Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Putzsachen zu tragen, die in einer öffentlichen Bekanntmachung einzeln aufgezählt waren. Um ihm nun zu zeigen, wie Seine kaiserliche Hoheit mich inbezug auf mein Benehmen gegen die Schuwaloffs gebessert hatte, lachte ich ihm direkt ins Gesicht und sagte, er hätte sich die Mühe sparen können, mir diesen Befehl zu übermitteln, denn ich trüge nie etwas, was Ihrer kaiserlichen Majestät mißfiele. Außerdem suche ich mein Verdienst weder in der Schönheit, noch in der Kleidung, denn wenn die eine dahin sei, werde die andere lächerlich; der Charakter allein sei dauernd. Er hörte mich bis zu Ende an, blinzelte dann, wie es seine Gewohnheit war, mit dem rechten Auge und ging, während ich seine Grimasse hinter ihm nachäffte, worüber die ganze Gesellschaft laut auflachte.
Einige Tage nachher teilte mir der Großfürst mit, er wolle die Kaiserin wegen seiner holsteinschen Angelegenheiten, welche sich mehr und mehr verschlimmerten, um Geld bitten; Brockdorf habe ihm diesen Rat gegeben. Daß dies nur ein Köder war, den man ihm hinhielt, damit er seine ganze Hoffnung, Geld zu erhalten, auf die Schuwaloffs setzen sollte, sah ich nur zu gut und fragte ihn deshalb, ob man nicht auf andere Weise Geldmittel auftreiben könnte. Er erwiderte, er wolle mich mit den Forderungen der Holsteiner bekannt machen, und tat es. Nachdem ich die Papiere, die er mir zeigte, durchgelesen, sagte ich zu ihm, mir scheine, er könne sich's ersparen, seine Tante um Geld anzukriegen, zumal sie wohl seine Bitte abschlagen werde, nachdem sie ihm erst vor kaum sechs Wochen 100 000 Rubel geschenkt habe. Er indes blieb bei seiner Meinung, und ich bei der meinigen. Das Ende davon war, daß man ihn lange Zeit mit der Hoffnung auf Geld hinhielt, und er schließlich doch nichts bekam.
Nach Ostern zogen wir nach Oranienbaum. Vor unserer Abreise erlaubte mir die Kaiserin, meinen Sohn zu sehen: zum dritten Male, seit er geboren war. Um in sein Zimmer zu gelangen, mußte man alle Gemächer Ihrer Majestät durchschreiten.Ich fand ihn in einer erstickenden Hitze, wie ich bereits erzählt habe.
Auf dem Lande angelangt, hatten wir eine merkwürdige Ueberraschung. Seine kaiserliche Hoheit, mit dem die Holsteiner unablässig von dem Defizit im Staatshaushalt sprachen, obwohl ihm jedermann riet, diese Leute zu meiden, die er noch dazu nur verstohlen und zeitweise sehen konnte, faßte plötzlich den kühnen Entschluß, ein ganzes holsteinsches Detachement Soldaten kommen zu lassen. Auch dies war ein Kunstgriff jenes verwünschten Brockdorf, welcher der vorherrschenden Leidenschaft des Großfürsten schmeichelte. Er hatte den Schuwaloffs zu verstehen gegeben, daß, wenn sie ihm mit diesem Spielzeug oder Steckenpferd freien Willen ließen, sie sich seiner Gunst auf immer versichern könnten, denn sie würden dadurch seiner Zustimmung zu allem, was sie etwa unternähmen, gewiß sicher sein. Wie es schien, verbarg man der Kaiserin, die Holstein und alles, was von dort kam, haßte, weil sie gesehen, wie ähnliche militärische Kinderspiele den Vater des Großfürsten, den Herzog Karl Friedrich, in den Augen Peters I. und ganz Rußlands in ein schlechtes Licht gesetzt hatten, die Sache anfangs, und sagte ihr, es habe so wenig auf sich, daß es nicht der Mühe wert wäre, davon zu reden. Außerdem war ja auch die Gegenwart des Grafen Schuwaloff allein von genügendem Einfluß, allen üblen Folgen vorzubeugen. In Kiel eingeschifft, landete also das Detachement bei Kronstadt und kam nach Oranienbaum. Der Großfürst, der zur Zeit Tschoglokoffs die holsteinsche Uniform nur in seinem Zimmer ganz verstohlen getragen hatte, legte jetzt keine andere mehr an, ausgenommen bei Hoffesten, obgleich er Oberstleutnant des Regiments Preobraschenski und außerdem Chef eines russischen Kürassierregiments war. Auf den Rat Brockdorfs hüllte er mir gegenüber diesen Truppentransportin das tiefste Geheimnis. Ich gestehe, daß ich, als ich zum ersten Male davon hörte, vor der verderblichen Wirkung zitterte, welche dieser Schritt bei dem russischen Volk und bei der Kaiserin selbst, deren Gefühle mir bekannt waren, hervorbringen mußte. Als das Detachement durch Oranienbaum marschierte, stand Alexander Schuwaloff neben mir auf dem Balkon und blinzelte mit den Augen, denn innerlich mißbilligte er, was er und seine Genossen übereingekommen waren, öffentlich zu dulden. Die Bewachung des Schlosses Oranienbaum war abwechselnd dem Regiment Ingermanland und dem Regiment Astrachan
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