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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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plötzlich ein letzter Sonnenstrahl auf Skallagrims verzerrtes Gesicht fiel. Und Hellauge sah, wie es sich veränderte, denn die Tollwut wich aus ihm, und im nächsten Moment war der Berserker nur noch wie ein Kind in seinen mächtigen Händen.
    »Halt ein!« sagte Skallagrim. »Ich erflehe Frieden.« Und er löste seinen Griff.
    »Nicht so schnell, Bursche«, keuchte Erik. Er schwang die Beine wieder über den Rand des Abgrundes zurück, kam auf die Füße, lief zu seinem Schwert und hob es dankbar auf.
    »Ich bin erschöpft!« sagte Skallagrim. »Komm, zieh mich von hier fort, oder ich falle; oder aber schlage mir den Kopf ab, wenn du willst.«
    »So werde ich dir nicht dienen«, sagte Erik. »Du bist ein tapferer Gegner.« Und er streckte die Hand aus und zog ihn in Sicherheit.
    Eine Zeitlang lag Skallagrim keuchend da, dann erhob er sich auf Hände und Knie und kroch zu der Stelle, wo sich Erik gegen den Felsen lehnte.
    »Herr«, sagte er, »gib mir deine Hand.«
    Erik streckte verwundert die Linke aus, und Skallagrim schüttelte sie. Die Rechte hatte er ihm nicht gegeben, weil er eine Arglist fürchtete und Weißfeuer damit fest umklammert hielt.
    »Herr«, sagte Skallagrim wieder, »von allen Menschen, die je gelebt haben, bist du der stärkste. Fünf andere Männer konnten mir in meinem Zorn nicht widerstehen, aber du hast deine Waffe beiseite gelegt und mich auf edelste Art besiegt, und das allein durch bloße Kraft. Nun höre. Du hast mir das Leben geschenkt, und von dieser Stunde an ist es bis zum Ende das deinige. Hier schwöre ich dir Lebenstreue. Töte mich, wenn du willst, oder benutze mich, wenn du willst, aber ich glaube, es wird besser für dich sein, das letztere zu tun, denn bislang hat mich nur einer besiegt, und der bist du, und ich hege die Vermutung, daß du meine Kraft wirst brauchen können, und zwar schon bald.«
    »Dem mag wohl so sein, Skallagrim«, sagte Erik, »und doch bringe ich Gesetzlosen und Höhlenbewohnern nur wenig Vertrauen entgegen. Woher soll ich wissen, daß du mich, wenn ich dich zu mir nehme, nicht im Schlaf töten wirst, wie ich es mit Leichtigkeit gerade noch mit dir hätte tun können?«
    »Was ist das, das dort von deinem Arm rinnt?« fragte Skallagrim.
    »Blut«, sagte Erik.
    »Strecke deinen Arm aus, Herr.«
    Erik tat wie geheißen. Und der Berserker senkte seine Lippen auf den Kratzer, saugte Blut und sprach:
    »Auf dieses Blut schwöre ich dir Treue, Erik Hellauge! Mag Walhalla mich zurückweisen und Hei mich holen; mag ich wie ein Fuchs von Land zu Land gehetzt werden; mögen Trolle mich foltern und Hexenmeister des Nachts ihr Spiel mit mir treiben; mögen meine Glieder schrumpfen und mein Herz zu Wasser werden; mögen meine Feinde mich besiegen und meine Knochen auf dem Stein des Verderbens zerschmettert werden, wenn ich nur einen Deut von diesem meinem Eid abweiche, den ich geschworen habe! Ich werde deinen Rücken schützen, ich werde deine Feinde töten, dein Herd sei mein Tempel, deine Ehre meine Ehre. Ich bin dein Leibeigener, und ich werde dein Leibeigener sein, und wenn du willst, werden wir ein Leben leben und am Ende einen Tod sterben.«
    »Es scheint, ich wollte einen Feind suchen und habe einen Freund gefunden«, sagte Erik, »und es ist mehr als wahrscheinlich, daß ich einen brauchen werde. Skallagrim, Berserker und Gesetzloser, der du bist, ich nehme dich bei deinem Wort. Von nun an sind wir Herr und Knecht und werden Seite an Seite viele Taten vollbringen. Und zum Zeichen dafür verlängere ich deinen Namen und nenne dich Skallagrim Lammschweif. Wenn du hast, gib mir nun zu essen und zu trinken, denn ich bin schwach von diesem Kampf mit dir, alter Bär.«

 

    VIII
    WIE OSPAKAR SCHWARZZAHN ERIK HELLAUGE
    UND SKALLAGRIM LAMMSCHWEIF AUF DEN
    PFERDEKOPFHÖHEN FAND
    Nun führte Skallagrim Erik in seine Höhle und nährte das Feuer. Er gab Erik Fleisch zu essen und Ale zu trinken. Als Erik sich den Bauch vollgeschlagen hatte, sah er sich den Berserker an. Er hatte schwarzes, von grauen Streifen durchsetztes Haar, das ihm bis auf die Schultern hinabhing. Seine Nase war gekrümmt wie ein Adlerschnabel, sein Bart wild und seine eingefallenen Augen scharf wie die eines Falken. Er war etwas gebeugt und nicht übergroß, aber von mächtiger Statur, denn mit seinen Schultern mußte er durch manche Türen seitwärts schreiten.
    »Du bist ein großer Mann«, sagte Erik, »und es bedeutet etwas, dich besiegt zu haben. Nun sage mir, was dich zum Berserker werden

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