Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Dieses war erst vor kurzem fertig geworden, und sein Besitzer hatte all seinen Geschmack daran verschwendet, d. h. es war trotz seiner Kostbarkeit äußerst geschmacklos und schlecht eingerichtet. Es waren zwar viele Gemälde darin, aber meistenteils Kopien. Ein Zimmer war mit Tschinarholz ausgelegt, da aber Tschinar nicht glänzt, hatte man es gefirnißt. Dadurch wurde die Farbe gelb, doch ein unangenehmes Gelb, welches dem Zimmer ein gemeines Aussehen gab; und, um den schlechten Eindruck zu mildern, überlud man es mit schwerem, versilbertem Schnitzwerk. Von außen sah das an sich große Haus wegen der Menge seiner Verzierungen aus wie eine mächtige Alençoner Spitzenmanschette. Man gab dem Prinzen von Sachsen den Grafen Iwan Czernitscheff bei, und er wurde ganz auf Kosten des Hofesunterhalten, sowie auch von den Hofdomestiken bedient.
In der Nacht, die der Ankunft des Prinzen Karl vorausging, hatte ich eine so heftige Kolik gehabt, daß ich wohl mehr als dreißigmal zu Stuhle gehen mußte. Obwohl ich sehr geschwächt war, kleidete ich mich den folgenden Morgen an, um den Prinzen von Sachsen zu empfangen. Man führte ihn um zwei Uhr nachmittags zur Kaiserin, und, als er diese verlassen hatte, zu mir in mein Zimmer. Kurz nach ihm sollte der Großfürst eintreten. Zu diesem Zwecke hatte man drei Fauteuils an die Wand gestellt. Das mittlere war für mich, das zu meiner Rechten für den Großfürsten und das linke für den Prinzen von Sachsen bestimmt. Ich mußte natürlich die Unterhaltung führen, denn der Großfürst war nicht zum Sprechen zu bringen, und Prinz Karl war nicht gesprächig. Endlich, nach einer Unterhaltung von einer Viertelstunde, erhob sich Prinz Karl, um uns sein ungeheures Gefolge vorzustellen. Er hatte, glaube ich, mehr als zwanzig Personen bei sich, wozu sich an diesem Tage noch der polnische und sächsische Gesandte am russischen Hofe mit ihren Sekretären gesellten. Nach einer halben Stunde verließ uns der Prinz. Ich kleidete mich sofort wieder aus, um mich ins Bett zu legen, wo ich drei oder vier Tage im heftigsten Fieber zubrachte. Darauf stellten sich von neuem Zeichen von Schwangerschaft bei mir ein.
Gegen Ende April begaben wir uns nach Oranienbaum. Vor unserer Abreise erfuhren wir, daß Prinz Karl von Sachsen als Freiwilliger zur russischen Armee abginge. Doch ehe er sich dahin begab, begleitete er die Kaiserin nach Peterhof, wo man ihn sehr feierte. Dort und in der Stadt nahmen wir nicht an diesen Festlichkeiten teil, sondern blieben auf unserem Landsitz, wo er auch Abschied von uns nahm und am 4. Juli abreiste.
Zwanzigstes Kapitel.
Ueble Stimmung des Großfürsten. – Mein Gartenfest in Oranienbaum. – Leon Narischkin erneuert seine Besuche bei mir. – Verdiente Züchtigung. – Die Schlacht bei Zorndorf, – Graf Fermor wird abberufen und Peter Soltikoff zu seinem Nachfolger ernannt. – Die Kaiserin bekommt auf offener Straße einen Krämpfeanfall. – Rückkehr in die Stadt. – Der Großfürst langweilt sich. – Er leugnet die Vaterschaft meines Kindes. – Mein Benehmen gegen meinen Gemahl. – Poniatowski wird abberufen. – Einfältiges Benehmen des Großfürsten. – Geburt meiner Tochter. – Zwei Kabinettsordres von je 60000 Rubel. – Vereinsamt!
Da der Großfürst fast immer übler Laune gegen mich war, wofür ich mir keinen andern Grund denken konnte, als daß ich weder Brockdorf noch die Gräfin Elisabeth Woronzow, die wieder anfing, Favoritin zu werden, empfing, kam mir der Gedanke, Seiner kaiserlichen Hoheit ein Gartenfest in Oranienbaum zu geben, um seine schlechte Stimmung so viel wie möglich zu vermindern. Seine kaiserliche Hoheit hatte nämlich jedes Fest gern. So ließ ich denn an einem abgelegenen Orte im Gehölz von meinem damaligen italienischen Architekten Antonio Rinaldi einen großen Wagen bauen, worauf ein Orchester von sechzig Personen, Musikern und Sängern, bequem Platz hatte. Der italienische Hofpoet mußte die Verse machen und der Kapellmeister Araja dieselben in Musik setzen. In der großen Allee wurde ein illuminiertes Transparent mit einem Vorhang angebracht, dem gegenüber die Tafel fürs Souper gedeckt war. Am 17. Juli gegen Abend begaben sich Seine kaiserliche Hoheit und alles was in Oranienbaum war, sowie eine Menge Zuschauer, die aus Kronstadt und Petersburg gekommen waren, in den prächtig illuminierten Garten. Man setzte sich zu Tisch, und nach dem ersten Gang teilte sich der Vorhang, der die große Allee verdeckte. Man sah in der
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