Erik der Wikinger
Erik stieß das Schwert mit den Füßen zwischen Fingern hoch. Dann erhob sich der Berserker, das Schwert haltend, und Erik wandte seinen Rücken dem Skallagrims zu und rieb mit den Fesseln seiner Handgelenke an der Klinge. Zweimal schnitt er sich, aber dann riß das Seil, und er war frei. Er streckte die Arme, denn sie waren steif; danach nahm er Weißfeuer und durchtrennte Skallagrims Fesseln.
»Wie steht es mit deiner Verletzung?« fragte er.
»Besser, als ich dachte«, gab Skallagrim zurück. »Die Taubheit ist aus der Prellung gewichen.«
»Das sind gute Nachrichten«, sagte Erik, »denn mir scheint, wenn Swanhild nicht umsonst über das Wasser geschritten ist, wirst du bald deine Arme brauchen können.«
»Sie haben mich noch nie im Stich gelassen«, sagte Skallagrim und nahm Axt und Schild. »Was rätst du nun?«
»Dies, Skallagrim: Wir legen uns nieder, wie wir lagen, und werfen diese Mäntel über uns, als wären wir noch gefesselt. Und wenn die Burschen kommen, werden wir ihnen die Überraschung bereiten, die sie uns bereiten wollten.«
So gingen sie wieder dorthin, wo man sie gefesselt niedergelegt hatte, legten sich auf ihre Schilde und Waffen und zogen die Mäntel über sich. Kaum hatten sie dies getan und einen Moment geruht, als sie sahen, daß der Maat und die gesamte Mannschaft auf beiden Schiffsseiten auf sie zugeschlichen kamen. Sie trugen keine Waffen in den Händen.
»Swanhild ist gerade recht gekommen«, sagte Erik. »Nun werden wir erfahren, was sie im Sinn haben. Spring auf, sobald ich es sage.«
»Ay, Herr«, gab Skallagrim zurück, während er seinen steifen Arm auf und ab bewegte. »Nur wenige haben mich je in einem Kampf zurückweichen sehen.«
»Was gibt es für Nachrichten, Freunde?« rief Erik, als die Männer näher kamen.
»Schlechte Nachrichten für dich, Hellauge«, gab der Maat zurück, »und für deinen Berserker-Leibeigenen, denn wir müssen eure Fesseln lösen.«
»Das sind doch gute Nachrichten«, sagte Erik, »denn unsere Glieder sind taub und tot, weil die Fesseln so tief eingeschnitten haben. Ist Land in Sicht?«
»Nein – noch wirst du je wieder Land sehen, Erik.«
»Wieso nicht, Freund? Wieso nicht? Da du uns Frieden versprochen hast, wirst du zwei unbewaffneten Männern doch gewiß kein Leid zufügen?«
»Wir haben geschworen, dir kein Leid zuzufügen, und das werden wir auch nicht, Erik. Wir werden nur dieses tun: dich gefesselt Ran ausliefern und ihr überlassen, sich mit dir abzugeben, wie sie will.«
»Bedenkt doch«, sagte Erik, »dies ist eine grausame und höchst feige Tat. Wir haben uns euch gutgläubig ausgeliefert – wollt ihr euer Gelöbnis brechen?«
»Der Krieg kennt kein Gelöbnis«, gab der Maat zurück, »und ihr seid zu stark, als daß wir euch durch die Finger schlüpfen lassen könnten. Soll man über uns sagen, zwei Männer hätten uns alle besiegt?«
»Vielleicht«, flüsterte Skallagrim erstickt.
»Oh, ihr Herren, ich bitte euch«, sagte Erik, »ich bin noch jung, und eine Maid wartet in Island auf mich, und das Sterben ist so furchtbar.« Und er tat so, als würde er weinen, während Skallagrim sich in den Ärmel lachte, denn es war zu komisch, Erik Furcht vortäuschen zu sehen.
Aber die Männer verspotteten ihn laut.
»Das ist der große Mann«, riefen sie, »das ist jener Erik, über dessen Taten die Leute singen! Seht! Er weint wie ein Kind, wenn er das Wasser sieht. Holt ihn her, und fort mit ihm ins Meer!«
»Holen braucht ihr uns nicht!« rief Erik, und siehe da, es flogen die Mäntel, die über ihm und Skallagrim lagen, zur Seite. Mit lautem Gebrüll stürmten sie vor; sie stürmten vor wie eine Bärin aus ihrer Höhle, und hoch über Hellauges blonden Locken leuchtete Weißfeuer im bleichen Licht, und daneben leuchtete Skallagrims Axt. Weißfeuer flackerte über Eriks Kopf auf, senkte sich dann und suchte das falsche Herz des Maats. Skallagrims große Axt leuchtete auf und senkte sich in die Brust des Halsabschneiders, der vor ihm stand.
»Trolle!« schrie einer, »es sind Trolle!« Und er wandte sich zur Flucht. Aber wieder hob sich Weißfeuer, und dieser Mann kam nicht weit – einen Schritt, und keinen mehr. Dann flohen die anderen schreiend, und ihnen folgten Axt und Schwert. Sie flohen, sie fielen, sie sprangen ins Meer, bis keiner von ihnen mehr fallen oder springen konnte, denn sie hatten nicht die Zeit oder den Mut, ihre Waffen zu suchen oder zu ziehen, und schließlich standen Erik Hellauge und Skallagrim
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