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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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beschwere, so werde er sich auch über mich beschweren, über meinen Stolz, meine Anmaßung, meine Schlechtigkeit, und Gott weiß worüber noch. Ruhig hörte ich ihn an und antwortete, er könne von mir denken, was er wolle, denn wenn die Sache seiner Frau Tante hinterbracht werde, würde sie gewiß sehr bald entscheiden, ob es nicht das Vernünftigste wäre, Mädchen, die sich schlecht aufführten und durch ihr Hin- und Herreden ihren Neffen und ihre Nichte veruneinigten, fortzujagen. Unzweifelhaft werde Ihre Majestät, um den Frieden zwischen ihm und mir wieder herzustellen und nicht durch Mißhelligkeiten belästigt zu werden, keinen andern Entschluß fassen; sie werde im Gegenteil unfehlbar zu diesem Mittel greifen. Als er mich so reden hörte, kühlte sich seine Wut ein wenig ab, denn argwöhnisch, wie er war, kam er auf den Gedanken, daß ich mehr von den Absichten der Kaiserin betreffs der Mädchen wisse, als ich merken lasse, und diese wirklich wegen des Vorgefallenen entlassen werden könnten. Er begann daher, mich auszufragen. »Sagen Sie, wissen Sie etwas Näheres darüber? Hat man schon davon gesprochen?« – Ich antwortete ihm, daß, wennes erst soweit käme, daß die Angelegenheit vor die Kaiserin gebracht würde, ich nicht zweifelte, daß sie auf eine sehr bündige Weise darüber entscheiden werde. Hierauf ging er nachdenklich im Zimmer auf und ab, wurde allmählich ruhiger und ging endlich halb und halb besänftigt hinaus. Am selben Abend erzählte ich der vernünftigsten unter den Damen die ganze Szene, die ihr unkluges Verhalten gegen mich herbeigeführt hatte, Wort für Wort wieder. Seitdem hüteten sie sich, die Umstände auf die Spitze zu treiben, denn sie mußten gewärtig sein, ihnen zum Opfer zu fallen.
    Im Laufe des Herbstes kehrten wir in die Stadt zurück. Kurz darauf wurde Sir Williams nach England abberufen. Er hatte seinen Zweck in Rußland verfehlt. An dem Tage nach seiner Audienz bei der Kaiserin hatte er einen Allianzvertrag zwischen Rußland und England in Vorschlag gebracht, und Graf Bestuscheff hatte Befehl und Vollmachten, denselben abzuschließen. In der Tat wurde der Vertrag vom Großkanzler unterzeichnet, und der Gesandte war außer sich vor Freude über seinen Erfolg. Tags darauf jedoch zeigte ihm Graf Bestuscheff durch eine Note den Beitritt Rußlands zu der in Versailles unterzeichneten Konvention zwischen Frankreich und Oesterreich an. Dies war ein Donnerschlag für den englischen Gesandten, der in dieser Angelegenheit von dem Großkanzler hintergangen und betrogen worden war; wenigstens schien es so. Allein Bestuscheff war damals nicht mehr Herr seiner Handlungen. Seine Gegner fingen an ihn zu verdrängen und intrigierten, oder vielmehr man intrigierte bei ihnen, um sie zur französisch-österreichischen Partei überzuführen, wozu sie nur allzusehr geneigt waren. Die Schuwaloffs, besonders aber Iwan Iwanowitsch, liebten Frankreich und alles was von dort kam, bis zur Narrheit. Sie wurden hierin durch den Vizekanzler Woronzow bestärkt, dem Ludwig XV. für diesenDienst den Palast, den er eben in Petersburg hatte bauen lassen, mit alten Möbeln ausstattete, die der Marquise von Pompadour, seiner Maitresse, nicht mehr gefielen, und die sie dem König, ihrem Geliebten, mit Profit verkauft hatte. Aber der Vizekanzler hatte außer diesem Vorteil noch einen andern Grund für sein Handeln, nämlich den, das Ansehen seines Nebenbuhlers, des Grafen Bestuscheff, zu schmälern und sich seiner Stelle für Peter Schuwaloff zu versichern. Er dachte ferner daran, das Tabakmonopol in seine Gewalt zu bringen, um dann in Frankreich den Tabak verkaufen zu können.

Achtzehntes Kapitel.
    Rückkehr Poniatowskis nach Rußland als polnischer Gesandter. – Brockdorf und seine Intrigen. – Aussprache mit dem Großfürsten und Brockdorf. – Man verspottet den letzteren. – Meine Ratschläge für den Großfürsten. – Wie Peter III. ein Lügner wurde. – Leon Narischkin soll sich verheiraten. – Die Liebe des Großfürsten zu Madame Teploff ist im Abnehmen. – Elisabeth Woronzow gewinnt von neuem seine Gunst. – Intrigen dagegen.
    Gegen Ende des Jahres 1756 kam Graf Poniatowski nach Petersburg als Minister des Königs von Polen zurück. Während des Winters 1757 war die Lebensweise bei uns dieselbe wie im vorhergehenden: dieselben Konzerte, dieselben Bälle, dieselben Klatschereien. Ich bemerkte bald nach unserer Rückkehr in die Stadt, wo ich die Verhältnisse mehr in der Nähe sah, daß

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