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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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er neuerdings Fingernägel besonders deutlich sieht. Sie will reden und baut auch auf unterbliebenen Antworten weiter.
    »Männer sind das letzte! Die Mehrzahl jedenfalls. Die Angebote jeden Tag... Ein gutes Dutzend. Und von was für Kerlen! Na, ich sage Ihnen...«
    Sie sagt ihm noch mehr, eigentlich alles. Ihr Mann ist auch Taxifahrer, er fährt nachts, sie am Tag, Leben sei das keines, aber was will man machen, die neue Eigentumswohnung und der Wagen müssen abbezahlt werden, alles wird immer teurer, und wenn sie den ganzen Tag gefahren ist, kann sie sich abends noch hinstellen und kochen, putzen, bügeln — die Wohnung ist viel zu groß— und Antibabypillen fressen, die sie dick und fett machen, damit sie nicht auch noch Kinder versorgen muß. Gleichberechtigung gibt’s nur bei den Reichen, beim Volk sieht’s anders aus! Und wie es da aussieht, daran läßt sie keinen Zweifel:
    »Ich möchte auch gern mal tanzen gehen, gepflegt essen, ins Theater, und das sag ich Ihnen: Beim nächsten, der mich einlädt, geh ich mit! Mir steht’s bis hier.«
    Es trifft sich gut, daß der Wagen gerade vors Hotel rollt. Genug jetzt. Keine Eindrücke mehr. Einen Port and Brandy? Später.
    »Guten Abend.«
    Gewohnheitsmäßig wendet sich der Portier nach dem Gruß zum Schlüsselbord. Keine Nachricht, nicht einmal der Schlüssel.
    »Ich hab ihn stecken lassen.«
    Es ist noch früh am Abend, kurz nach sieben. Wieso steht die Zimmertür offen? Er weiß genau, daß er sie zugemacht hat.
    »Guten Abend.«
    Das Mädchen ist es, das nette, ordnet das zerwühlte Bett für die Nacht; auf der, Frühstückshörnchenlehne liegt Andreas Gürtel. Drunten muß auch noch ihr Wagen stehen.
    »Hat der Herr noch einen Wunsch?«
    »Nein, danke.«
    Sie bekommt ein Trinkgeld und schließt die Tür. Innen am Haken hängt der dunkle Anzug.
    Lilly anrufen! später. Alles später.
    Ohne die Hände zu nehmen, zieht er die Schuhe aus, streckt sich auf das frischgemachte Bett.
    Andrea schläft jetzt.
    Rechts in der Ecke über der Tür zum Bad läuft der Stuck in die Wand. Das Telefon klingelt. Dreimal klingelt es, bis er abnimmt. Renate. Eine todmüde Renate. Das war ein schwerer Tag, und morgen geht es weiter. Jede Kleinigkeit ist ein Problem; alles muß man selber machen. Dafür hat er Verständnis; das Geschäft geht vor; sie soll so tun, als wäre er nicht da. Renate freut sich, daß er so vernünftig denkt, sie mag nicht einmal mehr reden. Aber morgen wird sie ihn zum Flughafen bringen. Unbedingt.
    »Wird das nicht zu früh für dich?«
    »Ich muß dich noch mal sehen.«
    Sie wünschen einander eine gute Nacht. Mit Renate gibt es nie Komplikationen.
    Ober der Tür zum Bad läuft der Stuck in die Wand.
    Morgen um die Zeit ist er zu Haus. Er fühlt sich erleichtert und doch schon wieder mies, charakterlich. Er kann doch nicht einfach wegfahren. Aber was soll er machen? In jedem Fall ist sie jetzt gut aufgehoben.
    Feigling! Nein. Nichts mehr hören, niemand mehr sehen! Was essen und morgen weg!
    An der Tür hängt der dunkle Anzug wie eine Telefonmonstranz. Lukas beißt in die Birne auf dem Nachttisch, mit besten Wünschen der Direktion, holt sich den Apparat ins Bett, läßt sich mit der Klinik verbinden, mit der Stationsschwester, und erfahrt, was er sich gewünscht hat.
    »Die Patientin schläft. Es ist alles in Ordnung.«
    Also Lilly anrufen. Er muß sie verständigen. Aber was sagt er ihr? Daß Andrea einen Kreislaufkollaps bekommen hat, in der Klinik liegt und daß sie sich als Mutter um sie kümmern muß? Oder überläßt er die Verständigung der Klinik, sagt nur für den Abend ab, fliegt morgen nicht, sondern kümmert sich selbst um Andrea? Das würde alles nur verschieben, und er käme aus den Komplikationen überhaupt nicht mehr heraus. Frau Gerda meldet sich, er möchte Frau Müller-Passavant sprechen, Frau Gerda bittet, sich einen Augenblick zu gedulden. Die Gnäfrau, stellt sich heraus, sei im Augenblick verhindert, sie erwarte aber, daß Herr Dornberg bestimmt komme. Nicht eben weich landet der Telefonapparat wieder auf dem Nachttisch.
    Jetzt will ich mit dieser Familie endgültig nichts mehr zu tun haben! Meine Schuld. Ich war zu weich. Überall habe ich Erinnerungen gesucht — alberne Sentimentalität. Und Eitelkeit. Was heißt hier Liebe? Die schlafen doch durcheinander wie die Kaninchen. Ich hab ihr den Sugardaddy gemacht; sie hat bekommen, was sie wollte. Ganz die Tochter der Mutter.
    Ein angenehmes Hotel. Im Grill aß der Gast von

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