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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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anvertraut, und ich erfuhr, daß die Leute jener Regimenter, als sie die holsteinschen Truppen vorbeimarschieren sahen, gerufen hatten: »Diese verfluchten Deutschen sind alle an den König von Preußen verkauft; es sind lauter Verräter, die man nach Rußland bringt.« Im allgemeinen war das Publikum über die Tat des Großfürsten entrüstet. Die Ergebensten zuckten die Achseln, die Gemäßigten fanden die Sache lächerlich. Im Grunde genommen war es ein sehr unvorsichtiges Kinderspiel. Ich für meinen Teil schwieg, wenn man mich aber direkt darüber fragte, sagte ich ganz offen jedem meine Meinung, damit man sah, ich billige das Geschehene durchaus nicht. Und von welcher Seite ich es auch betrachten mochte, immer erschien es mir von dem schädlichsten Einfluß auf das Wohl des Großfürsten. Konnte man denn anderer Ansicht sein, wenn man alles genau überlegte? Sein bloßes Vergnügen konnte ihn doch niemals für den Nachteil entschädigen, der ihm dadurch bei der öffentlichen Meinung erwuchs. Aber der Großfürst, begeistert von seinen Soldaten, richtete sich mit ihnen in dem dazu aufgeschlagenen Lager ein und beschäftigte sich ausschließlich damit, sie einzuexerzieren. Nun mußten sie aber auch ernährt werden – daran hatte man nämlich gar nicht gedacht. Aber die Sache eilte. Es gabeinige Debatten mit dem Hofmarschall, der auf die an ihn gestellten Forderungen nicht vorbereitet war. Endlich indes ließ er sich bereden, und die Hoflakaien samt den Soldaten der Schloßwache vom Regiment Ingermanland mußten für die Neuangekommenen Nahrungsmittel aus dem Schlosse herbeischaffen. Dann befand sich das Lager nicht eben in nächster Nähe des Palastes. Außerdem bekam niemand etwas für seine Mühe – kurz, man kann sich den angenehmen Eindruck vorstellen, den eine so geschickte und kluge Anordnung hervorbringen mußte. Die Soldaten des Regiments Ingermanland murrten: »Sind wir denn die Diener dieser verfluchten Deutschen geworden?« Die Hoflakaien: »Man zwingt uns, einen Haufen Dorflümmel zu bedienen!« Als ich sah und hörte, was vorging, faßte ich den festen Entschluß, mich diesem nachteiligen Kinderspiele so fern als möglich zu halten. Da die Verheirateten unserer Kammerherren ihre Frauen bei sich hatten, bildeten wir eine ziemlich ansehnliche Gesellschaft, zumal die Herren selbst im holsteinschen Lager, das Seine Hoheit keinen Augenblick verließ, nichts zu tun hatten. Wir gingen so oft wie möglich spazieren, aber immer an der dem Lager entgegengesetzten Seite vorbei, wo wir mit demselben in keiner Weise in Berührung kamen.
    Ich hatte damals den Einfall, mir in Oranienbaum einen Garten anzulegen. Da ich jedoch wußte, daß der Großfürst keinen Zoll Erde dazu hergeben werde, bat ich den Fürsten Galitzin, mir 300 Toisen nutzlosen und seit langer Zeit brachliegenden Landes, welches er in der Nähe von Oranienbaum besaß, zu verkaufen oder abzutreten. Dieses Terrain gehörte acht Personen der Familie, aber sie traten es mir trotzdem bereitwilligst ab, ohne eine Bezahlung anzunehmen. Ich fing also an, Pläne zu machen und zu pflanzen, und da es das erstemal war, daß ich mich auf diesem Gebiete versuchte, so nahmensie sehr große Dimensionen an. Mein alter Chirurg Gyon sagte, als er dies sah: »Wozu soll das? Denken Sie an mich, ich sage Ihnen im voraus, daß Sie dies alles eines Tages aufgeben werden.« Seine Prophezeiung erfüllte sich. Aber ich bedurfte damals einer Unterhaltung, die meine Phantasie anregte. Zur Anpflanzung meines Gartens bediente ich mich zuerst des Gärtners von Oranienbaum, namens Lamberti. Dieser war im Dienste der Kaiserin, als sie noch Prinzessin war, auf dem Gute Zarskoje Selo gewesen und von dort nach Oranienbaum versetzt worden. Er war ein wenig Prophet, und eine seiner Prophezeiungen, welche die Kaiserin betrafen, hatte sich erfüllt. Er hatte ihr nämlich vorhergesagt, daß sie den Thron besteigen werde. Auch mir prophezeite dieser Mann, so oft ich es hören wollte, daß ich einst souveräne Kaiserin von Rußland werde, daß ich Söhne, Enkel und Großenkel haben und in hohem Alter, über achtzig Jahre alt, sterben werde. Ja, er tat mehr: er nannte sogar das Jahr meiner Thronbesteigung, sechs Jahre bevor dies Ereignis eintrat. Es war ein wunderlicher Mensch, der mit einer Zuversicht sprach, die durch nichts erschüttert werden konnte. Unter anderm behauptete er, die Kaiserin zürne ihm, weil seine Prophezeiung eingetroffen sei, und habe ihn von Zarskoje Selo nach

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