Erfuellung
einen Tisch reservieren?«
»Das wäre super.«
»Ich muss mich jetzt beeilen. Ich bin gerade auf dem Weg zur Arbeit.«
»Schreib mir eine SMS, wo ich dich abholen soll.«
»Mach ich.« Ich eilte durch die Lobby und auf die Drehkreuze zu. »Wir unterhalten uns morgen weiter.«
»Ich freu mich drauf. Ich komme so gegen fünf.«
Ich steckte mein Handy in die Tasche und nahm den nächsten freien Aufzug. Als ich nach oben kam und durch die gläsernen Sicherheitstüren trat, begrüßte mich Megumi, indem sie mir ihr Telefon vor die Nase hielt.
»Kannst du das glauben?«, fragte sie.
Ich zog den Kopf zurück, um das Display lesen zu können. »Drei verpasste Anrufe von Michael.«
»Ich hasse Typen wie ihn«, klagte sie. »Erst heiß, dann kalt und dann total neben der Spur. Sie wollen dich, bis sie dich haben, dann wollen sie wieder etwas anderes.«
»Sag ihm das.«
»Wirklich?«
»Ja, ehrlich. Du könntest auch einfach nicht drangehen, wenn er anruft, aber das macht dich auch verrückt. Lass dich auf keinen Fall auf ein Treffen mit ihm ein. Noch mal mit ihm zu schlafen, wäre das Dümmste, was du machen kannst.«
»Stimmt.« Megumi nickte. »Sex ist schlecht, auch wenn er richtig gut ist.«
Lachend ging ich an meinen Arbeitsplatz. Ich hatte andere Dinge zu tun, als das Liebesleben meiner Freunde zu regeln. Mark betreute gerade mehrere Kunden gleichzeitig, und drei Kampagnen kamen jetzt in die heiße Endphase. Die kreativen Köpfe hatten ganze Arbeit geleistet, und einige Entwürfe lagen schon auf dem Schreibtisch meines Chefs. Diesen Teil der Arbeit liebte ich besonders: wenn sämtliche strategische Fäden zusammenliefen.
Um zehn Uhr steckten Mark und ich tief in einer Diskussion über die verschiedenen Ansätze, die wir bei der Kampagne für einen Scheidungsanwalt verfolgen konnten. Wir versuchten, die richtige Mischung zu finden. Einerseits wollten wir Mitgefühl für eine schwere Zeit im Leben eines Menschen wecken, andererseits aber auch die wichtigsten Qualitäten eines Anwalts herausarbeiten: Gerissenheit und Rücksichtslosigkeit.
»Einen solchen Typen werde ich nie brauchen«, sagte er plötzlich wie aus heiterem Himmel.
»Nein«, antwortete ich, als ich endlich daraufkam, dass er von Scheidungsanwälten sprach. »Das glaube ich auch nicht. Ich kann’s kaum erwarten, Steven beim Mittagessen zu gratulieren. Ich freue mich wie verrückt für euch beide.«
Mark grinste und zeigte seine leicht schiefen Zähne, die ich so süß fand. »Ich war noch nie so glücklich.«
Es war schon fast elf Uhr, und wir hatten uns gerade der Kampagne für einen Gitarrenhersteller zugewandt, als das Telefon auf meinem Schreibtisch klingelte. Ich rannte hinüber und ging dran, doch meine übliche Grußformel wurde durch ein Kreischen unterbrochen.
»O mein Gott, Eva! Ich habe gerade erfahren, dass wir beide zu diesem Six-Ninths-Event morgen gehen!«
»Ireland?«
»Wer sonst?« Gideons Schwester war so aufgeregt, dass sie sogar noch jünger klang als ihre siebzehn Jahre. »Ich liebe Six-Ninths. Brett Kline ist ein absolut heißer Typ. Und Darrin Rumsfeld auch. Er ist der Drummer. Der ist einfach affengeil.«
Ich lachte. »Magst du zufällig auch die Musik?«
»Tssss. Das ist ja wohl selbstverständlich. Hör zu …« Ihre Stimme wurde ernst. »Ich glaube, du solltest morgen mal mit Gideon sprechen. Du weißt schon, einfach nur vorbeigehen und Hi sagen. Wenn du ihm die Tür öffnest, dann wird er mit fliegenden Fahnen hindurchsegeln, das schwöre ich. Er vermisst dich unheimlich.«
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und spielte mit. »Glaubst du?«
»Das ist offensichtlich.«
»Tatsächlich? Woran merkst du das denn?«
»Ich weiß nicht. Seine Stimme verändert sich, wenn er von dir redet. Ich kann es nicht erklären, aber ich versichere dir: Er will dich unbedingt zurückhaben. Du bist diejenige, die ihm gesagt hat, dass er mich morgen mitnehmen soll, oder?«
»Nicht so ganz …«
»Ha! Ich wusste es. Er tut immer das, was du ihm sagst.« Sie lachte. »Danke übrigens.«
»Danke ihm. Ich freue mich einfach nur darauf, dich wiederzusehen.«
Ireland war der einzige Mensch in Gideons Familie, den er vorbehaltlos liebte, obwohl er sein Bestes gab, es nicht zu zeigen. Ich vermutete, dass er Angst hatte, enttäuscht zu werden oder die Beziehung irgendwie zu ruinieren. Ich wusste nicht hundertprozentig, was dahintersteckte, aber Ireland verehrte ihren Bruder wie einen Helden, und er hielt sie auf Abstand,
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