Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)
erwähnen, aber Jane hob die Hand und unterbrach mich. Weißt du, sagte sie, Thomas hat eine Menge Verrücktheit hingenommen, und ich meine wirkliche Verrücktheit. Hör ihr ruhig zu und zieh deine eigenen Schlüsse, und wenn sich die Gelegenheit ergibt und es dir nichts ausmacht, teile sie mit mir. Ich werde dir dann meine Interpretation geben. Vorläufig nur zwei Dinge: Erstens, er war kein heimlicher Frankenstein. Und zweitens: Ihre Geschichten, wie Thomas und ich zusammenkamen, sind alle erlogen, glaub sie nicht. Ich hatte keine Affäre mit ihm, bevor er und Lucy sich trennten. Thomas und ich kannten uns, weil Horace Jones, mein erster Mann, Partner in einer Kanzlei war – und ist –, die viele Verträge für die Fusionen und Übernahmen von Kidder entwarf, und schon für Thomas arbeitete, als er noch bei Kidder war. Später, als Thomas und Tim Carroll die neue Firma gründeten, gaben sie Horace weiter Aufträge. Aber zwischen Thomas und mir war nichts. Zero . Und es ist eine Lüge, dass ich Horace verließ, weil ich ein Auge auf Thomas geworfen hatte. Ich habe ihn verlassen, weil er eine Romanze zu viel mit Angestellten seines Büros hatte. Vielleicht fragst du dich, warum die Kanzlei ihn nicht feuerte wegen dieser Techtelmechtel im Büro, die übrigens, wie mir meine Spione dort berichten, weitergingen? Im Prinzip war das damals ein Grund, Leute hinauszuwerfen. Aber im Fall von Horace sahen sie zuerst davon ab, weil sie die Aufträge von Kiddernicht verlieren wollten, die, wie sie meinten, daran gebunden waren, dass er in der Kanzlei blieb, da er ja so viel für Thomas arbeitete, und später dann, als Thomas von Kidder wegging und mit Tim Carroll eine eigene Firma gründete, wollten sie die Aufträge von Snow Carroll nicht verlieren. Du hast richtig gehört: die Aufträge von Snow Carroll. Thomas und Tim haben darüber gesprochen, als Thomas und ich zusammenkamen, und sie entschieden sich, Horace weiter für ihre Firma arbeiten zu lassen. Thomas sagte das sehr klar: Ich habe Jane, Horace hat sie verloren; er leistet gute Arbeit, warum sollte ich ihn bestrafen wollen? Also, vergiss nicht, Lucy von mir zu grüßen!
Die Grüße mussten warten. Ich packte ein paar Kleider und das unentbehrliche Minimum an Büchern zusammen, nahm den Zug nach Wassaic, wo mein Auto in der Garage stand, und fuhr mit wachsender Erwartung und Unruhe über die Grenze von Connecticut nach Sharon. Das Haus sah gut aus, der Garten auch. Bei einem schnellen Gang über das Grundstück schaute ich wie immer zuerst nach den Bäumen und blühenden Büschen, die in meinen Augen zu Bella gehörten, denn Bella hatte sie selbst gepflanzt oder pflanzen lassen. Sie hatten die Winterstürme, die über das Tal gefegt waren, gut überstanden. Das galt auch für die Pfingstrosen, Bellas Lieblingsblumen; zum ersten Mal seit ihrem Tod verpasste ich nicht den Zeitpunkt ihrer größten Pracht. Innen war das Haus kalt und nackt. Peter Drummond und der Komponist hatten ihre Fotos und Nippes abgeräumt, und meine persönlichen Habseligkeiten waren noch imabgeschlossenen Gästezimmer verstaut, aber sonst war alles in Ordnung. Auf dem Küchentisch fand ich eine Notiz des Maklers, mit der Bitte um einen Anruf. Ich komme sofort herüber, sagte er, als ich ihn erreichte. Es stellte sich heraus, dass er Nachrichten von Peter hatte. Mein Haus zu mieten, habe sich bewährt, und er und Ezra Morris – er erinnerte mich daran, dass der Komponist so hieß – hätten Sharon und die Umgebung so lieb gewonnen, dass sie nach einem Haus Ausschau gehalten hatten, dessen Ankauf sie sich leisten konnten. Vor kurzem war das Haus der Browns auf den Markt gekommen, da die Witwe Sally Brown im Dezember an einem Herzinfarkt gestorben war. Der Kaufvertrag war unterzeichnet, und sie erwarteten, das Haus im Juni in Besitz nehmen zu können. Am Ende kündigte Peter also mir, nicht umgekehrt. Der Makler sagte, ich müsse mir keine Sorgen machen, dass ich im Winter ohne Mieter wäre, er könne bestimmt einen Ersatz finden, vielleicht wieder einen Akademiker. Ich sagte ihm die Wahrheit: Ich sei erleichtert. Da ich wieder in New York leben würde, erscheine es mir richtig, das Haus das ganze Jahr über nutzen zu können, so wie Bella und ich das früher getan hatten, und jetzt könne ich meinen Plan ausführen, ohne Schuldgefühle gegenüber diesen netten Leuten zu haben, denen ich es nun ja nicht wegnähme.
Die Kehrseite der Medaille war, dass die Nachricht vom Weggang Peters und Ezras
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