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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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Richter gewonnen hätte. Aber Brockdorf mochte alle seine Beredsamkeit und Weisheit aufbieten, er überzeugte mich nicht. Ich behauptete fort und fort in Gegenwart des Großfürsten, daß man nur versuche, Seine kaiserliche Hoheit zu einer himmelschreienden Ungerechtigkeit zu bewegen, indem man ihn zur Ausfertigung eines Haftbefehls gegen einen Menschen aufstachele, gegen den weder eine formelle Anklage, noch eine Beschuldigung vorläge. Auch erklärte ich Brockdorf, daß auf diese Weise der Großfürst ihn gleichfalls zu jeder Stunde einstecken lassen und sagen könnte, Anklagen würden sich schon finden, u.s.w. Ich fügte noch hinzu, der Großfürst müsse sich mehr als jeder andere vor ähnlichen Dingen hüten, weil die Erfahrung ihn bereits auf seine Kosten gelehrt hätte, wozu die Verfolgungen und der Haß der Parteien führen könnten. Noch wären keine zwei Jahre verflossen, seit Seine kaiserliche Hoheit Herrn von Holmer aus seiner Haft entlassen hätte, nachdem man ihn sechs oder acht Jahre im Gefängnis hatte schmachten lassen. Aber es half mir wenig, dies frappante Beispiel zu zitieren. Der Großfürst hörte mir zwar zu, dachte aber, glaube ich, an etwas ganz anderes; Herr von Brockdorf, im tiefsten Innern seines Herzens vollkommen verroht, borniert und hartnäckig wie ein Klotz, ließ mich reden, da er keine Gegengründe mehr vorzubringen wußte. Als ich fort war, soll er zum Großfürsten bemerkt haben, daß alles, was ich gesagt, mir nur die Herrschsucht eingegeben habe; alle Maßnahmen mißbillige ich, die ich nicht selbst angeraten hätte, und ich verstünde gar nichts von Geschäften. Frauen wollten sich eben in allesmischen, aber alles, was sie anfaßten, verdürben sie; besonders tatkräftige Handlungen gingen über ihren Horizont hinaus. Kurz, er gab sich solche Mühe, daß er schließlich doch den Sieg davontrug. Der Großfürst, von ihm überzeugt, ließ den Befehl, Elendsheim zu verhaften, aufsetzen, unterzeichnen und abfertigen. Ein gewisser Zeitz, Sekretär des Großfürsten, der Pechlin beigegeben und der Sohn der Hebamme war, die mich entbunden hatte, benachrichtigte mich davon. Die Partei Pechlins mißbilligte im allgemeinen diese gewaltsame und unzeitige Maßregel, womit Brockdorf sie und ganz Holstein zittern machte. Sobald ich erfuhr, daß Brockdorfs Intrigen über mich und alles, was ich dem Großfürsten vorgestellt hatte, den Sieg davongetragen, faßte ich den festen Entschluß, Brockdorf meine ganze Entrüstung wissen zu lassen. Ich sagte zu Zeitz und Pechlin, daß ich von diesem Augenblicke an Brockdorf wie die Pest fürchtete, die man fliehen müsse. Auf jeden Fall müßte er vom Großfürsten entfernt werden, und ich selbst würde alles aufbieten, was in dieser Angelegenheit in meiner Macht stehe. Und von dieser Zeit an ließ ich bei jeder Gelegenheit die Verachtung und den Abscheu durchblicken, den das Benehmen dieses Menschen mir einflößte. Ich ersparte ihm nichts, womit ich ihn lächerlich machen konnte, und machte gegen niemand ein Geheimnis daraus, wie ich über ihn dachte. Leon Narischkin und andere junge Herren amüsierten sich köstlich darüber und unterstützten mich in meinen Bemühungen. Wenn Brockdorf vorüberging, riefen alle hinter ihm her: Baba ptiza (Pelikan); dies war sein ständiger Spitzname. Der Pelikan war der häßlichste uns bekannte Vogel, und Brockdorf war als Mensch gerade so häßlich, sowohl äußerlich als innerlich. Er war lang und dünn, hatte einen entsetzlich langen Hals und einen dicken, platten Kopf; dazu war er rothaarig und trug eine mächtige Perücke. Seine kleinen Augen lagen tief in ihrenHöhlen, hatten so gut als gar keine Lider und Brauen, und seine Mundwinkel hingen bis zum Kinn hinab, was ihm ein saueres, bösartiges Ansehen verlieh. Hinsichtlich seines Charakters beziehe ich mich nur auf das, was ich bereits über ihn gesagt, füge indes noch hinzu, daß er lasterhaft genug war, um von allen Geld zu nehmen, die ihm welches anboten. Damit aber sein erhabener Herr sich nicht eines Tages über seine Erpressungen beschweren möchte, veranlaßte er ihn, den er stets in Geldverlegenheit wußte, dasselbe zu tun. Auf diese Weise verschaffte er dem Großfürsten so viel Geld als er nur konnte, indem er einem jeden, der dafür klingende Münze bezahlte, holsteinsche Titel und Orden verkaufte. Oder er ließ den Großfürsten Geld verlangen und alle möglichen, oft ungerechte und selbst für das Land drückende Angelegenheiten bei den

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