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Eric

Eric

Titel: Eric Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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leben.«
»Von Zeitreisen war nicht die Rede«, betonte Eric. »Ich habe mich ganz klar ausgedrückt, damit keine Tricks möglich sind.«
    »Dies ist kein Trick. Der Wunsch hat sich nur selbst interpretiert. Wenn man genauer darüber nachdenkt… ›Ewig‹ bezieht sich auf die gesamte Spanne von Raum und Zeit. Ewig. Für immer. Verstehst du?«
    »Soll das heißen, man muß am Anfang beginnen?«
»Ja.«
»Wie schrecklich! Es dauert Jahre, bis wir Gesellschaft bekommen!« »Jahrhunderte«, berichtigte Rincewind. »Jahrjausende. Äpocken. Und
    dann gibt’s Krieg, Ungeheuer und so weiter. Der größte Teil der Geschichte ist entsetzlich, wenn man sich eingehender damit beschäftigt. Es genügt sogar, nur einen kurzen Blick darauf zu werfen.«
    »Aber ich wollte von jetzt an ewig leben«, sagte Eric verzweifelt. »Ich meine, von damals an. Äh, von der Zukunft an. Ich meine, sieh dich hier nur um. Keine Mädchen. Keine Leute. Kein Spaß am Samstagabend…«
    »Während der nächsten Jahrtausende wird’s überhaupt keinen Samstagabend geben«, erläuterte Rincewind. »Nur Tage. Und Nächte.« »Bring mich sofort zurück!« verlangte Eric. »Ich befehle es dir. Hinfort!«
    »Wenn ich das Wort noch mal von dir höre, klebe ich dir eine«, drohte Rincewind.
»Du brauchst doch nur mit den Fingern zu schnippen!«
    »Ausgeschlossen. Deine drei Wünsche sind in Erfüllung gegangen. Tut mir leid.«
»Und was tue ich jetzt?«
»Nun, wenn du siehst, wie etwas aus dem Meer kriecht und zu atmen versucht… Sag ihm, es sei die Mühe nicht wert.«
»Du hältst das alles für sehr komisch, wie?«
»Da du schon davon sprichst – ich finde die Situation tatsächlich amüsant«, erwiderte Rincewind mit ausdruckslosem Gesicht. »Nach ein paar Jahren änderst du vielleicht deine Meinung«, sagte
    Eric.
»Warum?«
»Weil du ebenfalls hierbleibst, nicht wahr? Du kannst diesen Ort –
    diese Zeit – nicht verlassen.«
»Unsinn. Ich…« Rincewind unterbrach sich und schluckte. Ich was ? dachte er.
    Die Wellen rollten eher zögernd an den Strand, ertasteten sich behutsam den Weg. Die erste Flut kam mit großer Vorsicht: Es gab noch keine lange Flutlinie aus Algen und Muscheln, die sie vermuten ließ, was man von ihr erwartete. Die Luft roch frisch und rein, hatte noch nicht Bekanntschaft geschlossen mit den Ausdünstungen eines Waldbodens oder dem Verdauungssystem von Wiederkäuern.
    Rincewind erinnerte sich an Ankh-Morpork. Er mochte Luft, die ein wenig herumgekommen war und dabei viele Menschen kennengelernt hatte, die einem das Gefühl gab, nicht allein zu sein.
    »Wir müssen zurück«, sagte er fest.
»Darauf habe ich eben schon hingewiesen«, erwiderte Eric mit erzwungener Geduld.
    Rincewind biß noch einmal vom Sandwich ab. Er hatte dem Tod häufig ins Gesicht gesehen – besser gesagt: Tod hatte oft seinen sich rasch entfernenden Hinterkopf beobachtet –, und die Vorstellung, ewig zu leben, behagte ihm plötzlich nicht. Natürlich bekam er Gelegenheit, Antwort auf wichtige Fragen wie zum Beispiel die Entwicklung des Lebens zu finden, doch auf diese Weise die nächste Ewigkeit zu verbringen… Weitaus reizvoller erschien es ihm, an einem ruhigen Abend durch die Straßen von Ankh zu wandern.
    Nun, immerhin hatte er einen Vorfahren kennengelernt. Dazu bekamen nur wenige Leute Gelegenheit. Was unternähme mein Vorfahr jetzt ? Er wäre nicht hier.
Ja, natürlich, aber abgesehen davon hätte er, äh, seinen ausgezeichneten militärischen Verstand benutzt, um die verfügbaren Werkzeuge zu beurteilen. Ja, genau. Rincewind begann mit der Bestandsaufnahme.
Erstens: ein halb verspeistes Sandwich mit Ei und Kresse. Kaum eine Hilfe. Er warf es fort.
    Zweitens: er selbst. Der Zauberer zeichnete einen Haken in den Sand. Zwar wußte er nicht, was er mit sich anfangen sollte, aber darauf konnte er später zurückkommen.
    Drittens: Eric. Ein knapp vierzehnjähriger Dämonologe mit akuter Akne.
Und sonst? Ziemlich wenig. Praktisch nichts.
    Eine Zeitlang starrte er auf den frischen, sauberen Sand und kritzelte darin herum.
Dann sagte er leise: »Bitte komm hierher, Eric…«

    Die Wellen waren jetzt höher und offenbarten mehr Entschlossenheit. Sie hatten inzwischen herausgefunden, was ›Flut‹ bedeutete, und rollten enthusiastisch über den Strand.
    Astfgl materialisierte in einer blauen Rauchwolke.
»Aha!« knurrte er, doch die erhoffte Wirkung blieb aus, weil ihn niemand hörte.
    Er blickte zu Boden und bemerkte Fußspuren im Sand. Hunderte. Sie

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