Erlösung
entscheiden, ob der Name arabisch oder englisch sein soll, aber zu Ihrer Information, vorläufig heißt die Gesellschaft 773 PB 55.«
Carl nickte.
»Wie viele Ihrer Mannschaftskollegen fahren außer Ihnen einen Mercedes?«
»Wer behauptet, ich hätte einen Mercedes?« Er schüttelte den Kopf. »Meines Wissens fährt nur Svend einen, aber an sich kommt er immer zu Fuß hierher. Er hat es nicht so weit.«
»Woher wissen Sie, dass Svend einen Mercedes hat? Lars und Jonas sagten, dass die Gruppe immer mit ihnen im V W-Bus fährt.«
»Vollkommen richtig. Aber Svend und ich, wir treffen uns auch privat. Na, vielleicht sollte ich besser sagen: trafen. Denn in den letzten zwei, drei Jahren bin ich nicht mehr bei ihm gewesen, Sie verstehen wohl, warum. Aber früher schon. Und er hat seitdem bestimmt nicht das Auto gewechselt. Jedenfallsnicht, dass ich wüsste. Frührentner haben nicht so viel, um auf die Pauke zu hauen.«
»Was meinen Sie mit der Bemerkung ›Sie verstehen wohl, warum‹?«
»Na, seine Reisen nach Thailand. Um die geht es doch, oder nicht?«
Das klang wie ein Ablenkungsmanöver. »Was für Reisen? Ich komme nicht von der Drogenfahndung, falls Sie das annehmen.«
Der Mann sah jetzt aus, als würde er in sich zusammenfallen. Aber das konnte auch geschicktes Spiel sein.
»Drogen? Nein, darum geht’s doch nicht«, sagte er. »Ach verdammt, durch mich soll er doch nicht in die Bredouille kommen. Bestimmt liegt es an mir, ich vermute was Falsches.«
»Würden Sie bitte so freundlich sein und mir ohne Umschweife sagen, was Sie vermuten? Ansonsten muss ich Sie zur Vernehmung ins Präsidium mitnehmen.«
René Henriksen zog den Kopf zurück. »Um Himmels willen, nein. Ich meine nur, dass Svend mir gegenüber mal zugegeben hat, was er in Thailand macht. Dass er einheimische Frauen organisiert, die den Transport von Babys nach Deutschland begleiten. Kinder, die von ausgewählten kinderlosen Paaren adoptiert werden. Er kümmert sich um den ganzen Papierkram und ist überzeugt davon, eine gute Tat zu vollbringen. Aber ich glaube nicht, dass er es so genau damit nimmt, woher die Babys kommen. Nur das meine ich.« Er machte eine Geste mit dem Kopf. »Svend ist ein guter Bowlingspieler, insofern ist es okay, mit ihm zu spielen. Aber seit ich das mit den Kindern weiß, bin ich nicht mehr bei ihm zu Hause gewesen.«
Carl blickte hinüber zu dem Mann mit dem blauen Blazer. Wo Rauch ist, ist auch Feuer. Benutzte dieser Svend vielleicht die Rauchschwaden, um den Blick auf ganz andere Dinge zu verschleiern? Durchaus möglich. Halte dich dicht an die Wahrheit, aber nicht zu dicht, so lautete der Kodex dermeisten Kriminellen. Vielleicht fuhr er überhaupt nicht nach Thailand. Vielleicht war er der Entführer, der seinen Bowlingkumpeln gegenüber ein Alibi brauchte, während er seiner widerwärtigen Tätigkeit nachging?
»Wissen Sie, wer in Ihrer Mannschaft gut oder schlecht singt?«
Da kippte der Mann abrupt vornüber und lachte. »Nein, wir singen eher weniger.«
»Und Sie selbst?«
»Danke, ich bin ein recht guter Sänger. Früher hatte ich dazu öfter Gelegenheit, als Messdiener in der Kirche von Fløng. Ich hab dort auch im Kirchenchor gesungen. Möchten Sie eine Gesangsprobe hören?«
»Nein, danke. Wie steht es mit Svend, ist der ein guter Sänger?«
Er schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung. Aber sagen Sie, sind Sie aus dem Grund gekommen?«
Carl versuchte ein Lächeln. »Hat einer von Ihnen sichtbare Narben? Wissen Sie das?«
Der Mann zuckte die Achseln. Nein, Carl konnte ihn noch nicht freisprechen. Das konnte er einfach nicht.
»Können Sie sich ausweisen? Haben Sie irgendetwas bei sich, woraus Ihre Personennummer hervorgeht?«
Er antwortete nicht. Griff nur in die Tasche und zog eines dieser Teile heraus, das ausschließlich kleine Plastikkarten enthielt. Lars Bjørn hatte auch so was. Bestimmt ein Statussymbol, was wusste er denn.
Carl schrieb die Personennummer auf. Vierundvierzig Jahre alt. Das passte.
»Würden Sie mir bitte noch mal sagen, wie Ihre neue Firma heißt?«
»773 PB 55. Warum?«
Carl zuckte die Achseln. Hätte er selbst einen so irrsinnigen Namen ins Blaue hinein gesagt, dann hätte er ihn schon zweiMinuten später wieder vergessen. Vermutlich stimmte das also.
»Noch ein Letztes. Was haben Sie heute zwischen fünfzehn und sechzehn Uhr gemacht?«
Er überlegte.
»Zwischen drei und vier. Da war ich beim Frisör in der Allehelgensgade. Morgen habe ich einen wichtigen
Weitere Kostenlose Bücher