Erik der Wikinger
ließ.«
»Man hat mir schändlich mitgespielt, Herr. Vor zehn Jahren war ich im Norden ein Bauer mit bescheidenen Reichtümern. Ich hatte nur eins, woran mir lag, und das war das schönste Hausweib in jener Gegend – Thorunna mit Namen –, und ich liebte sie sehr, aber wir hatten keine Kinder. Nun lag nicht weit entfernt von meinem Hof ein Ort namens Schweineberg, und dort wohnt ein mächtiger Häuptling namens Ospakar Schwarzzahn; er ist ein böser Mann und ein starker …«
Erik fuhr bei dem Namen zusammen. Dann bat er Skallagrim, mit seiner Geschichte fortzufahren.
»Nun geschah es, daß Ospakar mein Weib Thorunna sah und sie nehmen wollte, aber zuerst hörte sie nicht auf ihn. Dann versprach er ihr Reichtum und alle guten Dinge, und sie war unseres harten Lebens müde und erhörte ihn. Doch sie wollte nicht offen zu ihm gehen, da das Schande über sie gebracht hätte, und so schmiedete sie mit Ospakar einen Plan, daß er kommen und sie wie mit Gewalt holen solle. So kam es dann auch, daß mich, als ich eines Nachts in tiefem Schlaf an Thorunnas Seite lag, da ich etwas zuviel vom Herbstale getrunken hatte, bewaffnete Männer ergriffen, fesselten und von meinem Bett zerrten. Es waren acht, und bei ihnen war Ospakar. Dann hieß Schwarzzahn Thorunna aufzustehen, sich anzukleiden und mit ihm zu kommen, um seine Maid zu sein. Sie tat so, als würde sie darüber weinen, stimmte aber bereitwillig genug zu. Dann band sie ihren Gürtel um ihr Kleid, und daran hing ein Messer.
›Töte dich, mein Schatz‹, rief ich, ›der Tod ist besser als die Schande.‹
›Nicht so, mein Mann‹, gab sie zurück. ›Es ist wahr, daß ich nur dich liebe, doch eine Frau findet eher eine neue Liebe als ein neues Leben.‹ Und ich sah, wie sie durch ihre spöttischen Tränen lachte. Nun ritt Ospakar voller Eile zum Schweineberg davon, und mit ihm Thorunna, aber seine Männer blieben eine Weile und tranken mein Ale. Und als sie tranken, verspotteten sie mich, der ich vor ihnen gebunden lag, und Stück um Stück kam die Wahrheit über Ospakars und Thorunnas Treiben hervor. Ich erfuhr, daß sie dieses Spiel geplant hatte. Da wurde mein Blick finster, und ich war allein vor Scham und Verbitterung dem Tode nah. Aber plötzlich sprang etwas in meinem Herzen empor, Feuer wüteten in meinen Augen, und Stimmen in meinen Ohren forderten Kampf und Rache. Ich war zum Berserker geworden – und wie Heugebinde sprengte ich meine Fesseln. Meine Axt hing am Wandgetäfel. Ich ergriff sie, und von dem, was dann geschah, weiß ich nur, daß, als der Wahn vergangen war, acht Männer ausgestreckt vor mir lagen und der Raum voller Blut war.
Dann legte ich die Toten zusammen und stapelte Trinktische über sie und Bänke, und Torf und alles andere, was brennen würde, und schüttete Kabeljauöl auf diesen Stapel und zündete den Hof über ihnen an, so daß sich herumsprach, all diese Männer seien bei einem Trinkgelage gestorben und ich mit ihnen.
Aber ich nahm den Namen Skallagrim an und schwor einen Eid gegen alle Männer, ay, und auch gegen alle Frauen, und ging zu den Leuten in den Wäldern und brachte viel Elend über sie, denn nur wenige habe ich verschont. Und ich zog weiter, bis ich zum Moosberg kam. Hier habe ich die letzten fünf Jahre verbracht und auf die Zeit gewartet, da ich Ospakar und die Hure Thorunna finden würde, und ich habe gegen viele Männer gekämpft, aber bis du gegen mich angetreten bist, konnte keiner vor meiner Stärke bestehen.«
»Fürwahr, eine seltsame Geschichte«, sagte Erik, »aber höre du nun einem Fremden zu, denn es scheint tatsächlich, daß wir uns nicht durch Zufall begegnet sind.« Und er erzählte ihm von Gudruda und dem Ringkampf, und wie er Schwarzzahn besiegt hatte. Und er zeigte ihm Weißfeuer, das er aus Ospakars Hand gewonnen hatte.
Skallagrim lauschte und lachte laut. »Sicher ist dies das Werk der Nornen«, sagte er. »Sieh, Herr, du und ich, wir werden noch auf diesen Ospakar treffen. Er hat mir das Weib und hätte dir die Verlobte genommen. Soll es sein! Soll es sein! Ah, wäre ich doch nur dabeigewesen und hätte den Ringkampf gesehen. – Ospakar hätte sich niemals von seinem Schneebett erhoben! Aber wir haben noch Zeit, und ich werde noch sehen, wie sein Kopf durch den Staub rollt. Du hast sein gutes Schwert, und damit wirst du Schwarzzahn den Kopf von den Schultern fegen – oder vielleicht wird es mein Los sein.« Und damit sprang Skallagrim auf, knirschte mit den Zähnen und
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