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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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der, die an deiner Seite liegt, was du zu sagen hast, denn das Bett, das dich erwartet, ist naß und kalt, und bald werden deine weißen Lippen taub sein.‹ Dann war er verschwunden, und an seiner Stelle stand Asmund, dein Vater, und auch er sprach zu mir und sagte: ›Du, der du neben meiner Tochter in meinem Bette liegst, wisse, daß Atlis Worte wahr sind. Und ich füge hinzu: Du wirst sterben, und doch ist der Tod nur das Tor des Lebens und der Liebe und der Rast‹, und er war verschwunden.«
    Nun erzitterte Gudruda vor Furcht und kroch näher an Eriks Seite.
    »Wir haben sicher das Zweite Gesicht«, sagte sie, »denn die Nornen sprechen mit Atlis und Asmunds Stimmen. Oh, Erik! Erik! Wohin gehen wir, wenn wir sterben? Wird Walhalla dich aufnehmen, der du ein so mächtiger Mann bist, und muß ich hinfort in Hels Hallen, wo du nicht bist? Oh, das wäre wirklich der Tod! Sag, Erik, wohin gehen wir?«
    »Was hat Asmunds Stimme gesagt?« gab Hellauge zurück. »Daß der Tod nur das Tor des Lebens und der Liebe und der Rast ist. Höre, Gudruda, meine Liebste! Odin herrscht nicht über die ganze Welt, denn als ich drüben in England war, erzählte mir ein heiliger Mann von einem anderen Gott – einem Gott, der kein Gemetzel liebt, einem Gott, der starb, damit die Menschen auf ewig in Frieden mit denen leben können, die sie lieben.«
    »Welchen Namen trägt dieser Gott, Erik?«
    »Sie nennen Ihn den Weißen Christus, und es gibt viele, die an Ihn glauben.«
    »Würde ich diesen Christus doch nur kennen, Erik. Ich bin des Todes und des Blutes und der bösen Taten überdrüssig, die unseren Göttern so gut gefallen. Oh, Erik, wenn ich von dir gehen muß, dann schwöre mir, daß du nicht mehr töten wirst, außer, um dein eigenes Leben zu retten.«
    »Ich schwöre es dir, Liebste«, gab er zur Antwort. »Denn auch ich bin des Todes und des Blutes überdrüssig und wünsche mir von allen Dingen am meisten den Frieden. Die Welt ist beklagenswert, und beklagenswert waren unsere Tage. Und doch ist es gut, gelebt zu haben, denn durch viele schwere Tage sind wir zu dieser glücklichen Nacht gewandert.«
    »Ja, Erik, es ist gut, gelebt zu haben, obwohl ich glaube, daß der Tod sich nähert. Nun ist dies mein Rat: Erheben wir uns, und lege du deinen Harnisch an und rufe Skallagrim, damit du dem Bösen, so es kommt, gewappnet entgegentreten kannst. Was? Ich glaube, ich habe ein Geräusch gehört – drüben in der Halle!«
    »Ich sehe wenig Sinn darin«, sagte Erik, »denn jene Dinge werden sich ereignen, die das Schicksal vorgesehen hat. Ich bin sicher, wir können nichts aus eigenem Willen tun, und es ist sinnlos, mit den Nornen zu kämpfen. Doch ich werde mich erheben.«
    So küßte er sie und schickte sich an, das Bett zu verlassen, als ihn plötzlich, während er noch verweilte, eine große Schwere erfaßte.
    »Gudruda«, sagte er, »der Schlaf zwingt mich nieder.«
    »Mich auch, Erik«, sagte sie. »Meine Augen schließen sich von allein, und ich kann kaum noch meine Glieder rühren. Ach, Erik, wir haben wirklich das Zweite Gesicht, und dort kommt … der Tod!«
    »Vielleicht«, sagte er, schwer atmend.
    »Erik! Erwache, Erik! Du kannst dich nicht bewegen? Und doch mußt du auf mich hören … Ach, dieses Gewicht des Schlafes! Du liebst mich, Erik – ist es nicht so?«
    »Ja«, gab er zurück.
    »Nun und für immer liebst du mich – und wirst du bei mir bleiben, wohin wir auch gehen?«
    »Gewiß, mein Schatz. Oh, meine Liebste, leb wohl!« sagte er, und seine Stimme klang wie die eines Menschen, der übers Wasser ruft.
    »Leb wohl, Erik Hellauge! Mein Liebster … mein Liebster, leb wohl!« antwortete sie sehr leise, und gemeinsam sanken sie in einen Schlaf, der so schwer war wie der Tod.
    Nun verließen Gizur, Ospakars Sohn, und Swanhild, Atlis Witwe, scharf und schnell den Moosberg, gönnten ihren Pferden keine Rast, und mit ihnen ritt der Knecht, der Gizur den geheimen Pfad gezeigt hatte. Sie blieben eine Weile auf den Pferdekopfhöhen, bis der Mond aufging. Nun führte ein Pfad zu dem Ufer, das den Westman-Inseln gegenüberlag, und dort lag auch Gudrudas Schiff. Da wandte sich Swanhild dem Knecht zu. Ihr wunderschönes Gesicht war verzerrt, und sie hatte die ganze Zeit über kaum ein Wort gesprochen, doch in ihrem Herzen wütete ein Feuer aus Haß und Eifersucht, das durch ihre blauen Augen leuchtete.
    »Hör zu«, sagte sie zu dem Knecht. »Du wirst von hier zu der Bucht reiten, wo das Schiff Gudrudas der

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