Erik der Wikinger
Eriks kampfzerrissenen Harnisch fließend, ihre dunklen Augen feucht vor Freudentränen; aber Swanhild, die sie so sah, dachte dies nicht. Sie schüttelte sich vor eifersüchtiger Wut, schlich dann davon und versteckte sich, wo sie nichts mehr sehen konnte, denn sonst hätte der Wahnsinn sie befallen.
»Woher kommst du? Ah! Woher kommst du?« fragte Gudruda. »Ich hielt dich für tot, mein Geliebter; aber nun träumte ich, ich hätte Odin angefleht, und er habe dich für eine Weile verschont.«
»Nun, das hat er, wenn auch nur knapp.« Und Erik erzählte ihr alles, was geschehen war, und wie er, als er mit Skallagrim ritt, der unten noch auf seinem Pferd saß, eine Frau erspäht, die auf dem Gras saß, und die Farbe ihres Mantels erkannt hatte.
Dann küßte Gudruda ihn vor schierer Freude, und sie waren glücklich, beieinander zu sein – denn von allen schönen Dingen auf der Erde ist nichts schöner als das: den Geliebten, den man für tot und längst erkaltet hält, lebendig und an unserer Seite zu finden.
Und so redeten sie und waren sehr glücklich; glücklich, wie es nur Junge und Verliebte sein können, bis Erik sagte, er müsse zum Middalhof, solange das Tageslicht noch anhalte, denn er könne mit dem Pferd nicht den Weg nehmen, den Gudruda nehme, sondern müsse um die Hügelkuppe herum; und überdies sei er müde und hungrig, und Skallagrim wurde des Wartens leid.
»Geh!« sagte Gudruda. »Ich werde sofort dorthin eilen!«
So küßte er sie und ging, und Swanhild sah den Kuß und sah ihn gehen.
»Nun, Herr«, sagte Skallagrim, »hast du genug des Küssens gehabt?«
»Nicht ganz«, gab Erik zurück.
Eine Weile ritten sie schweigend weiter.
»Mich deucht, die Maid war sehr schön!« sagte Skallagrim.
»Es gibt Frauen, die nicht so schön sind, Skallagrim.«
»Einen reichen Köder für einen mächtigen Fisch!« sagte Skallagrim. »Dies sage ich dir: du kannst so sehr gegen dein Schicksal ankämpfen, wie du willst, dieses Mädchen wird dein Untergang sein, und auch der meine.«
»Vorbestimmte Dinge werden geschehen«, sagte Erik, »aber wenn du eine Maid fürchtest, gibt es eine gute Medizin: Entsage meiner Gesellschaft.«
»Wer war die andere?« fragte der Berserker, »die, die sich anschlich und spähte, lauschte, dann zurückschlich, das Gesicht in den Händen verbarg und mit einem grauen Wolf sprach, der wie ein Hund zu ihr kam?«
»Das muß Swanhild gewesen sein«, sagte Erik, »aber ich habe sie nicht gesehen. Sie versteckt sich stets wie eine Ratte im Stroh, und was den Wolf betrifft, so muß er ihr Schutzgeist gewesen sein; denn wie ihre Mutter Groa spielt Swanhild viel mit der Hexerei. Nun werde ich zu Gudruda zurückeilen, denn mein Herz hat Argwohn geschöpft. Bleib du hier, bis ich dich hole, Lammschweif!« Und Erik wandte sich um und galoppierte zurück zum Kopf des Goldfuchs.
Als Erik sie verließ, ging Gudruda noch näher heran zur Kante der mächtigen Wasserfälle und setzte sich sogar auf deren Rand. Ihre Brust war voller Freude, und dort saß sie und ließ die Pracht des Anblicks und die Größe der donnernden Geräusche in ihr Herz eintreten. Drüben schien die untergehende Sonne, über den fernen Wipfeln der Westman-Inseln schien sie zu schweben, und hier stürzte das Wasser hernieder, und über diesen Weg war Erik zu ihr gekommen. Ja, und dort auf dem Schafsattel war der Weg, den er den Goldfuchs hinab genommen hatte. Mittlerweile hatte er einen Berserker getötet und einen anderen besiegt und zu seinem Leibeigenen gemacht. Die beiden hatten ganz allein Ospakars Trupp in die Flucht geschlagen und waren in Ehren und kaum verletzt zurückgekommen. Gewiß hatte noch nie ein Mann wie Erik gelebt – keiner war so stattlich, stark und zärtlich gewesen; und seine Liebe machte sie überaus glücklich! Sie streckte ihm, den sie noch vor einer Stunde für tot gehalten hatte, die Arme entgegen; aber er hatte überlebt und war mit Ruhm beladen zu ihr zurückgekommen. Sie segnete seinen geliebten Namen, lachte laut in ihrer Herzensfreude und rief:
»Erik! Erik!«
Aber Swanhild, die sich hinter ihr versteckt hielt, lachte nicht. Sie hörte Gudrudas Stimme und konnte nur vermuten, wie glücklich Gudruda war, und Eifersucht stieg in ihr empor und erfaßte sie. Sollte diese schöne Rivalin ihr etwa den Liebsten stehlen?
»Grauer Wolf, Grauer Wolf, was sagst du?«
Siehe, wenn Gudruda nun tot wäre, wenn sie als Leichnam in diesen kochenden Wassern trieb, würde Erik vielleicht doch
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