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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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vielleicht aufwachen und in den Abgrund rollen würde. Er ließ den Felsvorsprung los, wandte sich um, beugte sich über Gudruda und faßte ihr Kleid unter den Brüsten und über den Knien. Dann spielte Erik erneut seine Stärke aus. Er hob sie an seine Brust und ruhte. Erneut hievte er sie mit aller Kraft über seinen Helmbusch und stemmte sie hoch, bis sie am Rand der großen Klippe lag. Fast wäre er bei dieser Anstrengung gestürzt, aber er rettete sich, indem er den Fels umklammerte, und mit einer letzten Mühe zog er sich hoch, an ihre Seite, und blieb dort liegen, keuchend wie ein müder Jagdhund.
    Von allen Proben seiner Kraft, die ihm je auferlegt wurden, war das Hochstemmen Gudrudas nach Eriks Bekunden die größte; denn sie war keine leichte Frau, und er konnte nur auf einem kleinen Felsvorsprung stehen und sich kaum irgendwo festhalten.
    Schließlich erhob sich Hellauge und musterte Gudruda im Licht der Dämmerung. Sie war noch immer ohne Besinnung. Dann blickte er sich um – Swanhild, das Hexenmädchen, war verschwunden. Da nahm er Gudruda in die Arme, und stolperte, das Pferd führend und nach Skallagrim rufend, durch die Dunkelheit. Der Berserker antwortete, und schließlich tauchte seine gewaltige Gestalt drohend in der Dämmerung auf.
    Mit ein paar Worten erzählte Erik ihm seine Geschichte.
    »Die Wege der Frauen sind böse«, sagte Skallagrim, »aber von allen Taten, die ich durch ihre Hände erfahren habe, ist dies die übelste. Es wäre nur angemessen gewesen, die Wolfshexe von der Klippe zu stoßen.«
    »Ay, nun ja«, sagte Erik, »aber dieses Lied muß erst noch gesungen werden.«
    Nun schwach heimgeleuchtet vom Licht des aufgehenden Mondes, trugen sie Gudruda den Hügel hinab, bis sie schließlich völlig erschöpft die Feuer des Middalhofs sahen.

 

    X
    WIE ASMUND MIT SWANHILD SPRACH
    Während die Tage nun verstrichen, segelte Atli noch nicht, obwohl sein Schiff bereit war, denn der Graf hatte sich immer tiefer in Swanhilds Netzwerk verstrickt. Er rief sich viele weise Sprichwörter in Erinnerung, doch die halfen ihm nur wenig: denn wenn die Liebe wie die Sonne aufsteigt, schmilzt die Vernunft wie der Nebel dahin. So kam es schließlich dazu, daß Atli am Tage von Eriks Rückkehr zu Asmund dem Priester ging und ihn um die Hand Swanhilds der Vaterlosen bat. Asmund hörte zu und war froh, denn er wußte nur zu gut, daß die Dinge zwischen Swanhild und Gudruda nicht zum Besten standen, und es erschien ihm gut, daß das Meer die beiden trennen würde. Dennoch gebot es die Ehre, den Grafen zu warnen, daß Swanhild anders als andere Frauen war.
    »Du erfüllst meine Stieftochter und mein Haus mit großer Ehre, Graf«, sagte er. »Doch es schickt sich für mich, bei dieser Angelegenheit vorsichtig voranzugehen. Swanhild ist schön, und sie wird nicht ohne Mitgift von hinnen ziehen. Doch ich muß dir sagen, daß ihre Wege dunkel und geheimnisvoll sind, und ihre Launen seltsam und heftig, und ich glaube, sie wird Böses über den Mann bringen, der sie heiratet. Nun ja, ich mag dich, Atli, und wäre es nur um unserer Jugend willen, und es erscheint mir nicht richtig, daß du ein solches Mädchen heiratest, denn das Alter hat dich auf deinem Weg ereilt. Denn, wie du sagen würdest, die Jugend wird von der Jugend angezogen wie die Flut vom Ufer und fällt vom Alter zurück wie die Welle vom Felsen. Überlege also: Ist es gut, daß du sie nimmst, Atli?«
    »Ich habe schon im Übermaß darüber nachgedacht«, gab der Graf zurück und strich sich über den grauen Bart, »aber der Sturm erfaßt sowohl alte wie auch neue Schiffe.«
    »Ay, Atli, und die neuen Schiffe fahren, wo die alten untergehen.«
    »Ein wahrer Rat, ein schwerer Rat, Asmund; doch ich bin entschlossen, über dieses Meer zu segeln, und wenn ich sinke – nun, ich habe gutes Wetter gekannt! Große Sehnsucht hat mich erfaßt, und ich glaube, die Maid ist mir auch zugetan, und vielleicht gehen die Dinge zwischen uns auch gut. Ich habe vieles zu geben, was die Frauen lieben. Zumindest will ich es riskieren, Asmund, wenn du mir deine Zustimmung gibst, denn manchmal gewinnt der kühne Würfler den Einsatz. Ich sage nur eins: Wenn Swanhild unwillig ist, soll mein Werben ein Ende finden, denn ich möchte keine Braut, die sich vor meinen grauen Haaren schreckt.«
    Asmund sagte, dem solle so sein, und ihr Gespräch fand ein Ende, als auch das Licht erlosch.
    Nun ging Asmund hinaus, um Swanhild zu suchen, und fand sie schließlich in der Nähe des

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