Erfolgreiches Teamcoaching
weißt, dass du gegen die großen Gegner mehr investieren musst, tust das gegen die Kleinen aber oft nicht, da bist du nicht konsequent genug in den Zweikämpfen oder gehst den einen oder anderen Weg zu wenig. Es muss ja nicht viel sein, was an der Einstellung fehlt, aber es reicht, um diese Spiele zu verlieren.“
Aber das ist nicht das einzige Problem. Die Spieler können in dem Match nichts gewinnen, aber viel verlieren! Denn eine Niederlage wäre zugleich eine öffentliche Blamage. Was müsste sich jeder Spieler am nächsten Tag anhören? Was inden Zeitungen lesen? Die Mannschaft befindet sich deshalb in einem Dilemma. Das kann man als Beobachter immer wieder schön sehen. Da geht der Außenseiter durch ein Tor in Führung und schon macht sich Angst bei dem Favoriten breit. „Das kann doch nicht ... Man wird doch nicht ... Das darf doch gar nicht ...“ Plötzlich spielen die eigentlich viel stärkeren Athleten gehemmt, verkrampft und ohne Souveränität. Die Uhr läuft runter und am Ende gewinnt die Mannschaft, die angeblich gar nicht gewinnen konnte (achten Sie nur einmal darauf, wie viele Verneinungen in einem solchen Denken stecken, wie sehr die Sicht also auf etwas Negatives gerichtet ist).
Damit ist das Phänomen gut beschrieben. Und wie gesagt, jeder von Ihnen hat so etwas bestimmt schon mal erlebt. Die spannende Frage aber ist: Wie lässt sich so etwas verhindern? Was können Sie als Trainer tun, damit Ihre Mannschaft einer solchen Situation besser gewachsen ist?
15.2 Handlungsmöglichkeiten
Zunächst erscheint es mir wichtig, dass Sie sich selbst gut beobachten. Welche Gedanken haben Sie in den Tagen vor dem Spiel? Entdecken Sie bei sich selbst Spuren der Überheblichkeit? Ist Ihre eigene Konzentration auf das Match geringer als sonst? Oder aber haben Sie insgeheim Angst vor einer Blamage?
Als Trainer sind Sie das Vorbild. Selbst wenn Sie sich nach außen hin wie immer verhalten, spüren Ihre Spieler genau, wie Ihre Einstellung zum Gegner ist.
Unterschätzen Sie nicht die subtile Wirkung, die von Ihnen ausgeht! Außerdem habe ich bei mir selbst bemerkt, dass meine Einstellung die der Mannschaft widerspiegelt. Wenn ich vor einem Gegner Angst habe, hat die Mannschaft meist auch Angst davor. Wenn ich umgekehrt mir zu sicher bin, verhält es sich bei den Spielern häufig ebenso. Ich sage damit nicht, dass die Spieler die Gefühle haben, weil ich sie habe. Wahrscheinlich ist es eher so: Wir alle werden von einer kollektiven Stimmung erfasst und denken und fühlen deshalb ähnlich. Die Veränderung zum Guten fängt deshalb bei mir selbst an. Zuerst arbeite ich an meiner Haltung zur Favoritenrolle, dann vermittle ich meine Gedanken den Spielern. Das erscheint mir auch für Sie als Trainer ein guter Ansatz.
Der Sportpsychologe Sigurd Baumann (Baumann, 2002) äußerte die Meinung, dass Einzelgespräche das wirksamste Mittel darstellen, einem Überheblichkeitseffekt vorzubeugen. Aus meiner Erfahrung kann ich das vollkommen bestätigen. Esempfiehlt sich dabei besonders, Schlüsselspieler anzusprechen. Zum Beispiel können Sie den Mannschaftsrat zusammenrufen und mit ihm Ihre Sorgen besprechen. Seien Sie dabei ehrlich, sprechen Sie einfach aus, welche Probleme Sie in der Favoritenrolle sehen und suchen Sie dann gemeinsam nach Lösungen. Zugleich erreichen Sie dadurch, dass die Athleten mit in die Verantwortung genommen werden.
Des Weiteren bietet es sich an, Handlungsziele zu formulieren und in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn ich im Handball zum Beispiel als THW Kiel zu Hause gegen Pfullingen spiele, ist es nicht unbedingt schlau, den reinen Sieg in den Vordergrund zu stellen. Die Spieler werden dann möglicherweise nur mit halber Kraft in das Spiel gehen, weil sie denken, dass ein geringerer Einsatz zum Erfolg genügt.
Aber eine solche Einstellung wollen Sie als Trainer ja gerade verhindern. Wenn Sie dagegen als Hauptziel vorgeben, dass ein Schwerpunkt auf Außenangriffe gelegt wird und dass Sie damit mindestens 10 Tore erzielen wollen, dann hat die Mannschaft eine Aufgabe, die sie fordert, für die sie sich ganz einsetzen muss. Außerdem wird es für die Athleten dadurch interessanter, was wiederum ihre Konzentration steigert.
Als Nächstes frage ich gerne meine Mannschaft, was ihr ein Sieg gegen den vermeintlich schwachen Gegner einbringt und was im Gegenzug dazu das Spitzenspiel eine Woche später an Punkten bereithält. Wenn wir gegen Bayern München gewinnen, meinen wir, etwas ganz Tolles erreicht
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