Erik der Wikinger
und noch mehr ihrer Habe beraubt, denn keiner kann gegen ihn bestehen. Doch ich schwöre dies: Wenn die Tage wieder länger werden, werde ich allein zu ihm gehen und ihn zum Kampf herausfordern. Ich werde ihn besiegen oder fallen.«
»Dann, du gelbschöpfiger Welpe, wirst du mit einem Auge gegen einen Berserker mit zweien antreten«, grollte Ospakar.
Die Männer achteten nicht auf seine Worte, sondern riefen laut, weil Skallagrim sie schon seit langem heimgesucht hatte und es keinen mehr gab, der es wagte, sich auf einen Kampf mit ihm einzulassen. Nur Gudruda sah mißtrauisch drein, denn es schien ihr, daß Erik zu schnell einen Eid leistete. Dennoch stieg er zum Altar hinauf, ergriff den heiligen Ring, setzte den Fuß auf den heiligen Stein und leistete seinen Eid, während die Festgäste applaudierten und mit ihren Bechern auf den Tisch schlugen.
Und danach ging das Fest fröhlich weiter, bis alle Männer betrunken waren, außer Asmund und Erik.
Nun ging Erik zur Ruhe, aber zuerst rieb er seine Glieder mit Robbenfett ein, denn er war noch wund von der Gewalt des Wassers, und sie mußten am Morgen sehr geschmeidig sein, wenn er sein Auge behalten wollte. Dann schlief er fest und erwachte gestärkt und ausgeruht, und er ging zu dem Fluß hinter dem Hof, badete und fettete sich die Glieder noch einmal ein. Ospakar jedoch schlief wegen des Ales, das er getrunken hatte, nicht gut. Als Erik nun vom Baden zurückkam, traf er in der Dunkelheit des Morgens Gudruda, die auf ihn gewartet hatte, und da keiner zu sehen war, küßte er sie mehrmals; sie aber schalt ihn wegen des Kampfes, den er mit Ospakar verabredet, und des Eides, den er geschworen hatte.
»Gewiß wirst du dein Auge verlieren«, sagte sie, »denn dieser Ospakar ist ein Riese und stark wie ein Troll; auch ist er gnadenlos. Doch du bist immer noch ein mächtiger Mann, und ich werde dich mit einem Auge genauso lieben wie mit zweien. Oh, Erik, mich deucht, ich wäre gestern beinahe gestorben, als du vom Wolfsfang gesprungen bist! Das Herz schien mir in der Brust stehenzubleiben.«
»Und doch habe ich sicher das Ufer erreicht, Liebste, und dieser Kuß entlohnt mich für alles, was mir widerfahren ist. Und was Ospakar betrifft, so fürchte ich ihn – wie jeden anderen Mann – nur wenig, falls es mir gelingen sollte, nur einmal diese Arme um ihn zu legen. Und ich begehre sein Schwert wirklich sehr. Aber morgen können wir schon mit mehr Gewißheit von diesen Dingen sprechen.«
Nun umarmte Gudruda ihn und erzählte ihm alles, was ihr widerfahren war. Sie berichtete auch von den Taten und Worten Swanhilds.
»Sie tut mir mehr Ehre an, als mir zusteht«, sagte er, »wo mir doch gar nichts an ihr liegt, sondern nur an dir, Gudruda.«
»Bist du dir dessen so sicher, Erik? Swanhild ist schön und klug.«
»Ay, und böse. Wenn ich Swanhild liebe, dann sollst du Ospakar lieben.«
»Das ist ein Handel«, sagte sie lachend. »Das Glück sei beim Ringen mit dir.« Und mit einem Kuß verließ sie ihn, damit sie nicht gesehen ward.
Erik ging in die Halle zurück und setzte sich neben die große Feuerstelle, da alle Männer, schwer des Trankes, noch schliefen. Und kurz darauf kam Swanhild und begrüßte ihn.
»Du bist begierig, Taten zu vollbringen, Erik«, sagte sie. »Gestern kamst du auf einem Weg hierher, den noch kein Mensch begangen hat, heute ringst du mit einem Riesen um dein Auge, und schon bald trittst du gegen Skallagrim an!«
»Dies scheint wahr zu sein«, sagte Erik.
»Nun tust du all dies für eine Frau, die einem anderen versprochen ist.«
»All dies tue ich des Ruhmes willen, Swanhild. Überdies ist Gudruda keinem anderen versprochen.«
»Bevor ein weiteres Julfest vergangen ist, wird Gudruda Ospakars Frau sein.«
»Das werden wir noch sehen, Swanhild.«
Nun schwieg Swanhild für eine Weile. Danach sprach sie: »Du bist ein Narr, Erik – ja, trunken vor Torheit. Nur Böses wird dir aus deinem Wahnsinn entstehen. Vergiß es und pflücke das, was sich deiner Hand bietet.« Und sie schaute ihn süß an.
»Man nennt dich Swanhild die Vaterlose«, gab er zurück, »doch ich glaube, daß Loki, der Gott der Arglist, dein Vater war, denn es gibt niemanden, der dir in List und Boshaftigkeit gleichkommt, und in der Schönheit nur eine. Ich kenne deine Pläne gut, und auch das Leid, das du über uns gebrachst hast. Doch jeder sucht die Ehre auf seine eigene Art; so suche du sie, wie es dir beliebt, doch finden wirst du nur Verbitterung und leere Tage,
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