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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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verlassen, bietet keine Garantie. Denn die meisten werden trotzdem geschnappt.«
    »Ja, aber was dann?« Rachel rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her. »Bitte fahr doch etwas langsamer«, bat sie leise. »Wenn wir in eine Verkehrskontrolle geraten, nehmen sie dir den Führerschein ab.«
    »Na, das ist dann eben so. Dann musst du halt ans Steuer. Du hast doch wohl einen Führerschein, oder?«
    »Klar.«
    »Also dann.« Isabel überholte einen chromblitzenden BMW, in dem lauter dunkelhäutige junge Männer saßen, die ihre Baseballcaps verkehrt herum aufgesetzt hatten.
    »Wir können nicht warten«, fuhr sie fort. »Jetzt kommt das, was ich meine: Wir wissen nicht, was er tun wird, wenn er das Geld bekommt, und wir wissen auch nicht sicher, was er tut, wenn er es nicht bekommt. Deshalb müssen wir ihm die ganze Zeit einen Schritt voraus sein. Wir müssen die Kontrolle haben, nicht er. Verstehst du?«
    Rachel schüttelte so heftig den Kopf, dass Isabel es sehen konnte, obwohl ihre Augen starr geradeaus auf die Fahrbahn gerichtet waren.
    »Nein, ich verstehe gar nichts.«
    Isabel fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Wenn das hier nicht klappte, dann war das ihre Schuld. Dabei hatte sie im Moment das Gefühl, dass alles, was sie sagte oder tat, absolut richtig und zwingend notwendig war.
    »Wenn sich erweist, dass die Adresse, zu der wir gerade fahren, tatsächlich stimmt, dann sind wir dem Schwein viel dichter auf den Fersen, als es ihm lieb sein kann. Damit müssten für ihn die schlimmsten Albträume wahr werden. Er wird dann mit aller Macht in seinem psychopathischen Gehirn die Stelle suchen, wo er einen Fehler gemacht hat. Bei eurem nächsten Schritt wird er deshalb schwer verunsichert sein, verstehst du? Das wird ihn angreifbar machen, und genau das brauchen wir.«
    Sie überholten fünfzehn Autos, ehe Rachel antwortete.
    »Darüber können wir später reden, ja? Im Moment würde ich am liebsten ruhig hier sitzen.«
    Als sie auf der Autobahnbrücke über den Kleinen Belt rasten, warf Isabel einen Blick zu ihr hinüber. Kein Laut kam über Rachels Lippen und trotzdem bewegte sich ihr Mund unablässig. Die Augen hatte sie geschlossen, und ihre Hände umklammerten noch immer das Handy, sodass die Knöchel weiß hervortraten.
    »Du glaubst wirklich an Gott?«, fragte Isabel.
    Eine Weile herrschte Schweigen. Rachel wollte vermutlich erst ihr Gebet beenden, ehe sie die Augen öffnete.
    »Ja, das tue ich. Ich glaube an die Gottesmutter und dass sie da ist, um unglücklichen Müttern wie mir Schutz zu bieten. Deshalb bete ich zu ihr, und ich bin sicher, dass sie mich erhört.«
    Isabel runzelte die Stirn, schwieg aber und nickte nur.
    Alles andere wäre zu gemein gewesen.
     
    Ferslev lag inmitten von Feldern nahe dem Isefjord. Das Dorf strahlte in vielerlei Hinsicht eine unbekümmerte Idylle aus – ein krasser Gegensatz zu dem, was sich ihrer Vermutung nach in irgendeinem Winkel des Orts verbarg.
    Sie näherten sich der fraglichen Adresse, und Isabel merkte, wie ihr Herz schneller schlug. Von weitem schon konnten sie erkennen, dass das Haus hinter den vielen Bäumen von der Straße her kaum zu sehen war. Da packte Rachel Isabel am Arm.
    Rachel war kreidebleich. Unablässig strich sie sich über die Wangen, als wollte sie so den Blutkreislauf in Gang halten. Sie hatte die Lippen fest zusammengepresst und Schweißperlen auf der Stirn.
    »Halt hier an, Isabel«, keuchte sie, als sie zu einer Hecke kamen. Schwerfällig stieg sie aus. Ganz offensichtlich ging es ihr nicht gut. Am Straßengraben fiel sie auf die Knie. Jedes Mal, wenn sie sich erbrach, stöhnte sie laut auf. Das ging so lange, bis der Magen offenbar ganz leer war. In dem Moment, als sie sich wieder aufrichtete, raste ein Mercedes an ihnen vorbei.
    »Bist du in Ordnung?«, fragte Isabel, als könnte sie sich die Antwort nicht selbst geben.
    »So«, sagte Rachel, als sie sich wieder ins Auto setzte und den Mund mit dem Handrücken abwischte. »Und was jetzt?«
    »Wir fahren einfach zum Haus. Er glaubt doch, mein Polizistenbrudersei über alles informiert. Falls das Schwein da oben ist, lässt er die Kinder gehen, sobald er mich sieht. Was anderes traut der sich dann nicht mehr, der wird dann nur noch sehen, dass er wegkommt.«
    »Aber du musst das Auto so parken, dass er nicht das Gefühl hat, wir würden ihm den Weg versperren«, sagte Rachel. »Ansonsten riskieren wir, dass er ausrastet und irgendwas Verzweifeltes tut.«
    »Da irrst du dich, glaube ich.

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