Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
zu Safet, der in der Tür stand und ihnen zusah.
»Es ist wichtig, dass Sie das verstehen, Safet. Ermittlungen wie diese gehen immer erst in alle Richtungen. Wir müssen allen Spuren folgen und dürfen nichts außer Acht lassen. Wir wollen ja nicht, dass etwas verloren geht. Wir müssen Sie deshalb bitten, das Haus zu verlassen und jetzt gleich mit zu Doktor Andersen zu gehen, ohne noch irgendetwas anzufassen. Wir schicken dann unsere Leute, die alles auf eventuelle Spuren untersuchen. Das heißt, dass wir gezwungen sein werden, auch alle Dinge hier im Büro Ihres Vaters zu durchsuchen. Einiges davon werden wir wohl auch mitnehmen müssen. Natürlich beantragen wir einen Durchsuchungsbeschluss, damit alles seine Ordnung hat.
Roland durchsuchte seine Taschen und fand einen großen Aufkleber, auf dem »Kein Zutritt, Polizei«, stand.
»Ich versiegele das Büro jetzt, der Sicherheit halber«, sagte er und drückte den Aufkleber auf den Türspalt. »Wenn jemand die Tür öffnet, muss er das Siegel abnehmen oder kaputt machen.«
»Moment mal?«, kam es hinter ihm von Safet.
Roland drehte sich um.
»Verdächtigen Sie mich etwa?«, fragte der Junge.
»In dieser Phase einer Ermittlung ist jeder verdächtig oder niemand, wenn Sie so wollen«, sagte Roland, wie er es schon so oft zuvor gesagt hatte.
»Hätte dann nicht eben bei dem Verhör ein Anwalt an seiner Seite sein sollen?«, fragte Doktor Andersen, der sich die ganze Zeit über ein paar Schritte im Hintergrund gehalten, aber alles mitbekommen hatte. Liv konnte nicht einschätzen, ob seine Äußerung bloß einem übermäßigen Beschützerinstinkt für den Sohn entsprang, den er nie bekommen hatte, oder ob es tiefere Gründe dafür gab.
»Wenn Sie nichts zu verbergen haben, kann Ihnen das, was Sie gesagt haben, doch nicht schaden«, sagte Liv und wusste, dass das gelogen war. Auch Roland war sich darüber im Klaren, das entnahm sie dem Blick, den er ihr zuwarf.
»Aber Sie können etwas tun, um uns zu helfen«, sagte Roland. »Wir wissen noch nicht genau, wann Ihr Vater ermordet worden ist. Wenn Sie sich noch einmal Gedanken machen könnten, wo Sie sich von Freitag bis Mittwoch aufgehalten haben, würde uns das helfen, Sie von jedem Verdacht freizusprechen.«
»Sie wollen ein Alibi?«, sagte Safet.
»Genau.«
»Tja, ich war in der Schule, auf der Arbeit und sonst wohl die meiste Zeit in meinem Zimmer oder unten in unserem Trainingsraum im Keller. Bis auf Freitag, da war ein Kumpel hier, mit dem ich Warhammer gespielt habe.«
Liv nickte.
»Kann jemand bestätigen, dass Sie ab Freitagabend hier zu Hause waren?«
»Marie.«
»Wer?«
»Unsere Haushaltshilfe. Sie kommt jeden Werktag. Soll ich sie gleich anrufen, damit Sie mit ihr reden können?«
»Das wird nicht nötig sein, danke. Sie hören von uns«, sagte Liv. »Wir möchten Ihnen wirklich noch einmal unser Beileid aussprechen. Gibt es irgendetwas, das wir für Sie tun können?«
Safet schien sich in sich zurückzuziehen, und Liv zweifelte daran, dass er ihre Frage überhaupt verstanden hatte. Doktor Andersen trat hinter ihn und legte ihm die Hand in den Nacken.
»Ich komme schon zurecht«, sagte der Junge nach einer Weile.
Roland holte seine Jacke aus dem Wohnzimmer, wo er sie abgelegt hatte, und ging gemeinsam mit Liv zur Haustür. Sie hatten jetzt den größten Teil des Hauses gesehen, doch an keiner der Wände, weder im Flur noch im Wohnzimmer oder in der Praxis hing auch nur ein Foto. Nicht einmal am Kühlschrank in der Küche. Nichts, aber auch gar nichts wies in diesem Haus darauf hin, dass diese Menschen eine Familie waren. Irgendwie störte das Liv. Sie hatte sich angewöhnt, die Wohnung von Toten so genau zu studieren wie andere die Gemälde in Louisiana. Sie suchte nach versteckten Motiven. Und an diesem Ort stimmte definitiv etwas nicht.
»Was meinst du«, fragte Roland, als sie wieder in seinem Dienstwagen saßen und Liv sich eine weitere Zigarette anzündete. Roland ließ beide Fenster herunter. Sie saßen einen Moment schweigend da und verdauten das Gespräch. Dann schüttelte sie seufzend den Kopf.
»Verdammt!«
Sie schlug mit der flachen Hand auf das Armaturenbrett.
Roland verstand ihre Reaktion. Er hatte das gleiche Bauchgefühl, behielt es aber für sich, statt es wie Liv herauszulassen. Er starrte durch die Windschutzscheibe auf eine Katze, die über den Schotter schlich. Als er den Motor anließ, drehte sie abrupt den Kopf und erinnerte ihn etwas an Safet. Das Visier
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