Erik der Wikinger
ihn sich vor die Brust und nahm einen dicken Schild aus Stierhaut, den man mit Nägeln beschlagen hatte. Dann ritt er mit einem Knecht, dem starken Burschen namens Jon, davon.
Aber die Frauen hegten die schlimmsten Befürchtungen über den Ausgang dieses Wagnisses; dennoch ließ sich Erik nicht aufhalten.
Nun verläuft die Straße zum Moosberg am Middalhof entlang, und dort kam er vorbei. Atli, der an der Männertür stand, sah ihn und rief laut: »Ho! Dort kommt ein mächtiger Mann.«
Swanhild schaute hinaus und sah Erik, und er war ein stattlicher Anblick in seiner Kriegsrüstung. Denn nun schien er von Woche zu Woche ansehnlicher und größer zu werden, da die volle Kraft des Mannesalters in ihm emporstieg wie der Saft im Frühlingsgras, und Gudruda war sehr stolz auf ihren Geliebten. Diese Nacht blieb Erik auf Middalhof und saß Hand in Hand mit Gudruda und sprach mit Graf Atli. Bald hatte Erik das Herz des alten Wikingers gewonnen, der große Freude in ihm, seiner Kraft und seinen Taten fand, und er wünschte sich sehr, daß die Götter ihm einen solchen Sohn geschenkt hätten.
»Ich prophezeie dir dies, Hellauge«, rief er, »daß es diesem Berserker, den du suchst, schlecht ergehen wird – ja, und auch allen anderen Männern, die in die Reichweite deines großen Schwertes kommen. Aber vergiß nie, Junge: Schütze deinen Kopf mit dem Schild, schlage tief unter seinen Schild, wenn er einen trägt, und mähe ihm die Beine nieder. Denn immer, wenn ein Berserker angreift, ist sein Schild oben.«
Erik dankte ihm für seine guten Worte und bettete sich zur Ruhe. Aber bevor es hell wurde, stand er auf. Auch Gudruda erhob sich. Sie kam in die Halle und schnallte ihm eigenhändig den Harnisch um.
»Dies ist eine traurige Aufgabe für mich, Erik«, seufzte sie, »denn woher soll ich wissen, daß die Hände des Berserkers dir nicht den Helm vom Kopf nehmen?«
»Es wird kommen, wie es kommen soll, mein Liebling«, sagte er, »aber ich fürchte weder den Berserker noch irgendeinen anderen Mann. Wie geht es jetzt mit Swanhild?«
»Ich weiß nicht. Sie macht diesem alten Grafen hübsche Augen, und er ist ihr zugeneigt, was über meine Sinne geht.«
»Soviel habe ich auch schon gesehen«, sagte Erik. »Sollte er sie heiraten, wird es uns zugute kommen.«
»Ay, und ihm zum Bösen; aber ich bezweifle, daß sie dies im Sinn hat.«
Nun küßte Erik sie sanft und süß, und er brach auf, wobei er sie bat, am Tag nach dem morgigen wieder Ausschau nach ihm zu halten.
Gudruda kämpfte tapfer gegen ihre Tränen an, bis er fort war, aber dann weinte sie doch ein wenig.
Nun muß erzählt werden, daß Erik und sein Knecht Jon schnell den Steinberg und die Berge hinauf über den schwarzen Sand ritten, bis sie, zwei Stunden vor Sonnenuntergang, zum Fuß des Moosbergs kamen, wobei der Hekla zu ihrer Rechten lag. Es ist ein grimmiger Berg, grau von Moos, und er steht allein auf der verlassenen Ebene; aber zwischen ihm und dem Hekla liegt gutes Grasland.
»Hier ist der Fuchsbau«, sagte Erik. »Nun müssen wir ihn aufscheuchen.«
Er wußte etwas von dem Pfad, über den man diese Festung vom Süden aus erklimmen konnte, und daß man ihn noch ein Stück mit dem Pferd benutzen konnte. So ritten sie weiter, bis sie schließlich zu einer ebenen Stelle kamen, wo Wasser die schwarzen Felsen hinabrann, und hier trank Erik von dem Wasser, aß und wusch sich Gesicht und Hände. Daraufhin trug er Jon auf, die Pferde zu weiden – da hier ein wenig Gras wuchs – und auf sie zu achten, bis er zurückkehrte, da er allein zu Skallagrim hochgehen mußte. Und Jon blieb mit zweifelndem Herzen die ganze Nacht dort. Denn von allem, was geschah, sah er nur eins, und das war das Licht von Weißfeuer, wie es hoch über ihm auf der Bergkuppe aufflammte, als Hellauge den ersten Schlag gegen seinen Gegner führte.
Erik stieg langsam den Berserkerpfad empor, denn er wollte nicht außer Atem kommen, und das Licht schien rötlich auf seinem goldenen Helm. Immer höher stieg er, bis er schließlich an einen dunklen, engen Paß kam, der beidseitig von hohen Felsklippen begrenzt war, so daß zwei bewaffnete Männer fünfzehn Angreifer aufhalten konnten. Er spähte in den Pfad hinab, aber er sah niemanden, obwohl er von Berserkerfüßen ausgetreten war. Er schlich den Pfad entlang und bewegte sich wie ein Sonnenstrahl durch die Dunkelheit des Passes, da sich das Licht auf seinem Helm und Schwert sammelte, bis der Pfad plötzlich eine Biegung machte und er
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