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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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mich nicht ernst nehmen. Deshalb werde ich Ihnen jetzt eine wahre Geschichte erzählen.«
    »Einverstanden. Dann kann ich inzwischen essen.«
    »Aber hören Sie gut zu!«
    »Ich verspreche es.«
    Sie nahm die von Alfredo geerbten großen Hände vom Tisch, drehte den Kopf zur Seite und begann, so sanft sie konnte:
    »Es war einmal eine reiche Dame der Gesellschaft, die wohnte in einem Traumhaus. Weil aber in der vornehmen Gegend oft eingebrochen wurde, hatte sie sich einen jungen Mann als Haushüter engagiert, denn ihr Gatte, der mächtige Industrielle, weilte viel auf Reisen, und die Hunde, die sie besaß, wären nur Ziertiere. Der junge Mann sah gut aus, war intelligent und nicht nur das. So bahnte sich zwischen der reichen Dame und dem jungen Mann ein Verhältnis an. Sie lebten sinnlich und in Luxus. Eines Tages jedoch war der junge Mann verschwunden. Die reiche Dame weinte, aber nur wenn sie allein war und kein Make-up aufgelegt hatte. Und während sie allein war und weinte, wurde ihr Bauch immer dicker. Glücklicherweise wohnte gleich um die Ecke ein gutaussehender Arzt, bei welchem die Damen der Gesellschaft die Kinder ihrer Liebhaber abtreiben ließen. Bei ihm klopfte die reiche Dame an, und da sie, wie gesagt, sehr reich war, half ihr der Arzt in ihrer Not. Eines Nachts jedoch wurde in seiner Villa eingebrochen, denn der Arzt hatte keinen Haushüter engagiert. Die Diebe stahlen Schmuck, Bargeld und das Kästchen mit der Kundenkartei. Der gewissenhafte Arzt führte nämlich Buch über seine unversteuerten Nebeneinkünfte, mit Namen und genauen Angaben über die Art der Behandlung. Dieses Kästchen geriet seltsamerweise in die Hände der Polizei. Die Damen der Gesellschaft zitterten. Da sie jedoch alle sehr reich wären, gelang es ihnen, dem Kerker zu entgehen. Trotzdem wurde die Geschichte bekannt. Die Zeitungen schwelgten in unfeinen Bemerkungen über die feinen Damen. So erfuhr auch der mächtige Industrielle davon, als er von einer Reise zurückkam. Doch er lächelte stolz, weil er annahm, es habe sich um ein Kind von ihm gehandelt. Da konnte die reiche Dame endlich aufatmen. Und sie lebten weiter, wie man in ihren Kreisen zu leben pflegt: distanziert, elitebewußt und als ob nie etwas gewesen wäre.«
    Lukas hob das Glas, das ihm der Jongleur gerade hinstellte.
    »Sie sollten schreiben, Andrea. Sie sind begabt.«
    Aber das kleine Biest ging nicht auf seinen Ton ein.
    »Ja, ich weiß. Aber noch begabter bin ich im Rechnen. Ich habe mir ausgerechnet, daß das Kind von Ihnen war.«
    »Sparen Sie sich Ihre Phantasie fürs Schreiben auf!«
    »Das ist keine Phantasie, das sind Fakten. Meine Mutter hat es mir selbst bestätigt, als ich ihr’s in der Wut mal auf den Kopf zugesagt hab.«
    »Liebes Kind, Sie steigern sich da in etwas hinein...«
    »Sagen Sie nicht liebes Kind zu mir! Es ist so, wie ich Ihnen erzählt hab. Die Reaktion meiner Mutter war typisch.«
    »Wie denn?«
    »Sie wurde abwechselnd rot und blaß.« Und als sei ihr das selbst nicht genug, sagte sie noch: »Und das, wo man ihr sonst überhaupt nie was anmerkt!«
    »Andrea«, sagte er sehr väterlich, »darauf können Sie Ihre Horrorgeschichte doch nicht aufbauen! Warum wollen Sie denn unbedingt wahrhaben, was Sie sich einbilden?«
    Sie spielte mit dem Glas, sie trank, er sah auf ihre abgebissenen Fingernägel und erinnerte sich. Ihm wäre es recht gewesen, damals, er wünschte sich ein Kind von Lilly, so unsicher war er seiner Sache. Es wäre ein Bub, neun Jahre alt und Andreas Halbbruder.
    »Ist ja auch egal«, sagte Andrea. »Damals hat sie eben Pech gehabt. Es gab ja die Pille noch nicht.«
    Lukas wußte noch immer nicht, ob sie die Wahrheit sagte oder ihm nur einen Schrecken einjagen wollte. Zuzutrauen war ihr beides. Noch ehe er den letzten Löffel zum Mund führte, trat der Jongleur an den Tisch und räumte ab. Andrea bestellte einen zweiten Cuba Libre und kam wieder zur Sache. »Das heißt, so prima ist sie nun auch wieder nicht, die Pille. Erstens wird man dick davon, zweitens frustriert sie die Männer unwahrscheinlich.«
    Ein neues Thema, Gott sei Dank! Beziehungsweise dasselbe Thema, aber ohne Lilly.
    »Schlechte Erfahrungen gemacht?«
    »Na klar. Früher hatten wir immer Angst, daß es passiert; jetzt haben die Männer Angst, wir könnten mehr wollen, als sie können. War vielleicht gar nicht so blöd von der Natur; immer freie Fahrt ist auf die Dauer auch nicht sehr spannend. Ehrlich.«
    Sie holte sich einen Zahnstocher und steckte

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