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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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Ferne das Orchester auf einem Wagen herankommen, der vonetwa zwanzig mit Kränzen geschmückten Ochsen gezogen wurde, und von allen Tänzern und Tänzerinnen, die ich hatte auftreiben können, umgeben war. Die Allee war illuminiert, und zwar so hell, daß man alle Gegenstände deutlich unterschied. Als der Wagen hielt, wollte es der Zufall, daß der Mond gerade über ihm stand, was eine wundervolle Wirkung hervorbrachte und die ganze Gesellschaft angenehm überraschte, zumal da außerdem das Wetter prachtvoll war. Jedermann sprang von der Tafel auf, um die Schönheit der Symphonie und des Schauspiels voller genießen zu können. Als sie zu Ende war, fiel der Vorhang, und man setzte sich zum zweiten Gang wieder an die Tafel. Darauf hörte man Fanfaren und Zimbeln, und ein Gaukler rief plötzlich: »Meine Herren und Damen, kommen Sie hierher, in meinen Buden werden Lose für die Lotterie umsonst verteilt.« Zu beiden Seiten des Vorhangs teilten sich nun noch zwei kleine Vorhänge und man erblickte zwei hellerleuchtete Buden. In der einen verteilte man gratis Lotterienummern für das darin enthaltene Porzellan, in der andern für Blumen, Bänder, Fächer, Kämme, Geldbeutel, Handschuhe, Degengehänge und andere solche Kleinigkeiten. Als die Buden leer waren, aß man das Dessert, worauf bis sechs Uhr morgens getanzt wurde. Keine Intrige, kein unliebsamer Zwischenfall kam während meines Festes vor. Seine kaiserliche Hoheit, sowie alle, die daran teilnahmen, waren entzückt davon und priesen die Großfürstin und ihr Fest. Aber ich hatte es auch an nichts fehlen lassen. Man fand meinen Wein köstlich, mein Souper herrlich. Alles ging auf meine eigenen Kosten, und das Fest kostete mich gegen 10000 bis 15000 Rubel – man bedenke, daß ich nur 30 000 Rubel jährlich zur Verfügung hatte. Doch dieser Tag wäre mir beinahe noch teurer zu stehen gekommen, denn als ich am Nachmittag mit Madame Narischkin ausgefahren war und gerade aus dem Kabriolettsteigen wollte, machte das Pferd eine Bewegung, die mich zur Erde schleuderte, und das im vierten oder fünften Monat meiner Schwangerschaft. Ich tat jedoch, als ob nichts vorgefallen wäre, blieb bis zuletzt auf dem Feste und machte die Honneurs. Dennoch fürchtete ich mich sehr vor einer Fehlgeburt, aber glücklicherweise fand nichts dergleichen statt, und ich kam mit dem bloßen Schrecken davon. Der Großfürst, seine ganze Umgebung, alle seine Holsteiner, ja selbst meine erbittertsten Feinde hörten noch viele Tage nicht auf, mich und mein Fest zu loben, denn jeder, Freund oder Feind, hatte eine Kleinigkeit als Andenken an mich davon mit nach Hause gebracht. Da es ein Maskenfest war und alle möglichen Leute daran teilgenommen hatten, war die Gesellschaft natürlich sehr gemischt gewesen. Unter andern waren eine Menge Frauen da, die sonst nicht am Hofe und in meiner Gegenwart erschienen. Alle rühmten sich nun und prunkten mit meinen Geschenken, obgleich dieselben im Grunde keinen großen Wert hatten, denn ich glaube, es war keins darunter, das mehr als hundert Rubel kostete. Aber es war eben ein Geschenk von mir, und man prahlte gern: Ich habe dies von Ihrer kaiserlichen Hoheit der Großfürstin, ach, sie ist die Güte selbst, sie hat allen Leuten etwas geschenkt, sie ist reizend; sie sah mich so vergnügt und leutselig an, es machte ihr Vergnügen, uns tanzen, essen und spazieren gehen zu sehen; wer keinen Platz hatte, bekam einen von ihr, u.s.w. u.s.w. Kurz, man fand an mir plötzlich Eigenschaften, die man vorher nicht an mir gekannt hatte, und auf diese Weise entwaffnete ich meine Feinde, Das war auch meine Absicht; es dauerte nur leider nicht lange, wie man in der Folge sehen wird.
    Nach diesem Feste fing Leon Narischkin wieder an, mich zu besuchen. Als ich eines Tages in mein Boudoir trat, fand ich ihn impertinenterweise auf einem Sofa liegen und ein unsinnigesLied singen. Sowie ich dies sah, ging ich wieder hinaus, schloß die Tür hinter mir ab und begab mich unverzüglich zu seiner Schwägerin. Dieser sagte ich, man müsse eine handvoll Nesseln nehmen und diesen Menschen, der sich schon lange so unverschämt gegen uns benähme, damit züchtigen, um ihn Rücksicht zu lehren. Madame Narischkin stimmte aus ganzer Seele bei, und wir ließen uns sofort gute Ruten bringen, die mit Nesseln eingefaßt waren. Darauf begaben wir uns in Begleitung einer meiner Frauen, namens Tatiana Juriewna, in mein Boudoir, wo Leon Narischkin noch auf demselben Platze lag und aus voller Kehle

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