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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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sich. Ihr Leibarzt konnte nur sehr langsam kommen, da er selbst krank und nicht imstande war zu gehen. Man brachte ihn daher in einem Lehnstuhl getragen. Es war der verstorbene Condoijdij, ein Grieche von Geburt. Der Chirurg Fouzadier war ein französischer Flüchtling. Endlich wurden Wandschirme und ein Kanapee aus dem Schlosse geholt, worauf man die Kaiserin legte. Durch allerlei Heilmittel und die eifrigsten Bemühungen brachte man sie schließlich wieder zum Leben zurück. Allein als sie die Augenöffnete, erkannte sie niemand und fragte in fast unverständlicher Weise, wo sie sich befände. Endlich, nachdem zwei Stunden verflossen waren, beschloß man, Ihre Majestät mit dem Sofa ins Schloß zu tragen. Man kann sich wohl die Bestürzung vorstellen, in die das ganze Hofpersonal geriet; und die Oeffentlichkeit der Sache vermehrte den peinlichen Eindruck. Bis dahin hatte man ihren Zustand äußerst geheim gehalten, aber nun war die Runde davon in alle Schichten der Bevölkerung gedrungen. Ich selbst erfuhr das Geschehene am folgenden Morgen in Oranienbaum durch einen Brief des Grafen Poniatowski. Sogleich benachrichtigte ich den Großfürsten davon, der noch nichts wußte, da man uns ja im allgemeinen alles mit der größten Sorgfalt verschwieg, besonders Dinge, die die Kaiserin persönlich betrafen. Nun war es aber Sitte, daß jeden Sonntag, wenn wir uns nicht an ein und demselben Orte mit Ihrer Majestät aufhielten, einer unserer Kammerherrn abgesandt wurde, um nach dem Befinden der Kaiserin zu fragen, wir unterließen dies natürlich auch den folgenden Sonntag nicht und erfuhren, daß Elisabeth mehrere Tage lang die Sprache verloren hatte und es ihr noch große Anstrengung verursachte, zu reden. Man erzählte, sie habe sich während ihrer Ohnmacht die Zunge zerbissen, was vermuten ließ, daß dieser Unfall mehr von Krämpfen als von einer Ohnmacht herrührte.
    Ende September kehrten wir in die Stadt zurück. Da ich meiner Schwangerschaft wegen anfing, schwerfällig zu werden, erschien ich nicht mehr bei öffentlichen Gelegenheiten, zumal ich mich auch meiner Entbindung näher glaubte, als es in Wirklichkeit der Fall war. Dies langweilte den Großfürsten, weil er, wenn ich mich in der Oeffentlichkeit zeigte, öfters die Ausrede gebrauchen konnte, er fühle sich nicht wohl, um in seinen Gemächern zu bleiben. Außerdem erschien dieKaiserin sehr selten bei öffentlichen Gelegenheiten, so daß sich die Hoffeste und Bälle nur um mich drehten, während, wenn ich nicht zugegen war, Seine kaiserliche Hoheit gezwungen war, zu erscheinen, damit wenigstens jemand zum Repräsentieren da war. Seine kaiserliche Hoheit war also sehr ärgerlich über meinen Zustand, und eines Tages kam es ihm in den Sinn, im Beisein Leon Narischkins und anderer zu sagen: »Der Himmel weiß, woher meine Frau guter Hoffnung ist; ich bin durchaus nicht gewiß, ob dies Kind mir gehört, und ob ich es auf meine Rechnung setzen kann.« – Leon Narischkin eilte natürlich sofort zu mir, um mir diese Aeußerung brühwarm wieder zu erzählen. Selbstverständlich erschrak ich nicht wenig und erwiderte: »Ihr seid alle Einfaltspinsel. Laßt ihn doch schwören, ob er nicht mit seiner Frau geschlafen hat, und sagt ihm, wenn er den Eid geleistet, daß Ihr es sofort Alexander Schuwaloff, als Großinquisitor des Reichs, mitteilen werdet.« – Leon ging auch wirklich zu Seiner kaiserlichen Hoheit und forderte ihm den Eid ab. – »Gehen Sie zum Teufel und sprechen Sie mir nicht mehr davon!« war die Antwort des Großfürsten.
    Jene unvorsichtige Aeußerung Peters verstimmte mich sehr und ich erkannte seitdem, daß ich von zwei gleich schwierigen Wegen einen besonders einschlagen müßte. Entweder mußte ich die Schicksale des Großfürsten teilen, folglich stündlich allem ausgesetzt sein, was er für oder wider mich anzuordnen beliebte, und mit ihm oder durch ihn zugrunde gehen, oder ich wandelte meine eigene, von allen Ereignissen unabhängige Bahn und rettete dadurch mich selbst, meine Kinder und vielleicht auch den Staat aus dem Schiffbruch, dessen Gefahren alle physischen und moralischen Eigenschaften des Prinzen voraussehen ließen. Das letztere schien mir das sicherste. Ich faßte also den Entschluß, ihm so viel ich konnte mit Rat und Tatzu seinem Besten zur Seite zu stehen, aber mich nie mehr wie früher zu erzürnen, wenn er meine Ratschläge nicht befolgte. Ich wollte ihm, so oft ich Gelegenheit hätte, über seine wahren Interessen die Augen

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