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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Gebäudes. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, und das war gut, denn es war nicht schön anzuschauen: ihr Antlitz war überaus wild verzerrt.
    »Wo bist du gewesen, Swanhild?« fragte er.
    »Erik Hellauge betrauern«, gab sie zur Antwort.
    »Es geziemt sich eher, daß Gudruda über Erik trauert denn du, denn ihr Verlust ist schwer«, sagte Asmund streng. »Was hast du mit Erik zu schaffen?«
    »Wenig, oder viel, oder alles – nimm es, wie du willst, Stiefvater. Doch nicht alle, um die geweint wird, sind verloren, noch wird um alle, die verloren sind, geweint.«
    »Ich verstehe nur wenig von deiner dunklen Rede«, sagte Asmund. »Wo ist Gudruda?«
    »Hoch ist sie, oder tief, schlafend oder vielleicht erwacht. Es kümmert mich nicht. Auch sie hat um Erik getrauert, und wir gingen fort, um unsere Tränen zu vermischen – nahe beieinander waren braune Locken und goldene.« Und sie lachte laut.
    »Du hast wahrlich das Zweite Gesicht, du böses Kind!« sagte Asmund.
    »Ay, Stiefvater, das Zweite Gesicht. Aber dies ist nur das erste meines Weltentrücktseins. Hier fängt die Straße an, über die ich reisen muß, und meine Füße werden noch vor Ende der Reise rot sein.«
    »Laß dein dunkles Gerede sein«, sagte Asmund, »denn für mich ist es wie der Gesang des Windes, und höre mir zu: Ein gut Ding ist dir zugestoßen – ay, ein besseres, als du es verdient hast.«
    »Ist dem so? Nun, mich dürstet nach einer guten Botschaft. Wie sieht die deine aus, Stiefvater?«
    »Sie lautet: Atli der Graf bittet um deine Hand, und er ist ein mächtiger Mann, geehrt in seinem eigenen Land und von höherer Stellung, als ich sie für dich ersehnt habe.«
    »Ay«, gab Swanhild zurück, »so hoch wie der Schnee über den Wasserfällen, und in den Jahren gelegen, die schon lange tot sind. Nein, Stiefvater, dieser weißbärtige, kindische Greis ist kein Mann für mich. Soll ich denn mein Feuer mit seinem Frost vermischen, meine üppige Jugend mit der schleichenden Lähmung seines Alters? Niemals! Wenn Swanhild heiratet, wird sie nicht so heiraten, denn es ist besser, jungfräulich ins Grab zu gehen als zu verschrumpeln und über der Berührung des Alters zu verdorren. Nun ist Atlis Werben zerschlagen, und dies ist endgültig.«
    Asmund hörte zu und wurde zornig, denn die Sache erschien ihm seltsam, auch durfte ein Mädchen die Worte desjenigen, der über ihm steht, nicht zur Seite schieben.
    »Es ist nicht endgültig«, sagte er. »Ich dulde diese Antwort nicht von einem Mädchen, das von meiner Mildtätigkeit lebt. Ich sage dir ausdrücklich: Entweder du heiratest Atli, oder du gehst von dannen. Ich habe dich geliebt, und um dieser Liebe willen habe ich deine Boshaftigkeit ertragen, deine dunkle, verstohlene Art, deine bösen Worte. Aber du wirst nicht mehr gegen meinen Willen verstoßen, Swanhild.«
    »Du würdest mich mit meiner Mutter Groa von hier vertreiben, obwohl du vielleicht doch mehr Grund hättest, mich liebzuhaben, Stiefvater. Keine Bange: Ich werde gehen – vielleicht weiter, als du glaubst.« Und wieder lachte Swanhild und trat dann an ihm vorbei in die Dunkelheit.
    Aber Asmund blieb stehen und schaute ihr nach. »Wahrlich«, sagte er sich in seinem Herzen, »schlechte Taten sind Pfeile, die den durchbohren, der sie verschießt. Ich habe Böses ausgesät, und nun hole ich die Ernte ein. Was meint sie mit ihrem Gerede über Gudruda und die anderen?«
    Als er darüber nachdachte, sah er, wie Männer und Pferde sich näherten, und ein Mann, dessen Helm im Mondschein glänzte, trug etwas auf den Armen.
    »Wer da?« rief er.
    »Erik Hellauge, Skallagrim Lammschweif und Gudruda, Asmunds Tochter«, gab eine Stimme zurück. »Wer bist du?«
    Da sprang Asmund der Priester vor, zutiefst froh im Herzen, denn er hätte nie geglaubt, Erik noch einmal zu sehen.
    »Willkommen und dreimal willkommen seist du, Erik«, rief er, »denn wisse, wir haben dich tot gewähnt.«
    »Ich bin dem Tod erst kürzlich nahe gekommen, Herr«, sagte Erik, denn er hatte die Stimme erkannt, »aber ich bin gesund und heil, wenn auch ein wenig müde.«
    »Was ist dir geschehen?« fragte Asmund, »und warum hältst du Gudruda in den Armen? Ist die Maid tot?«
    »Nein, sie ist nur ohnmächtig. Siehe, gerade eben rührt sie sich.« Und während er dies sagte, erwachte Gudruda erschaudernd, und mit einem leisen Schrei warf sie die Arme um Eriks Hals.
    Er setzte sie ab und tröstete sie, dann wandte er sich wieder Asmund zu: »Drei Dinge haben sich

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