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Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gesprochen«, sagte er. »Das hat Svartman getan. Was sie über dich und Lundmark, seinen Tod und dein Verschwinden gesagt haben, weiß ich nicht. Ich selbst bin nach Spitzbergen gefahren und habe dort den Winter verbracht. Ich hoffte, so viele Felle zu erbeuten, dass ich irgendwo in Tröndelag einen kleinen Hof kaufen könnte. Aber ich bin fast erfroren und in der Dunkelheit verrückt geworden. Auch den Glauben an den Gott habe ich verloren, an den ich mich früher in schweren Zeiten hatte wenden können. Jetzt gibt es ihn nicht mehr. Aber ich glaube, dass ich genug Vergebung für noch nicht begangene Sünden gesammelt habe.«
    Halvorsen brach in ein resigniertes Gelächter aus. Dann beugte er sich plötzlich näher zu ihr hin, so nahe, dass der Schnapsgeruch ihr ins Gesicht schlug. »Da du hier bist, nehme ich an, dass du auch käuflich bist. Diese Negerin wusste, was sie tat. Aber wie mit einer weißen Frau kann es nie sein. Kostest du genauso viel wie sie? Oder bist du teurer?«
    Halvorsen legte eine Hand auf ihre Brust und presste sie. Sie erinnerte sich an Carlos’ behaarte Finger und stieß ihn weg. Halvorsen dachte, es sei der Beginn eines Spiels und griff wieder nach ihr.
    Da schlug sie nach ihm und rief O’Neill. »Wirf diesen Mann hinaus«, sagte sie. »Und sorge dafür, dass er nie wieder eingelassen wird. Niemals.«
    Halvorsen schaffte es nicht zu protestieren, da hatte O’Neill ihn schon vom Sofa hochgezogen und auf die Straße geschleppt.
    Die Haustür schlug zu.
    Sie dachte, dass der Unterschied zwischen Kapitän Svartman und dem Besatzungsmann Halvorsen in dem Augenblick ausgelöscht worden war, in dem sie das Haus der käuflichen Frauen betraten.
    Aber die Enttäuschung setzte ihr zu, dass Halvorsen sie für eine Hure gehalten hatte. In diesem Moment ging für sie etwas unwiderruflich zu Ende.

62
     
    Nach dem Wiedersehen mit Halvorsen machte Ana sich immer öfter Notizen in ihrem Tagebuch. Was früher eine unregelmäßige Gewohnheit gewesen war, wurde jetzt ein Bedürfnis. Sie beschrieb in allen Einzelheiten die Begegnung mit Halvorsen und den plumpen Annäherungsversuch.
    Am Tag nach Halvorsens Besuch ging sie zusammen mit O’Neill hinunter zum Hafen. Am Kai lagen zwei englische und zwei portugiesische Schiffe. Auf welchem Schiff Halvorsen zur Besatzung gehörte, wusste sie nicht. Warum sie diesen Besuch im Hafen machte, konnte sie sich später auch nicht erklären. Vielleicht war es nichts als eine Neugier, die sie nicht zügeln konnte?
    Während der Nacht war ein Heuschreckenschwarm über die Stadt hinweggezogen. Auf Straßen, Treppen und Hausdächern lagen tote oder verendende Heuschrecken. Sie dachte, so stelle sie sich ein Schlachtfeld vor: Jede Heuschrecke ein niedergemetzelter sterbender oder toter Soldat.
    Nur Carlos schien die Heuschrecken zu schätzen. Er saß auf dem Dach des Steinhauses und ließ sich die Insekten schmecken, von denen niemand wusste, woher sie gekommen waren oder warum sie gerade diese Stadt gewählt hatten, um herabzufallen und zu sterben.
    Nachmittags, als sie wieder einen Besuch in der Festung bei Isabel machte, begegnete ihr ein fremder Offizier. Gerade an diesem Tag hatte sie sich entschieden, O’Neill mitzunehmen und nicht Judas. Kommandant Lima war vermutlich an Malaria erkrankt und ins Krankenhaus gebracht worden. Jetzt hatte sein militärischer Berater seinen Platz übernommen. Er stellte sich als Lemuel Gulliver Sullivan vor. Trotz seines englischen Namens sprach er fließend Portugiesisch. Er war ein junger Mann, kaum dreißig Jahre alt. Ana hoffte, seine Jugend würde ihn gegenüber Isabel größere Toleranz und Fürsorge empfinden lassen.
    Aber sobald er zu sprechen begann, wurde ihr klar, dass ihre Hoffnung sich nicht erfüllen würde.
    »In der Zeit, in der ich Kommandant bin, gelten strenge Regeln«, begann er. »Die Häftlinge hier in der Festung sind Verbrecher. Ihre Strafe soll fühlbar sein. Ich erörtere gerade mit meinen Offizierskollegen, ob es nicht möglich wäre, die Peitsche wieder anzuwenden. Die Strafe des Auspeitschens hat immer eine abschreckende Wirkung auf Verbrecher gehabt.«
    Ana dachte zunächst, sie habe sich verhört. Sollte Isabels Leben in der elenden Zelle noch schlimmer werden? Das sagte sie auch, ohne ihre Empörung zu verbergen.
    »Ihr Verbrechen sollte äußerst streng geahndet werden. Sie hat immerhin einen weißen Mann erstochen. Wenn wir nicht mit Härte reagieren, kann das als Signal dafür aufgefasst werden, dass

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