Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)
nicht während der Orgasmen und nicht während ich weinte, weil Hubert, als wir nach dem Lunch wieder im Zimmer waren, beschloss, mich auszupeitschen, etwas, das er noch nie versucht hatte, und dazu sagte: Das hast du verdient, du Schlampe, tu l’as bien mérité salope . Noch mehr Angst machte mir ein anderer Gedanke: dass Dr. Reiner mich nicht mehr weiter behandeln würde. Ich hatte ihn belogen; hatte ihm gesagt, ich müsse aus geschäftlichen Gründen nach Paris, und hatte erreicht, dass er für die ausgefallenen Behandlungen kein Honorar verlangte; jetzt würde er sagen, ich hätte es ihm unmöglich gemacht, die Analyse fortzusetzen.
Mit Will und Thomas hatte ich recht; Dr. Reiner schätzte ich falsch ein. Thomas rief an, als Hubert zum Flughafen aufbrechen wollte. Er brüllte nicht; mit dieser komischen kleinen Stimme, die er immer dann hören ließ, wenn er richtig wütend war, sagte er: Du betrügst mich, einen Monat nach unserer Verlobung betrügst du mich schon. Ich war noch im Bett, beendete gerade mein Frühstück, und Hubert ging nicht etwa hinaus, sondern setzte sich auf den Bettrand, schob seine Hand unter die Decke und versuchte, mich zu so erregen, dass ich kam, dabei schnitt er die ganze Zeit Grimassen als Kommentar zu dem, was ich Thomas sagte, und wollte seine Hand nicht wegnehmen, obwohl ich dauernd den Kopf schüttelte und versuchte, meine Beine fest zusammenzupressen. Gleich nachdem Thomas von Will gehört hatte, hatte er aufs Geratewohl im Savoy angerufen und nach mir gefragt. Zum Glück war das Zimmer auf meinen Namen gebucht! Ich log und log und log. Kein Wunder, dass Hubert sich amüsierte.
Sie erzählte weiter, dass sie Thomas am Telefon gesagt habe, der Schweizer, mit dem sie beim Lunch gesessen habe (seinen Namen habe sie nicht verraten), sei jemand, den sie vor Jahren gekannt habe, damals, als sie zum ersten Mal nach Paris kam – sie war klug genug, kein Wort über Genf zu verlieren –, und zwischen ihnen sei alles aus, schon lange, seit Jahren schon, er arbeite in London und habe Probleme mit seiner Arbeit und seiner Ehe, er habe ihr geschrieben, und da sie ohnehin nach Paris wollte, habe sie beschlossen, sich noch einmal mit ihm zu treffen und ihm persönlich zu sagen, dass sie heiraten werde. Sie habe sich auf gute Art von ihm verabschieden wollen. Thomas glaubte ihr nicht. Das war eindeutig. Am Ende sagte sie: Bitte, sag oder denk jetzt nichts, was du später bereuen wirst. Am Donnerstag bin ich in Boston. Lass uns dann reden. Natürlich rief er sie immer wieder an, alle paar Stunden, bis sie aus dem Hotel auszog, und jedes Mal fragte er das Gleiche: Wie konntest du nur so etwas tun? In Boston dann wollte er sie zuerst nicht sehen. Das sei nicht rückgängig zu machen, erklärte er ihr. Er könne ihr nicht mehr trauen, sagte er jedes Mal, wenn sie ihn anrief, und jedes Mal bat sie ihn, sich das noch einmal zu überlegen. Unterdessen erstaunte Dr. Reiner sie, er sagte nämlich, was sie mit Hubert getan habe, sei ein Exorzismus, es sei ihre Weise, den Inkubus auszutreiben, ein notwendiger Schritt auf dem Weg zur Selbstfindung. Sie nahmen ihre täglichen Therapiesitzungen wieder auf – verständlicherweise änderte er seine Taktik und stellte ihr die rund zehn Stunden, die sie versäumt hatte, in Rechnung –, und er ermutigte sie, an Thomas festzuhalten. Die Wahrheit über die Begegnung mit Hubert würde Thomas nicht hinnehmen, meinte er – aber was war die Wahrheit? – und fand, sie solle lieber keinen Versuch machen, ihm diese Tage zu beschreiben, sondern sich nach Kräften bemühen, ihm zu zeigen, wie sehr sie sich an ihn und das Heiratsversprechen gebunden fühle.Als der Frühling anfing, hatte sie es geschafft – so sah es Dr. Reiner. Das Datum im Juni für die Hochzeit in Bristol, das Thomas und sie festgelegt hatten, lag unmittelbar nach der Harvard-Abschlussfeier; der Empfang würde eine kleine, bescheidene Veranstaltung sein – ihre Familie, unvermeidlich seine Eltern und ein paar Tanten, Onkel und Vettern, eine Handvoll Freunde von der Business School, allerdings nicht Will Reading, und ein paar enge Freunde und Nachbarn der Familie. Lucy versuchte abzublocken, dass die van Burens dazugebeten wurden, die zu den Nachbarn und Freunden zählten; Priscilla oder Alex wollte sie wirklich nicht sehen, aber am Ende wurden sie doch eingeladen, so wie ich auch.
Thomas wollte dich dabeihaben, sagte mir Lucy. Du bist nicht gekommen, ich weiß nicht mehr, womit du dich
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