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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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war natürlich feinste Ironie. Ja, man wittert einander wieder. Es gibt uns noch! Es wird auch höchste Zeit.«
    Lukas war sprachlos.
    Habe ich die deutsche Sprache verlernt? Gibt es Nuancen, die ich nicht mehr kenne nach zehn Jahren?
    Er trank einen Schluck, wandte sich ab und tat so, als suche er jemand oder habe einen Bekannten entdeckt, dem er prompt entgegenging. Aber das nationale Männchen folgte ihm. Glücklicherweise stand der Veranstalter mit einem zufrieden dreinschauenden Herrn im Weg, spendete schmalen Beifall, als er Lukas sah, mit dem angehängten Dank, immerhin hätten seine Überspitzungen die Diskussion belebt und ihr Profil verliehen. Als Profilverleiher blieb er, sagte etwas Bescheidenes, aber Ausführliches, bis das nicht ins Gespräch einbezogene nationale Männchen weiterging.
    »Ich fand Sie großartig. Sie haben die Branche aus ihrer Selbstzufriedenheit aufgeschreckt«, lobte der zufriedene Herr. »Dieses Manipulieren aus Profitsucht ist ja schizophren. Man kann den Bürger nicht zum verantwortungsbewußten Demokraten hochjubeln und ihn gleichzeitig zum unmündigen Konsumenten degradieren.«
    Beide Hände streckte ihm der zufriedene Herr entgegen (er hatte kein Glas) und bedankte sich überschwenglich. Er sei Unternehmer, einer von den fortschrittlichsten im Lande, sagte der Veranstalter zu Lukas und verschaffte sich mit diesem Lob den Absprung zu anderen Gästen.
    Im weiteren Gespräch der einander Überlassenen stellte sich heraus, daß der zufriedene Herr eine Hunde- und Katzenfutterkonservenfabrik besaß, in der nicht nur Hund und Katz produktionsqualitativ einander gleichgestellt sind, sondern gewinnbeteiligungsmäßig auch der Arbeiter an der Dose und der Angestellte im Büro.
    »Sie haben mich auf eine Idee gebracht«, bekannte der zufriedene Herr. »Man müßte die Werbung revolutionieren, indem man sie abschafft. Das aber — weil es sie ja noch gibt — so spektakulär, daß man tatsächlich ohne auskommt. Darüber würde ich mich gern ausführlich mit Ihnen unterhalten.«
    »Ich bin kein Werbefachmann«, warnte Lukas, »Das ist es ja! Betriebsblinde habe ich genug.« Er zog eine sehr flache, sehr goldene Uhr aus der Westentasche. »Wie lang bleiben Sie hier?«
    So direkt gefragt, mußte er nachdenken.
    »Ich weiß noch nicht.«
    »Vielleicht klappt es. Ich melde mich wieder. Dann essen wir zusammen. Ich mache alle meine Geschäfte beim Essen.« Das liege bei einem Tierfutterhersteller nahe, hätte er antworten können, unterließ es aber und gab dem Zufriedenen seine Karte. Wer weiß, vielleicht könnte er ihm einen Dackel malen? Es muß ja nicht immer ein Männchen sein.
    «Hallo, Herr Dornberg!« sagte jemand hinter ihm. Auf dem Absatz drehte er sich um, so schnell, daß er seinem neuen Gegenüber das Glas aus der Hand geschlagen hätte, wenn es nicht in diesem Augenblick zum Mund geführt worden wäre.
    »Andrea! Was machen Sie denn hier?«
    »Gin Fizz trinken. Sehen Sie doch!« ‘
    »Wie sind Sie denn reingekommen?«
    »Ich komme überall rein, wenn ich will.« Im Hintergrund grinste van der Vleuten.
    »Respekt!« sagte Lukas. »Und was haben Sie sich diesmal Neues einfallen lassen? Sie wollen mir doch nicht sagen, daß Ihre Mutter inzwischen zurückgekommen ist?«
    Sie schüttelte viel dunkles Haar.
    »Was für ein kluger Mann Sie sind! Ich will Sie mitnehmen. Wir sitzen ein bißchen zusammen; Sie kennen ja meine Clique.«
    »Eine hübsche Idee!« fand er. Hier würde er sowieso nicht lange bleiben.
    »Auf was warten wir?« drängte Andrea; er nahm sie an der Hand, im Slalom durch die Gäste.
    »Da sind Sie ja wieder!« Das nationale Männchen hielt inne, als es Andrea sah, und schluckte. »Ihre Tochter?«
    Lukas konnte nicht widerstehen. Freundlich nickte er. Andreas Atem kitzelte sein Ohr.
    »Kommen Sie schon! Weg von diesen Cocktailwürstchen.« Nach allen Mißverständnissen hatte ihre Art etwas Erfrischendes; während sie sich weiter zwischen den Grüppchen hindurchschlängelten, fragte er:
    »Was sagen denn Ihre Freunde, wenn Sie so einen alten Weihnachtsmann mitbringen?«
    Wenn Andrea lachte, sah sie Lilly noch ähnlicher.
    »Der Älteste sind Sie bestimmt. Und auch sonst kein Typ. Viel zu bürgerlich. Aber das ist genau das, was ich will. Was meinen Sie, wie die sich ärgern!«
    »Wer soll sich ärgern?«
    »Na die, die auf mich stehen!«
    »Ach so ist das!«
    »Seien Sie kein Spielverderber! Es heißt doch immer, nur, die Alten hätten Humor.«
    »Wer behauptet denn

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