigenes Kapitel gewidmet („Der Weg zum Team“, Kap. 10 ). Wenn Sie gerade an diesem Inhalt interessiert sind, so lade ich Sie ein, vorzublättern und sich diesem Kapitel zu widmen. An dieser Stelle möchte ich zu einem anderen bedeutungsvollen Inhalt weitergehen, nämlich der Mannschaftshierarchie.
9.4 Die tragfähige Führungsstruktur
Meiner Überzeugung nach sind Mannschaften langfristig nur dann erfolgreich, wenn sie eine gute Führungsstruktur besitzen. Vorübergehend mag es gelingen, auch ohne „Häuptlinge“ zu gewinnen. Aber ich kenne kein Beispiel, wo das auf Dauer funktioniert hat.
Führungsspieler spielen eine wichtige Rolle, weil sie in den entscheidenden Situationen das Kommando übernehmen. Sie tragen eine größere Verantwortung, dafür haben sie auch mehr zu sagen. Zugleich sind sie die Personen, welche die großen Momente des Spiels bestimmen. Ein positives Beispiel in dieser Hinsicht lieferte für mich Bayern München 2001. Ich sehe den Sieg in der Champions League zu einem wesentlichen Teil darin begründet, dass Oliver Kahn und Stefan Effenberg die unangefochtenen Führungspersonen im Team bildeten. Nicht zufällig waren es auch die beiden, welche die spielentscheidenden Situationen (Effenberg verwandelte den Elfmeter zum Ausgleich, Kahn entschied das Elfmeterschießen) prägten. Die Entschlossenheit beider in diesen Szenen, ihren Gesichtsausdruck vorher und hinterher, werde ich vermutlich nie vergessen.
Was aber passiert, wenn man solche Führungsspieler nicht hat? Dann besteht die Gefahr, dass in brisanten Spielmomenten keiner die Verantwortung übernimmt und die notwendigen Impulse setzt. Von diesen Beispielen habe ich schon zu viele erlebt. Ich habe zum Beispiel eine Damenmannschaft betreut, der eine solche Führungsperson fehlte. Meine Versuche, gemeinsam mit der Mannschaft einzelne Spielerinnen in die Führungsrolle hineinzuentwickeln, wurden von den Spielerinnen abgelehnt. Sie wollten lieber je nach Spielsituation schauen, wer gerade in der Lage war, das Spiel zu bestimmen. Für mich kam es deshalb nicht überraschend, dass das Spiel, welches über den Einzug in den Europapokal entschied, verloren wurde. Es fehlte eine Person, welche die Initiative im kritischen Moment übernahm.
Auch den Erfolg der Hockeynationalmannschaft bei der WM 2002 führe ich (unter anderem) darauf zurück, dass vorher gezielt eine Führungsstruktur erarbeitet wurde. Dies geschah in Abstimmung mit der Mannschaft. Letzteres ist wichtig, da ich schlecht Spieler in die Führungsrolle bringen kann, welche von der Mannschaft abgelehnt wurde. Jeder wusste genau, wer wann was zu sagen hatte und wer wofür die Verantwortung trug. Die Führungsspieler übernahmen ihre besondere Stellung und die anderen Spieler erkannten diese Struktur an, ohne deswegen ihre persönliche Verantwortung abzugeben. Kapitän Florian Kunz verkörperte die benötigten Führungsqualitäten vorbildlich. Das gipfelte darin, dass er sowohl im Halbfinale als auch im Finale per Strafecke entscheidende Treffer erzielte.
Florian Kunz ist ein Beispiel dafür, dass ein Führungsspieler nicht nur durch sein vorbildliches Verhalten
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