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Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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Zwischenzeit bei ihnen aufkreuzten. Kurzzeitig beschwingt von dem vagen Gefühl, etwas erreicht zu haben, machte ich mich auf den Weg zu einem Gasthaus außerhalb von Sharon, um eine Pizza zu essen.
    Josiah und Molly brachten tatsächlich ihre Enkeltöchter Natasha und Nina mit, die beiden Hausbesetzerinnen, die sich in meinem Apartment eingenistet hatten, und Natashas Freund, ein Milchgesicht mit schütterem blonden Bart und einem Ohrstecker im rechten Ohrläppchen. Ich war überzeugt, dass die Entscheidung für einen Stecker statt Ohrring und dessen Platzierung verschlüsselte Bedeutungen hatten, aber ich wagte nicht, danach zu fragen. Lieber fragte ich Zeke, ob er wie die Mädchen gerade seinen College-Abschluss gemacht habe, und war überrascht und amüsiert, als ich hörte, dass er am MIT ein Graduiertenprogramm in Informatik abgeschlossen hatte und an Bewertungsmodellen ausgerechnet für Snow Carroll arbeitete. Ich erzählte ihm, dass ich Thomas Snow kennengelernt hatte, kurz bevor er zur Business School ging, und bis zum Ende immer mit ihm in Kontakt geblieben war. Zeke erwiderte, dass ich wirklich Glück gehabt hätte. In seinen Augen war mein Freund Thomas offensichtlich ein bedeutender Mann. Als mir Nina auch noch erzählte, dass sie ebenfalls bei Snow Carroll arbeite, mit dem Zuständigkeitsbereich Fusionen und Übernahmen, und dass sie die Bekanntschaft zwischen Zeke und Natasha vermittelt habe, wuchs meine Erheiterung.
    Mrs. James meldete, das Essen sei angerichtet. Da ich nicht wusste, wie viele wir sein würden, hatte ich im Supermarkt eine große Lammhaxe gekauft und mir vorgestellt, dass sie entweder von einer unbestimmten Zahl von Welds verzehrt oder mir für mehrere Mittag- und Abendessen reichen würde, und ich war erleichtert, als sie genau so aus dem Ofen kam, wie Bella sie gebraten hätte. Mrs. James hatte für Kartoffeln, grüne Bohnen und Salat gesorgt, und ich hatte eine Apfeltarte mitgebracht, auch aus dem Supermarkt. Meine Erinnerung hatte mich nicht getrogen: Im Keller standen mehrere Kisten Wein noch aus der Zeit, als ich jungen Wein kaufte und ihn in Ruhe reifen ließ. Einiges aus dem Vorrat war gut gereift. Ich saß Josiah gegenüber, hatte Molly den Platz an der Stirnseite gegeben, entkorkte die dritte Flasche, reichte sie zum Ausschenken an Zeke weiter und erzählte Josiah dann, dass ich Lucy zufällig an einem Ballettabend begegnet war und in der Folge zum Dinner bei ihr gewesen sei und mich außerdem mit Thomas’ Witwe zum Lunch getroffen hätte.
    So ein Zufall, erwiderte er, Thomas und seine Firma scheinen allgegenwärtig zu sein.
    Es stellte sich heraus, dass er häufig mit Thomas zu tun gehabt hatte, schon als Thomas noch bei Kidder war, und auch später. Molly und er hatten außerdem regelmäßigen gesellschaftlichen Kontakt mit Thomas und Jane. Zu Lucys Zeiten war das nicht so gewesen. Molly konnte sich nicht für sie erwärmen; es missfiel ihr, wie Lucy redete und redete und jede Unterhaltung an sich riss, und sie litt unter der unangenehmen Spannung zwischen ihr und Thomas.
    Und was hast du von ihm gehalten?, fragte ich.
    In seiner Arbeit als Finanzmann bewunderte ich ihn, die Antwort ist leicht. Bei Kidder war er einer der Besten. Manche Leute sagten, er sei der Beste unserer Altersgruppe in der ganzen Stadt – also eigentlich im ganzen Land – gewesen, und ich glaube das auch. Als er und Tim Carroll ihre schönen sicheren Stellungen als Partner aufgaben und sich selbstständig machten – eine ziemlich gewagte Entscheidung, kann ich dir sagen –, war ihr Timing perfekt, und zufällig weiß ich, dass Thomas dabei das Sagen hatte. Ich muss dir nicht erzählen, dass die Firma glänzende Erfolge hatte, als die Geschäfte schlecht gingen und die Marktlage schwierig war. Der Zeitpunkt seines Rückzugs aus dem Unternehmen war auch gewagt. Er war mehr als reich, und doch muss er gewusst haben, dass das richtig große Geld noch kommen würde. Aber habgierig war er nicht; für Jane und Jamie und für seine Stiftung war mehr als genug Geld da, und er wollte schreiben und wenigstens in Teilzeit unterrichten und all die anderen Dinge tun, die er plötzlich in Angriff nehmen konnte, ohne in Konflikt mit der Firma zu geraten undohne dass Leute die Ernsthaftigkeit seiner Ansichten mit Hinweis auf seine Geschäfte anzweifelten. Ich nenne dir ein Beispiel. Unter seiner Leitung übernahm die Firma einige riesige und sehr erfolgreiche spekulative Positionen, sie machte Kurzverkäufe von

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