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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Abend würde sicher nett.
    Er schloss die Augen. Er hatte noch keine zehn Sekunden so gesessen, da stand Assad vor ihm.
    »Ich hab da was gefunden, Carl. Komm mal mit und sieh es dir an. Gleich hier draußen an der Wand.«
    Mit dem Gleichgewichtssinn passiert etwas Merkwürdiges, wenn man sich nur wenige Sekunden vollkommen aus der Welt entfernt hat, stellte Carl fest und lehnte sich benommen an die Mauer im Flur. Assad deutete stolz auf eine der Akten oben an der Wand.
    Carl zwang sich zurück in die Realität. »Sag das noch mal, Assad. Ich hab gerade an was anderes gedacht.«
    »Ich hab mich nur gefragt, ob der Chef der Mordkommission bei all diesen Bränden in Kopenhagen nicht mal ein bisschen an diesen Fall hier denken sollte.«
    Carl spürte nach, ob seine Beine noch wackelig waren, dann trat er näher zur Wand, wo Assad seinen Zeigefinger auf einen Fall gepflanzt hatte. Die Geschichte war vierzehn Jahre alt. Es handelte sich um einen Brand mit Leichenfund, möglicherweise Brandstiftung, in Rødovre, ganz in der Nähe des Damhus-Sees. Die Leiche war durch das Feuer so zerstört, dass sich weder Todeszeitpunkt noch Geschlecht oder DNA ermitteln ließen. Und die Sache wurde auch nicht weniger kompliziert dadurch, dass keine vermissten Personen zu dem Leichenfund passten. Man hatte den Fall schließlich zu den Akten gelegt. Carl erinnerte sich sehr gut daran. Es war einer von Antonsens Fällen gewesen.
    »Warum glaubst du, das könnte mit den verheerenden aktuellen Bränden zu tun haben?«
    »Heer?«
    »Die Brände, die derzeit so viel Schaden anrichten und Menschenleben kosten.«
    »Deshalb!« Assad deutete auf eine Detailaufnahme der Skelettreste. »Diese runde Vertiefung an seinem Kleinfingerknochen. Dazu steht da auch was drin.« Er nahm die Aktenmappevon der Pinnwand und schlug die entsprechende Seite des Berichts auf. »Hier ist es beschrieben: ›Als hätte dort jahrelang ein Ring gesessen‹, steht da. Eine Vertiefung ringsum.«
    »Und?«
    »Na, der Kleinfinger, Carl.«
    »Ja, und?«
    »Als ich oben im Dezernat A war, fehlte dem ersten Brandopfer der komplette Kleinfinger.«
    »Okay. Das heißt übrigens kleiner Finger. Zwei Wörter, Assad.«
    »Ja, und beim nächsten Brand hatte die Leiche, die man fand, eine Vertiefung am kleinen Finger. Genau wie hier.«
    Carl merkte, wie sich seine Augenbrauen beträchtlich nach oben bewegten.
    »Ich finde, du solltest in den zweiten Stock raufgehen und unserm Chef erzählen, was du mir gerade gesagt hast, Assad.«
    Der strahlte übers ganze Gesicht. »Ich hätte das gar nicht gesehen, wenn das Foto nicht die ganze Zeit in Nasenhöhe an der Wand gehangen hätte. Gut, oder?«
     
    Es schien fast so, als hätte Roses undurchdringlicher Panzer aus punkerschwarzer Arroganz durch die neue Aufgabe einen klitzekleinen Riss bekommen. Jedenfalls knallte sie nicht gleich wie üblich das Dokument auf Carls Schreibtisch. Diesmal nahm sie erst den Aschenbecher weg und legte den Brief dann vorsichtig, fast ehrerbietig auf die Tischplatte.
    »Man kann nicht sehr viel lesen«, sagte sie. »Das ist offenbar mit Blut geschrieben, und das Blut ist vom Kondenswasser verschmiert und dann vom Papier aufgesaugt worden. Außerdem ist die Schrift ziemlich unbeholfen und krakelig. Bei dem ersten Wort besteht allerdings kein Zweifel: Da steht ›Hilfe‹, klar und deutlich.«
    Widerstrebend lehnte Carl sich vor und betrachtete die Reste der Druckbuchstaben. Vielleicht war das Papier einmal weißgewesen, jetzt war es jedenfalls braun. An mehreren Stellen fehlten am Rand kleine Stücke. Vermutlich waren die verschwunden, als man den Brief nach seiner Bergung aus dem Meer auseinandergefaltet hatte.
    »Welche Untersuchungen haben die denn schon durchgeführt, steht dazu was im Begleitschreiben? Und wann?«
    »Die haben die Flasche in der Nähe der Orkneys gefunden. Sie hing in einem Fischernetz. Das war 2002, steht da.«
    »2002? Da haben sie sich ja nicht gerade überschlagen, das Ding weiterzugeben.«
    »Die Flasche hat auf einer Fensterbank gestanden und war in Vergessenheit geraten. Wahrscheinlich hat sich deshalb so viel Kondenswasser gebildet. Sie hat direkt in der Sonne gestanden.«
    »Die saufen zu viel, die Schotten«, brummte Carl.
    »Ein ziemlich unbrauchbares DN A-Profil ist beigelegt. Und ein paar Ultraviolett-Fotos. Die haben versucht, den Brief so gut es ging zu präparieren. Und da. Das ist ein Versuch, den Text zu rekonstruieren. Ein bisschen was kann man tatsächlich

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