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Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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unter dem nächsten Möbelstück verkriechen, wenn sie anrief, und da es meistens um Jamie ging, konnte er sich nicht weigern, den Anruf anzunehmen. Du weißt, wie durchdringend ihre Stimme ist. Ich konnte nicht umhin mitzuhören, es sei denn, ich ging aus dem Zimmer, und er machte mir solche verzweifelten Zeichen, dass ich bleiben solle. Aber Thomas, sagte sie immer, verstehst du dies und das denn nicht. Thomas, spiel nicht den Dummen, du weißt, ich habe recht, Jamie braucht dies oder jenes. Nein, anders geht es nicht. Oder: Begreifst du, wie du ihn destabilisierst? Sie redete mit diesem abfälligen Psychogewäsch auf ihn ein, als hätte sie auf Freuds Knie studiert, statt wer weiß wie viele Jahre und Geld auf der Couch eines grotesken Seelenklempners in Central Park West durchzubringen. Dr. Peters denkt dies, Dr. Peters sagt jenes, aber Thomas,Dr. Peters macht sich Sorgen um Jamies Autonomie! Mir wurde ganz schlecht, wenn ich das hörte.
    Dass Jamie ein Versager ist, hat sie tatsächlich gesagt. Es ist wirklich ein Jammer; er war so ein feiner Junge und dann ein feiner, attraktiver Teenager, das weiß ich noch.
    Lass dich nicht von ihren Lästerreden gegen ihn einnehmen, sagte Jane. Er ist immer noch ein wirklich feiner Mann, liebenswürdig und freundlich, und ein Versager ist er nur, wenn man jeden Drehbuchautor, der keinen Oscar gewonnen oder nicht mindestens so was wie die Sopranos geschrieben hat, für einen Versager hält! Er hatte Erfolg beim Sundance Festival und in Toronto, und jetzt läuft etwas von ihm in Cannes. Er kann von dem leben, was er verdient. Sicher, Thomas hat ihm geholfen, und das Geld, das er ihm vererbte, hat ihn entlastet. Was ist daran verkehrt? Was sollte ein Vater denn mit seinem Geld machen? Wahr ist, dass ihm gefiel, was Jamie schrieb, und dass ihm klar war, wie dumm es gewesen wäre, dem Sohn zu sagen: Hör mal, mein Junge, du musst besser oder kommerzieller schreiben. Oder wenn du es nicht besser kannst und nicht mehr Geld verdienst, dann lerne wenigstens rechnen, und ich bringe dich in meiner Firma unter! Thomas und Jamie verstanden sich wirklich gut. Jamie vertraute ihm. Etwas davon hat auf mich abgefärbt. Mir traut er auch. Und weißt du was? Ich wünschte, er wäre mein Sohn.
    Wir hatten bestellt. Was Jane sich ausgesucht hatte, amüsierte mich: einen gemischten grünen Salat und danach einen Cäsar-Salat, beide ohne Soße, und ein Perrier. Das hieß also zum Lunch ausgehen. Kein Wunder, dass der Eigentümer des französischen Restaurants, indas ich am liebsten ging, der letzte einer Familie von Restaurateuren, die ihre Anfänge bis zur Weltausstellung von 1939 zurückverfolgen konnte, jetzt Mühe hatte, seine Kundschaft mittleren Alters zu halten und eine jüngere schon gar nicht gewinnen konnte. Ich war nicht bereit, mitzuspielen. Also bestellte ich mir eine paté de campagne und danach ein Hanger Steak, rare, dazu ein Glas Côtes du Rhône. Ich glaube, sie amüsierte sich ihrerseits über meine Bestellung und bemerkte, ich hätte meine Pariser Gewohnheiten offenbar nicht aufgegeben. Auch das liege ganz auf Neds Linie.
    Ich wette, sie hat dir die Litanei von Thomas, dem Monster, vorgesetzt, zumal du sie noch nicht gesehen hast, seit er tot ist. Lass das nicht zu. Du hast ihn zu gut gekannt, um ihr diesen Blödsinn abzunehmen.
    Hier irrte Jane. Ich hatte Thomas wirklich gerngehabt und viel von ihm gehalten, aber ich wusste auch, dass Männer, die ihre Frauen schlagen und Kinder belästigen, oft wie nette Kerle wirken. Alles hängt davon ab, wie häufig und unter welchem Blickwinkel man sie sieht. Aber meine mit Bedauern gemischte Neugier war geweckt, und ich hatte vor, mehr zu erfahren.
    Ja, dass er ein Monster war, habe ich gehört, erzählte ich ihr, und sicher nicht zum letzten Mal, falls ich mich wieder mit ihr treffe, und das werde ich wohl. Aber Lucy hat vor allem über sich geredet. Ich glaube, sie wollte erklären, warum sie Thomas überhaupt geheiratet hat – obwohl sie die ganze Zeit wusste, dass es ein Fehler war. Die Monster-Geschichte hat damit zu tun, dass er ihr Geld und wohl auch ihre gesellschaftliche Stellung ausgenutzt hat, um hochzukommen, und ihr nie etwas zurückgegeben hat. Und natürlich war es ein Problem,jedenfalls anfangs, dass er so in seiner Arbeit aufging und sie ganz allein mit Jamie fertigwerden musste und so weiter. Aber in der Hauptsache fühlte sie sich ausgenutzt.
    Ich wollte weiter erzählen, natürlich ohne die Klagen über den Sex zu

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