Erik der Wikinger
zu ihren Pferden, bestiegen sie mit großer Eile und ritten davon, wobei sie riefen, daß sie es hier mit Trollen und nicht mit Menschen zu tun hätten. Skallagrim sah es, – und die Berserkerwut überkam ihn. Mit gehobener Axt setzte er ihnen nach, wüste Beschimpfungen ausstoßend. Ein Mann, der gleiche, den er verwundet hatte, konnte sein Pferd nicht schnell genug besteigen, und als der Berserker anstürmte, lag er immer noch auf dem Rücken seines Pferdes. Die große Axt wirbelte hoch durch die Luft und senkte sich wieder, und man erzählt von diesem Schlag, daß er so mächtig war, daß Mann und Pferd tot unter ihm zusammenbrachen, beide gänzlich gespalten. Dann verließ Skallagrim der Zorn. Er ging zurück, und sie waren allein mit den Toten und Sterbenden.
Erik lehnte sich auf Weißfeuer und sprach:
»Trolle dich, Skallagrim Lammschweif! Trolle dich!«
»Es sei, wie du willst, Herr«, gab der Berserker zurück, »aber ich habe dich nicht so schlecht bewacht, daß du fürchten mußtest, von Schlägen getroffen zu werden.«
»Ich dulde keinen Mann bei mir, der mein Wort nicht achtet, Skallagrim. Was habe ich dir aufgetragen? Etwa nicht, daß du die Berserkerwut ablegen und dort stehenbleiben solltest, wo du standest? Und siehe, du hast mein Wort schnell vergessen! Nun trolle dich!«
»Es ist wahr, Herr«, sagte er. »Der, der dient, muß ganz dienen.« Und Skallagrim schickte sich an, sein Pferd zu suchen.
»Bleib«, sagte Erik. »Du bist ein tapferer Mann, und ich vergebe dir. Doch durchkreuze meinen Willen nicht noch einmal. Wir haben sieben Männer getötet, und Ospakar geht verwundet von dannen. Wir haben uns Ehre gemacht und sie Verlust und größte Schande. Dennoch wird mir daraus nichts Gutes erwachsen, denn Ospakar hat viele Freunde, und er wird augenblicklich eine Klage im Althing gegen mich erlassen. Und du hast das erste Blut vergossen.«
»Hätte dieser Speer nur besser getroffen«, sagte Skallagrim.
»Ospakars Zeit ist noch nicht gekommen«, gab Erik zurück, »doch nun hat er etwas, was ihn immer an uns erinnern wird.«
IX
WIE SWANHILD SICH MIT GUDRUDA BEFASSTE
Nun harrte Jon, Eriks Leibeigener, die ganze Nacht auf dem Moosberg aus, sah aber nichts bis auf Weißfeuers Licht, als das Schwert den Kopf des Berserkers von dessen Schultern trennte. Voller Angst blieb Jon bis zur Dämmerung dort; als er sicher zu sein glaubte, daß Erik tot war, ritt er schnell und ohne Rast zum Middalhof, wo er des Abends ankam.
Gudruda hielt an der Frauentür Ausschau. Sie hielt den Moosberg im Auge, um das Licht auf Eriks goldenem Helm leuchten zu sehen, und schließlich leuchtete es tatsächlich. Jedoch weiß statt rot.
»Siehe«, sagte Swanhild an ihrer Seite, »Erik kommt!«
»Nicht Erik, sondern sein Knecht«, gab Gudruda zurück, »um uns zu sagen, daß Erik tot ist.«
Schweigend warteten sie, während Jon ihnen entgegengaloppierte.
»Welche Nachricht bringst du von Hellauge?« rief Swanhild.
»Du brauchst nicht erst zu fragen«, sagte Gudruda. »Sieh dir sein Gesicht an.«
Nun erzählte Jon seine Geschichte, und Gudruda lauschte und hielt sich am Türpfosten fest. Aber Swanhild verfluchte den Leibeigenen als Feigling, so daß er vor ihren Blicken zurückschreckte.
Gudruda wandte sich um und ging in die Halle, und ihr Gesicht war wie das des Todes. Die Männer sahen sie, und Asmund fragte, warum sie eine solch seltsame Miene trüge. Da sang Gudruda dieses Lied:
Auf den Moosberg, voller Eifer,
Ritt Hellaug’ mit seinem Helm.
Zurück vom Moosberg kam jedoch nur sein feiger Bursch herab.
Nun wird seine Gudruda nie umarmt von einem Manne;
Verwitwet ist sie – voller Leid,
Denn Erik nach Walhalla zog!
Und damit verließ sie die Halle, ohne nach rechts oder links zu schauen.
»Laßt die Maid in Ruhe«, sagte Atli der Graf. »Trauer erträgt sich am besten allein. Aber mein Herz trauert um Erik. Es wird diesem Berserker schlecht ergehen, wenn ich ihn nur in die Hand bekomme.«
»Dafür werde ich sorgen, bevor der Sommer vorbei ist«, sagte Asmund, denn Eriks Tod schmerzte ihn sehr.
Gudruda ging weit, und indem sie Laxä über die steinernen Treppen erklomm, stieg sie den Steinberg empor, bis sie zum Kopf der Goldenen Fälle kam, denn wie ein verwundetes Tier wollte sie in ihrer Trauer allein sein. Aber Swanhild sah sie. Sie folgte ihr und trat zu ihr, als sie dort saß und beobachtete, wie das Wasser den mächtigen Abgrund hinabdonnerte. Schließlich fiel Swanhilds Schatten auf
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