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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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erkundigte er sich beiläufig, worauf der kochende Wolf gang eine nicht minder fleckige Tischdecke von einem Würfel neben der Tür hob, nachdem er einen elektrischen Dosenöffner und eine Espressomaschine heruntergeräumt hatte. Der Würfel war ein Fernsehapparat ältester Bauart, Geschenk eines Kollegen, leider inzwischen mit defekter Bildröhre auf die teuerste Weise kaputt. Während der kochende Wolfgang die Haushaltsgerätschaft wieder auf den Würfel stapelte, lenkte der ältere ab.
    »Wenn mein Buck erscheint, kaufen wir uns einen neuen!«
    »Du schreibst ein Buch?«
    »Was soll ich sonst, Lukas? Der Kopf ist noch klar, etwas anderes hab ich nicht gelernt. Und daß ich das Schreiben als Plage hinstelle, so modisch-arrogant bin ich auch nicht mehr. Ich schreibe ausgesprochen gern.«
    »Was wird es denn?«
    »Eine Zukunftsvision für Verbraucher. Eine heitere, sofern es bemerkt wird. Mein Professor hat immer gesagt: Wenn du in Deutschland etwas komisch meinst, dann laß es kursiv setzen! Ich halt mich dran! Der Titel steht schon fest: Gesteuerte Genüsse .«
    »Dann können wir ja jetzt zu den reellen übergehen!« rief der jüngere Wolfgang und tischte auf, während der ältere wortlos die Schublade aufzog, Besteck und zwei gerollte Servietten in Ringen aus angelaufenem Silber auf den Tisch legte.
    Es gab Rühreier mit Pommes frites, schon auf dem Teller. Der jüngere Wolfgang füllte die behagliche Verwohntheit mit Eifer, öffnete ein Fenster, damit der Fettgeruch abziehe, räumte eine Pappschachtel voller Putzmittel, Lappen und Bürsten weg, die unter dem Gestell mit der Heizplatte auf einem Hocker stand, zog die Sitzgelegenheit mit dem Fuß zum Tisch, weil sie nur zwei feste Stühle besaßen, band seine Schürze ab, hängte sie über einen Besenstiel, der an einer Schrankflanke lehnte, rückte den Krawattenknoten zurecht, setzte sich, stand wieder auf mit dem Queen-Victoria-Blick der Hausfrau, die den Ihren beleidigt ist, weil sie selbst etwas vergessen hat, ging zu der kombinierten Toilett- und Haushaltskommode, griff aus dem von Haarshampoo bis zum Weinessig gespannten Flaschenangebot mit drei Fingern wie eine Schachfigur eine turmartige Pfeffermühle heraus, nahm den Ketchup von der Seite des Gurgelwassers und stellte sie auf den Tisch.
    Lukas sah sich sitzen als Pommes-frites-Verfolgter, sagte aber nichts, aß die heißen Vierkantbälkchen und nickte dem Küchenchef anerkennend zu. Der ältere Wolfgang streckte in Zeitlupe den Arm nach der Pfeffermühle aus, Lukas griff danach und drehte sie für ihn über den Rühreiern. Sie war aus Teakholz und Messing. Nicht das billigste Modell. Ebensowenig die Pfanne auf der Kochplatte, die neuwertig herüberschimmerte, innen gegen Anbrennen beschichtet. Und von einem der Schränke glänzte vor dem Hintergrund ältester Koffer ein nagelneuer Toaströster.
    Merkwürdige Mischung! Einerseits fehlt’s am Nötigsten, und dann haben sie die modernsten Geräte!
    Schräg stach die Sonne zu den Fenstern herein, machte Staub sichtbar in den Bücherregalen und Flocken in der Ecke am Boden.
    »Wer putzt euch denn?«
    »Der Kleine«, murmelte der Ältere, »ich koche nur Tee und bügle Krawatten. Knöpfe geben wir zum Annähen außer Haus. Sonst sind wir völlig autark.«
    »Er übertreibt, aber er weiß es nicht«, schränkte der Jüngere halblaut ein. »Manchmal kann ich eine Putzfrau aus der Zeitung zum Mitleid überreden. Meist mittwochs, wenn er beim Heilpraktiker seine Kräuterpackung bekommt.«
    Ungehalten reagierte der Ältere auf die Lippenbewegungen. »Sprich lauter! Du weißt, daß Leise für mich eine Fremdsprache ist.«
    Lukas wiederholte das Gesagte, worauf der Ältere den Kopf schüttelte und ab winkte.
    »Hausfrauengeschwätz! Wir kommen zurecht. Was wir nicht schaffen, ignorieren wir, also schaffen wir alles.«
    Ein Blickwechsel mit dem Jüngeren, und wie in einer guten Ehe stand der auf, holte aus der Nachttischschublade eine Kiste Zigarren, einen neuen Abschneider mit Hirschhorngriff, ein nicht weniger neues Tischfeuerzeug und einen Kristallaschenbecher.
    »Bitte.«
    »Danke«, sagte Lukas, »ich rauche nicht mehr.«
    »Gott sei Dank! Das Zeug stinkt so lange nach. Ich hab meine letzte Zigarre geraucht, als ich zum letzten Mal auf der Buchmesse war, und das ist auch schon wieder Jahre her.«
    Während der jüngere Wolfgang abräumte, wog Lukas das Tischfeuerzeug in der Hand.
    »Euer Haushalt ist erstaunlich komplett!« sagte er, worauf sich der ältere

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