Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
sein, das war in Rom, irgendwann um das Jahr 120 herum.«
Es sah von seinen Papieren auf. Dann erzählte er, dass die Presse allem Anschein nach Wind von der Sache bekommen hatte und wachsendes Interesse zeigte. Und dass es vermutlich an der Zeit war, sie ins Boot zu holen.
»Wir können die Hilfe der Medien brauchen. Sie bombardieren mich schon seit unserer Ankunft hier mit ihren Anrufen. Auch in unserem Hotel haben sich einige einquartiert. Bis auf Weiteres konnten sie noch nicht viel schreiben, aber jetzt habe ich für morgen früh eine Pressekonferenz anberaumt. Wir brauchen die Hilfe der Öffentlichkeit, um herauszufinden, wo das Opfer seine letzten Nächte verbracht hat. Wer hat ihn gesehen?«
Er wandte sich der Tafel mit dem Bild von Esad Nuhanovic zu. Roland seufzte laut und fluchte innerlich, dass die Kolding-Spur ins Leere führte. Dann wandte er sich an Lind, um Genaueres über die Durchsuchung des Hauses und die Praxis des Toten zu erfahren.
»Wir haben etwas gefunden, das interessant sein könnte«, sagte Lange, und Rolands Erleichterung war im ganzen Raum beinahe physisch zu spüren.
»Das komplette Leben dieses Mannes lag vor uns ausgebreitet. Seine Bücher, seine Briefe, seine Fotografien und seine Gedichte. «
»Gedichte?«, fragte Roland.
Lind zuckte mit den Schultern.
»Allem Anschein nach hat er Gedichte geschrieben. Wir haben ein ganzes Buch damit gefunden.«
»Mein Gott …«
In Roland steckte viel, aber ganz sicher kein Künstler.
»Was sonst noch?«
»Wir haben seine Kleider, Schuhe, Hemden, Angelausrüstung, seine medizinischen Sachen, seine Gemälde und seine Papiere gesichtet. Alles war dort, wo man es vermuten würde. Doktor Nuhanovic war ein Mann der Ordnung.«
Roland und Liv nickten. Das war ihnen schon tags zuvor in der Praxis des Ermordeten aufgefallen.
»Was habt ihr sonst noch gefunden? Drogen?«
Linds Gesichtsausdruck veränderte sich.
»Woher weißt du das?«
Roland lächelte. Seine Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass bei Ärzten, mit denen irgendetwas nicht stimmte, häufig Drogen im Spiel waren.
»Ein Arzt wird kein Schmuggler, aber er kann durchaus drogenabhängig werden«, sagte er. »Es gibt unter Ärzten, Krankenschwestern und Pflegern unglaublich viele Drogenabhängige. Hat er selbst welche genommen?«
Lind zuckte mit den Schultern und sagte, dass es dafür keine konkreten Spuren gäbe. Aber Doktor Nuhanovic hatte über seine Arbeit auf jeden Fall Zugang zu Kanülen, so dass es nicht auszuschließen war.
»Wir müssen die Obduktion abwarten«, sagte er.
»Kriegserinnerungen«, fuhr Roland fort. »Nach dem Tod seiner Frau ist er sicher durch die Hölle gegangen. Vielleicht konnte er weder essen noch trinken und hat sich selbst mit Beruhigungsmitteln behandelt. Das wäre doch denkbar, oder?«
Roland sah dankbar zu Anette hinüber, die ihm mit einem leichten Nicken Recht gab.
»Das ist wirklich gut möglich«, sagte sie.
Roland sah zufrieden aus und fragte, was für einen Stoff sie denn nun gefunden hätten.
»Morphin«, antwortete Lind.
Roland schnippte mit den Fingern.
»Da seht ihr’s«, sagte er äußerst zufrieden mit sich selbst.
Lind nahm ihm ein wenig den Wind aus den Segeln, als er hinzufügte, dass das noch nicht die Frage beantworte, warum sie derart große Mengen davon gefunden hätten. Für ihn selbst oder für eine Arztpraxis auf jeden Fall viel zu viel. So viel, dass Lind sich unweigerlich die Frage hatte stellen müssen, ob der Arzt nicht auch dealte.
Roland setzte sich auf den Rand des Tisches und schaute in die Runde.
»Das ist wirklich eine gute Frage«, sagte er schließlich. »Ein Arzt – warum sollte er das tun?«
Eine lange Stille breitete sich aus, bis Roland sie auf seine übliche, forsche Weise brach.
»Der Tote ist also Albino, Flüchtling, Arzt, Vater und hat mit Drogen zu tun … und in seiner Freizeit malt und dichtet er«, fügte er hinzu, während er aufstand und in einer gleitenden Bewegung an die Tafel trat. Kurz darauf stand unter seinem Namen das Wort Morphin. Dann fuhr er fort: »Vielleicht hat er mit Morphin gedealt, vielleicht nicht. Wie auch immer wissen wir noch viel zu wenig darüber, was er in den letzten Tagen vor seinem Tod gemacht hat. Sein Sohn hat ihn am Freitag, den 6. Februar etwa gegen 18 Uhr zum letzten Mal gesehen. Da hat sein Vater ihm mitgeteilt, dass er zu einem Ärztekongress nach Kolding fährt, wo er aber nie angekommen ist.«
Roland legte mehr Gewicht in seine Stimme.
»Jemand muss ihn
Weitere Kostenlose Bücher