Erfolgreiches Teamcoaching
Schon eine abfällige Handbewegung beeinflusst manche Ihrer Athleten negativ.
Ich habe einen Spieler betreut, der nach verpassten Torchancen immer zu seinem Trainer hinsah. Als ihm eine längere Zeit kein Treffer mehr gelang, erzählte er, dass er in dieser Phase zunehmende Angst vor der wegwerfenden Geste des Trainers bekam, die er immer wieder in solchen Situationen beobachtete. Wenn aber schon eine Handbewegung eine derartig große Wirkung auf einenAthleten haben kann, wie stark können sich dann fortwährende kritische Äußerungen bis hin zu Schreitiraden auswirken?
Am Spielfeldrand können Sie als Trainer nur noch wenig Einfluss nehmen.
Und haben Sie schon mal überlegt, wie Ihre Äußerungen auf die Spieler auf der Ersatzbank wirken? Wie mag sich ein Athlet fühlen, der gleich in das Spiel kommt, wenn er zuvor hört, wie Sie das Handeln seiner Mitspieler heruntermachen? Hat er dann den Mut, im Spiel die entscheidende Aktion zu riskieren oder wird er eher gehemmt und vorsichtig spielen, um nur keinen Fehler zu machen und damit eine ähnliche Reaktion auf sein eigenes Handeln zu provozieren?
Ich empfehle Ihnen, als neutraler Beobachter das Verhalten Ihrer Trainerkollegen während des Wettkampfs zu beobachten. Ich fürchte, Ihnen werden die Augen aufgehen, wie viele Flüche, abschätzige Gesten und verzerrte Gesichtsausdrücke Ihnen begegnen werden. (Noch besser: Bitten Sie einen Bekannten, Sie während des nächsten Spiels Ihrer Mannschaft am Spielfeldrand zu filmen. Das Ergebnis kann sehr aufschlussreich sein und möglicherweise haben Sie anschließend mehr Verständnis für manche Reaktion Ihrer Athleten.)
Schimpfe, Flüche u. Ä. sind sehr verständlich, da Sie vieles mit ansehen müssen, was weder Ihren Vorstellungen noch den in der Spielvorbereitung besprochenen Vorgaben entspricht. Außerdem ist es wichtig, dass Sie die Emotionen, welche sich während des Spiels in Ihnen entwickeln, entladen, damit Ihr Kopf wieder frei für die Spielanalyse und ein darauf basierendes, überlegtes Handeln ist.
Es bedarf einer Abwägung, in welchem Maß Ihre Flüche wichtig und wann sie nur schädlich sind. Sie müssen auch für sich sorgen und das bedeutet, dass Sie manchmal Ihren Ärger loswerden müssen. Generell aber gilt: Arbeiten Sie vor allem über die Bestärkung gelungener Aktionen. Es bringt viel mehr, einen guten Pass zu loben, als drei misslungene Vorlagen zu kritisieren. Damit Ihnen das gelingt, ist es wichtig, dass Sie zunächst an Ihrer Wahrnehmung arbeiten. Denn viele Trainer neigen dazu, die Fehler ihrer Spieler deutlicher zu sehen als die gelungenen Aktionen.
Das ist wie bei der alten Geschichte mit dem halb vollen und dem halb leeren Glas. Worauf richte ich mein Augenmerk, auf das, was gut ist oder auf das, was nicht funktioniert? Konzentrieren Sie sich auf das Positive und handeln Sie entsprechend. Sie werden überrascht sein, wie viel Selbstvertrauen Ihre Spieler plötzlich gewinnen.
Die zweite große Aufgabe während des Spiels besteht darin, dieses zu beobachten und zu analysieren . Was läuft gut, was nicht? Wie spielt der Gegner? Ist diegewählte Taktik geeignet, dem Gegner zu begegnen oder bedarf es einer Änderung? Wie ist die Einstellung meiner Mannschaft? Mit welchen Angriffsaktionen haben wir Erfolg und wo sind wir anfällig? Dies sind einige der Fragen, die Sie sich als Trainer ständig stellen. Hier muss ich wenig zu sagen, denn alle Trainer, die ich erleben durfte, waren in diesem Punkt ausreichend geschult.
Wichtig ist mir deswegen nur die Erwähnung eines Punkts: Aus der Distanz beobachtet es sich anders (und teilweise besser), als wenn man sehr nah am Geschehen dran ist. Das gilt sowohl für räumliche wie für emotionale Distanz bzw. Nähe. Da Sie als Trainer in der Regel sehr nahe am Geschehen sind, ist es eine große Hilfe, einen zweiten Beobachter auf die Tribüne zu setzen, der Ihnen dann in der Halbzeit wertvolle Tipps geben kann, eben weil er das Spiel aus einer anderen Perspektive sieht. Sicher findet sich jemand im Verein, der diese Aufgabe übernimmt, auch wenn Sie keinen Kotrainer haben.
Der mit großem Medieninteresse von Berti Vogts in Leverkusen initiierte Versuch, die ersten 30 Spielminuten auf der Tribüne zu verbringen, war in der Umsetzung ungeschickt, aber grundsätzlich von der Idee her nicht schlecht. Bei der Hockeynationalmannschaft ist es völlig normal, dass der Kotrainer das Spiel aus der Distanz beobachtet.
Aus der Analyse ergeben sich dann
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