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Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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er verstand sich gut mit dem Professor, der das Forschungsprojekt leitete. Kidder machte ihm keine Schwierigkeiten mit dem Aufschub. Al Gordon rief sogar an und sagte, er sei begeistert über diese Anerkennung von Thomas’ Verdiensten. Kannst du dir die Dummheit dieses Menschen vorstellen? Dr. Reiner war beeindruckt. Und Thomas hatte dieser Erfolg völlig den Kopf verdreht. Davon erholte er sich nie mehr. Es wurde nur schlimmer und schlimmer. Er bildete sich ein, er könne gar nichts falsch machen; seine Arbeit kam selbstverständlich zuerst, alles andere erst danach. Er musste im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Er schrieb tatsächlich meinem Vater von der Berufung an die Fakultät, sagte Lucy – ich bin explodiert, als er mir das erzählte, aber er sagte, er habe es getan, weil er wisse, dass mein Vater stolz auf ihn sein und sich freuen würde, die gute Nachricht nicht auf Umwegen, sondern direkt von ihm zu erfahren. Mein armer Vater reagierte mit einem Scheck über tausend Dollar. Ich schämte mich; ich konnte mir genau vorstellen, wie meine Mutter sich über Thomas lustig machte. Sie konnte so niederträchtig sein. Mein idiotischer Bruder John nahm Thomas ebenfalls ernst, genau wie Vater. Das ist das Dummheitsgen der männlichen De Bourghs. Die Hochzeit war ein paar Wochen später, sagte Lucy. Ich überstand die Feier mehr tot als lebendig. Dr. Reiner wollte nicht, dass ich der Analyse länger als eine Woche oder zehn Tage fernblieb. Zur Hochzeit zu kommen war für meine Großtante zu anstrengend – sie verließ ihre Wohnung in der PickneyStreet in Boston kaum noch –, aber sie sagte mir, ich solle das Haus in Little Compton als mein Eigentum ansehen, auch wenn sie weiter für die Steuern und Erhaltungskosten aufkommen werde. In dieses Haus fuhren wir unmittelbar nach der Feier.

VIII
    Ich war dazu übergegangen, Lucy fast täglich zu sehen, nachmittags zum Tee in ihrer Wohnung oder beim Dinner im Bistro in der Lexington Avenue. Das Unbehagen, das ihre Erzählung in mir bewirkt hatte, war verflogen, aber aus verschiedenen Gründen, unter anderem, weil ich lange Abende und exzessiven Alkoholkonsum vermeiden wollte, blieb ich bei meinem Entschluss, Einladungen zum Dinner oder zu Drinks in ihrer Wohnung abzulehnen. Gelegentlich nutzten wir das schöne Wetter und unterhielten uns nachmittags auf einer Bank mit Blick auf den See und die Ruderer im Central Park. Dort fragte sie mich eines Tages geradeheraus und mit einem nur sehr dünnen Lächeln, ob ich ein Buch über sie und Thomas schriebe. Ob das der Zweck unserer Interviews sei? Denn Interviews seien es doch, die ganze Zeit, seit ich zum ersten Mal zum Dinner zu ihr gekommen sei? Ich sagte ihr die Wahrheit: Ich arbeitete an etwas ganz anderem, einem Roman, der in meiner Heimatstadt Salem spielte, aber wenn ich nach dem Abschluss dieses Projekts noch lebte und bei Verstand war, würde ich vielleicht ein Buch über die Zerrüttung einer Ehe schreiben wollen. Eine Ehe zwischen erfundenen Personen, sagte ich ausdrücklich, nicht ihre und Thomas’ Ehe. Freilich werde alles, was ich in unseren Unterhaltungen erfuhr, Teil meiner Erfahrungen sein, in den Fundus meines Wissens und meiner Beobachtungen eingehen und sich womöglich auf die Erzählung auswirken. Aber das Buchwerde ein Roman sein, keine Biographie und keine Reportage.
    Ein Roman! Sie schnaubte. Und du wirst mich und was ich dir erzählt habe hineinpacken. Ich bringe dich um!
    Das gehört zum Berufsrisiko von Romanciers, antwortete ich, so wie du Gefahr läufst, einige Aspekte von dir in einem Roman wiederzufinden, wenn du dich mit einem Romanschreiber abgibst – oder dir auch nur erlaubst, in seinem Gesichtskreis aufzutauchen.
    Sie lachte nicht, also sagte ich noch, wenn ich das Buch schriebe, würde weder sie noch irgendjemand sich oder Thomas in den Romanpersonen wiedererkennen oder mit gutem Grund behaupten können, das Buch handele von ihnen. Man würde ein Mosaik aus unterwegs aufgesammelten oder selbst fabrizierten Glasscherben oder Steinsplittern sehen. Schlüsselromane schreibe ich nicht, sagte ich.
    Sie schnaubte wieder und redete dann zu meiner großen Erleichterung weiter. Unsere Gespräche zogen sich über den Rest der angebrochenen und einen guten Teil der folgenden Woche hin, mit einer Pause für das Wochenende, das ich mir mit einer kleinen Lüge freihielt. Ich sagte, ich würde meine kranke Cousine Hetty in Philadelphia besuchen. In Wirklichkeit hatte ich Jane Morgans Einladung

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