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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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besten«, »Draußen ist’s gut, im Terminal besser« und »Hier gibt’s die besten Brüste«. Das Terminal schloss zwar schon um dreiundzwanzig Uhr, aber die Leute waren bei Hancock-Høker-Bier und Rockmusik in ausgezeichneter Stimmung. Bei den Rahmenbedingungen würde bestimmt noch vorm Zapfenstreich eine anbeißen.
    Er suchte sich eine nicht ganz junge Frau aus, die neben dem Eingang in der Nähe der Spielautomaten saß. Als er hereinkam, hatte sie auf der winzigen Tanzfläche mit schwebenden Armen ganz allein getanzt. Sie war vergleichsweise hübsch und sicher keine ganz leichte Beute. Das hier war eine erfahrene Fischerin. Die wollte einen Mann, auf den sie sich verlassen konnte. Einen, der es wert war, dass sie für den Rest ihres Lebens neben ihm aufwachte. Und sie rechnete nicht damit, ihn hier zu finden. Nach einem anstrengenden Tag war sie mit Kolleginnen ausgegangen. Das war’s. Das sah man schon von weitem.
    Zwei ihrer wohlgeformten Kolleginnen standen in der Raucherecke und kicherten, der Rest hatte sich an die höchst unterschiedlichen Tische verteilt. Vermutlich waren die Damen schon seit einiger Zeit heftig zugange. So wie er sie einschätzte, würden sie ihn schon wenige Stunden später kaum noch beschreiben können.
    Er forderte die Frau zum Tanzen auf, nachdem sie fünf Minuten lang Augenkontakt gehabt hatten. Sie war noch einigermaßen nüchtern. Ein gutes Zeichen.
    »Du kommst nicht von hier, sagst du? Was machst du denn dann in Viborg?«
    Sie roch gut und sah ihm direkt in die Augen. Es war klar, dass sie eine Antwort erwartete. Vermutlich sollte er ihr sagen, dass er verhältnismäßig oft in die Stadt käme. Dass ihm Viborg gut gefiele. Dass er gebildet und Single sei. Also sagteer es. In aller Ruhe und in der richtigen Reihenfolge. Er hätte ihr sonst was erzählt, Hauptsache es tat seine Wirkung.
    Zwei Stunden später lagen sie bei ihr zu Hause im Bett. Sie über die Maßen befriedigt, er wohl wissend, dass er hier ein paar Wochen wohnen konnte, ohne dass sie ihm mit allzu vielen Fragen käme. Außer den üblichen natürlich: Magst du mich wirklich, liebst du mich, willst du mich? Das ganze Programm.
    Er achtete darauf, ihre Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben. Spielte den Verlegenen, sodass sie seine gelegentlich ausweichenden oder zögerlichen Antworten leicht seiner Schüchternheit zuschreiben konnte.
    Um halb sechs am nächsten Morgen wachte er planmäßig auf, machte sich fertig, durchwühlte diskret ihre Sachen und fand eine Menge über sie heraus, noch bevor sie sich zu räkeln begann. Geschieden, wie er bereits wusste. Hatte erwachsene Kinder, die längst ausgezogen waren, und einen guten Job in der Verwaltung, wohl ein bisschen weiter oben angesiedelt, der ihr hoffentlich alle Energie raubte. Sie war zweiundfünfzig und gerade mehr als bereit, ihr Leben ins Märchenland zu verlagern.
    Bevor er ein Tablett mit Kaffee und Toast neben sie aufs Bett stellte, zog er die Gardine auf, sodass ihr Blick sofort auf sein ausgeruhtes Lächeln fallen konnte.
    Sie schmiegte sich dicht an ihn. Zärtlich, ergeben und sanft lächelnd. Sie streichelte seine Wange und wollte seine Narbe küssen. Aber so weit kam sie nicht, denn er hob ihr Kinn und stellte ihr die Frage: »Soll ich mich im Hotel Palads einmieten oder heute Abend wieder zu dir kommen?«
    Die Antwort lag auf der Hand. Sie verriet ihm, wo der Schlüssel lag, und drückte sich noch einmal zärtlich an ihn. Dann schlenderte er zum Lieferwagen und fuhr davon.
     
    Er hatte sich eine Familie ausgesucht, die das Lösegeld von einer Million, das er immer verlangte, schnell würde bezahlenkönnen. Vielleicht würde man ein paar Aktien verkaufen müssen, auch wenn dafür gerade nicht der günstigste Zeitpunkt war. Aber selbst dann würde sich die Familie noch gutstehen. Natürlich hatte die Finanzkrise es auch für ihn schwerer gemacht, auf anständige Lösegeldsummen zu kommen. Aber er wählte seine Opfer sorgfältig aus, und bisher hatte er noch immer einen Weg gefunden. Auch diesmal schätzte er es so ein, dass die Familie sowohl die Möglichkeiten als auch den Willen hatte, seinen Forderungen zu entsprechen, und zwar diskret.
    Inzwischen wusste er schon recht viel über sie. Er hatte ihre Gemeinde besucht und sich nach den Gottesdiensten mit den Eltern unterhalten. Wusste, wie lange sie schon Mitglieder der Sekte waren, wie ihr Vermögen entstanden war, wie ihre Kinder hießen, und in groben Zügen wusste er auch über ihren Tagesablauf

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