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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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Termin, da muss ich präsentabel aussehen.«
    Er strich sich über eine Schläfe. Doch ja, das sah frisch geschnitten aus. Aber sobald sie hier fertig waren, mussten sie das mit dem Frisör überprüfen.
    »René Henriksen, ich möchte, dass Sie sich dort drüben in der Ecke an den weißen Tisch setzen. Wir müssen uns vielleicht später noch mal unterhalten.«
    Der Mann nickte und sagte, natürlich wäre er gern behilflich.
    Das sagten fast alle, wenn sie mit der Polizei redeten.
    Dann gab Carl Assad einen Wink, ihm den Mann im blauen Blazer rüberzuschicken. Sie hatten keine Zeit zu verschwenden.
     
    Dieser Mann wirkte nun überhaupt nicht wie ein Frührentner. Die Schultern füllten das Jackett aus, und das lag nicht nur an den Schulterpolstern, die verdammt an die Achtzigerjahre erinnerten. Er hatte markante Gesichtszüge, und die gesamte Kiefermuskulatur spielte, wenn er sein Kaugummi kaute. Breiter Kopf. Kräftige, etwas zusammengewachsene Augenbrauen. Kurz geschnittenes Haar. Etwas vorgebeugter Gang. Ein Mann, der sicher mehr als ein Eisen im Feuer hatte. Hinter dem garantiert mehr steckte, als auf den ersten Blick ersichtlich war.
    Er roch neutral, aber gut. Dafür hielt er den Blickkontakt nicht so gut. Und er hatte dunkle Ränder unter den Augen, die den Augenabstand geringer wirken ließen, als er war.
    Auf jeden Fall ein Profil, das einen zweiten, näheren Blick lohnte.
    Als Svend sich setzte, nickte er René Henriksen in der Ecke zu.
    Das wirkte in gewisser Weise tatsächlich herzlich.

46
    Als ihm bewusst wurde, dass er seine Gefühle enorm gut kontrollieren konnte, war er noch gar nicht so alt. Ihm war einfach nicht anzumerken, wie es ihm tatsächlich ging, das wusste er.
    Diese Fähigkeit zur Undurchdringlichkeit hatte er im Pfarrhaus entwickelt. Denn dort lebte man nicht im Lichte Gottes, sondern in seinem Schatten. Und Gefühle wurden dort meist verkehrt gedeutet. Freude wurde mit Oberflächlichkeit verwechselt, Wut mit Unwillen oder Trotz. Und jedes Mal, wenn er falsch interpretiert worden war, wurde er bestraft. Deshalb behielt er seine Gefühle für sich. Das war am besten für ihn.
    Und es hatte ihm seither geholfen – wann immer er sich ungerecht behandelt fühlte, wann immer ihm Enttäuschungen zusetzten.
    Und auch jetzt half es ihm, ja, es war seine Rettung.
    Als er die beiden Polizisten kommen sah, war das ein Schock gewesen. Ein echter Schock. Aber das zeigte er nicht.
    Sie fielen ihm sofort auf, als sie auf die Empfangstheke zugingen. Mit Sicherheit waren das die beiden Männer, die sich vor dem Aufzug im Rigshospital mit Isabels Bruder unterhalten hatten. Dieses ungleiche Paar vergaß man nicht so schnell.
    Die Frage war nur, ob sie ihn auch wiedererkannten.
    Er glaubte es nicht. Sonst wären sie ihm mit ihren Fragen sehr viel mehr auf die Pelle gerückt. Und der Polizist hätte ihn wohl auch ganz anders angeschaut.
    Er sah sich um. Sollte sich die Situation zuspitzen, gab es zwei Wege nach draußen. Entweder über den Maschinenraumzur Hintertür und dort die Feuertreppe nach oben, vorbei an dem Stuhl ohne Beine, den jemand dort hingestellt hatte, um zu signalisieren, dass das der falsche Weg sei. Lachhaft.
    Oder man spazierte direkt an diesem Polizeiassistenten vorbei. Die Toiletten lagen zwischen der Empfangstheke und dem Ausgang. Was wäre also natürlicher, als in diese Richtung zu gehen?
    Aber dann würde der dunkle Mann sehen, dass er an den Toilettentüren vorbeiging. Und er müsste sein Auto zurücklassen, denn das hatte er wie immer etwas weiter weg im Parkhaus am Ro’s Torv abgestellt. Dann würde ihm die Zeit nicht reichen, um aus dem Parkhaus rauszufahren. Sie würden ihm den Weg abschneiden.
    Nein, wenn er sich für diese Lösung entschied, müsste er sein Auto stehen lassen und loslaufen. Aber obwohl er in seiner Stadt natürlich viele Abkürzungen kannte, war nicht gesagt, dass er auch schnell genug war.
    Am besten wäre es, wenn sich die Aufmerksamkeit nicht auf ihn, sondern auf jemand anderen richtete. Das hieß: Wollte er entkommen und gleichzeitig die Situation beherrschen, musste er zu radikaleren Mitteln greifen. Denn mit diesen beiden Polizisten war garantiert nicht zu spaßen, die waren clever. Der Teufel mochte wissen, wie sie ihm auf die Schliche gekommen waren.
    Ganz eindeutig verdächtigten sie ihn. Warum hätten sie sonst nach dem Mercedes gefragt? Oder seinen Sangeskünsten? Und gleich zweimal nach der Handelsregisternummer der Aktiengesellschaft, die er

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