Eric
entsetzlich kluge und egozentrische Personen wie Eric. Sie waren zu weitaus scheußlicheren Dingen fähig als der gemeinste Dämon.
»Ja, Herr«, erwiderte der Kurier. »Schon seit Jahren wartet der Herzog auf die Beschwörung und widerstand allen anderen Verlockungen. Mit großer Geduld beobachtete er die Welt der Menschen und bemühte sich, mehr über sie zu erfahren, um…«
»Wo war er?«
»Äh, ein Ruf der übernatürlichen Natur, Herr«, brabbelte der Dämon. »Er hatte seinen Platz gerade erst verlassen, als…«
»Als jemand auf die andere Seite wechselte?«
»Wir versuchen herauszufinden, wer…«
Lord Astfgls Geduld hatte selbst im besten Fall die Zugfestigkeit von Kitt, und jetzt riß sie. Es reichte ihm. Einige seiner Untertanen benutzten Ausdrücke wie ›herausfinden‹, wenn sie ›feststellen‹ meinten. Die Verdammnis war zu gut für sie.
»Hinaus mit dir«, flüsterte der König. »Ich werde dafür sorgen, daß man dich belobigt.«
»O Herr, bitte nicht…«
»Hinaus!«
Durch glühende Korridore stapfte Astfgl zu seinen Privatgemächern. Die anderen Höllenkönige vor ihm hatten stark behaarte Beine und
Hufe bevorzugt, doch Lord Astfgl hielt nichts davon. Er befürchtete, daß widerkäuende Dämonen lächerlich wirkten. Aus diesem Grund trug er einen Umhang aus roter Seide, eine scharlachrote Strumpfhose und eine Mütze mit zwei hübschen kleinen Hörnern. Darüber hinaus benutzte er kein Zepter, sondern einen Dreizack. Zwar fiel immer wieder das eine Ende ab, aber er glaubte trotzdem, daß man einen Dämonenkönig in dieser Aufmachung ernst nahm…
In seinem kühlen Gemach – oh, bei den Göttern, beziehungsweise nicht bei den Göttern, es hatte eine Ewigkeit gedauert, um ein gewisses zivilisiertes Niveau zu schaffen; seine Vorgänger begnügten sich damit, herumzulungern und Sterbliche in Versuchung zu führen; Phänomene wie Managerstreß waren ihnen völlig unbekannt – strich Astfgl vorsichtig ein Tuch beiseite und beobachtete, wie der Seelenspiegel erwachte.
Ein Zierrahmen umgab das kalte Schwarz, und daraus kräuselten fette Rauchfäden empor.
Dein Wunsch, Herr ? fragte der Spiegel.
»Zeig mir die Ereignisse am Pseudopolis-Tor während der letzten Stunde«, verlangte der König und nahm Platz.
Nach einer Weile stand Astfgl auf und trat zum Aktenschrank, der nun die Hauptbücher mit den schauderhaften Umschlägen ersetzte. Er sah unter dem Namen ›Rincewind‹ nach, was nicht völlig problemlos war. Einige Tücken des neuen Verwaltungssystems mußten noch beseitigt werden – die verwirrten Dämonen legten alles unter L für Leute ab.
Kurze Zeit später setzte er sich wieder, beobachtete die flackernden Bilder und spielte geistesabwesend mit den Dingen auf dem Schreibtisch, um die Nerven zu beruhigen.
Ihm standen die üblichen Gegenstände zur Verfügung: Notizblöcke mit Magneten für Büroklammern, kleine Behälter für Stifte aller Art, bunte Klebezettel, die man immer gebrauchen konnte, unglaublich komische Statuetten mit Aufschriften wie ›Du bist der Boß!‹ sowie Chromkugeln und Spiralen, die ein kurzlebiges Pseudo-Perpetuum mobile bildeten. Wer einen Blick auf diesen Schreibtisch warf, mußte unweigerlich zu dem Schluß gelangen, tatsächlich verdammt zu sein.
»Ich verstehe «, sagte Astfgl. Ein Klauenstoß setzte mehrere funkelnde Kugeln in Bewegung.
Er erinnerte sich an keinen Dämon namens Rincewind. Andererseits: Es gab Millionen dieser armen Teufel. Überall wimmelte es von ihnen, und der Begriff Ordnung war ihnen völlig unbekannt. Der König hatte noch nicht die Zeit gefunden, eine Volkszählung durchzuführen und überflüssiges Personal in den Ruhestand zu schicken. Dieses spezielle Individuum schien weniger Gliedmaßen und mehr Vokale in seinem Namen zu haben als die meisten anderen, aber es mußte ein Dämon sein.
Vassenego war ein stolzer alter Narr und gehörte zu den älteren Dämonen, die dauernd lächelten, Astfgl verachteten und ihm nur widerstrebend gehorchten – weil sich der König über Jahrtausende hinweg mit geduldigem Fleiß hochgearbeitet hatte, um nun endlich den Lohn seiner Bemühungen einzustreichen. Vielleicht steckt Absicht dahinter , dachte Astfgl. Vielleicht will mir der alte Kerl eins auswischen.
Und dann: Darum kümmere ich mich später. Möglicherweise schicke ich ihm eine Notiz . Jetzt ließ sich leider nichts mehr ändern. Persönliches Engagement war nötig. Eric Thursley bot eine viel zu gute Gelegenheit. Bestimmt ärgerten
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