Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
er das letzte Mal hier war?«, fragte sie.
Die Barkeeperin lachte.
»Ja, das vergesse ich auch nicht so schnell.«
»Warum?«, fragte Liv.
»Irgendetwas lief komplett schief an diesem Abend.«
»Wieso?«
»Er muss die Mädchen wirklich angepisst haben, denn die hätten ihm am liebsten den Kopf abgerissen. Eine hat es auch wirklich versucht. Jedenfalls sah es so aus.«
»Können Sie sie beschreiben? Wie alt waren die Mädchen?«
»Na ja, es waren eher Frauen. So um die 40, ungefähr.«
Liv machte sich Notizen.
»Wie sahen sie aus?«
Die Barkeeperin starrte ein paar Sekunden lang nachdenklich in die Luft, als müsse sie den Film zurückspulen, bevor sie eine Beschreibung liefern konnte. »Nicht besonders groß. Die eine hatte blonde, dünne Haare, leicht angeklatscht, ein bisschen strähnig, die hatte dringend einen Schnitt nötig. Sie trug eine Jeans und eine schwarze Bluse und sah nicht gerade wie jemand aus, der ausgehen wollte. Und sie hatte sich ein Tuch um die Schultern geschlagen. So ein großes gelbes.«
»Einen Schal?«, fragte Liv, und die Barkeeperin nickte und bestätigte, dass man das wohl so nennen könne.
»Und die andere?«
»Die hatte rote Haare, aber nicht echt, die waren mit Henna gefärbt.«
»Kurz oder lang?«, fragte Liv und klappte ein Blatt auf ihrem Notizblock um, während die Barkeeperin die Frisur der anderen Frau als kurz geschnitten und lockig beschrieb.
»Sie hatte ein langes Kleid an, mit Blumen, glaube ich. Aber da bin ich mir nicht ganz sicher. Aber eine Sache ist klar. Sie unterschieden sich ganz eindeutig von den Leuten, die sonst hierherkommen.«
Es hörte sich ganz danach an.
»Und wie sehen die aus? Jugendliche auf Ecstasy?«, fragte Liv sarkastisch.
Sie konnte es nicht lassen. Sie selbst hatte an Orten wie diesem verkehrt, als sie zehn, fünfzehn Jahre jünger gewesen war. Da waren die kleinen, bunten Pillen gerade der Hit gewesen und an allen Ecken verkauft worden. Es hatte sich nicht viel verändert, das wusste sie, während die Barkeeperin mit einem schlecht versteckten Lächeln antwortete:
»So in etwa, ja.«
Liv warf noch einmal einen Blick auf ihre Notizen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die beiden kleinen Frauen den kräftig gebauten Esad Nuhanovic umgebracht und zerstückelt hatten, aber wie es derzeit aussah, waren sie die Letzten, die ihn lebendig gesehen hatten.
»Sie sagten, er habe sie ›angepisst‹? Wie meinen Sie das?«, fragte sie.
Es war kurz vor dem großen Ansturm um Mitternacht passiert. Bis dahin hatten sie hinter der Bar nichts zu tun gehabt, also hatten sie sich damit beschäftigt, den Albino und seine beiden Frauen zu beobachten.
»Wer ist wir?«, unterbrach Liv ihre Erzählung und bekam zur Antwort, dass auch ihr Kollege Frederik dabei gewesen sei.
»Sie haben dagesessen und wie immer leise miteinander gesprochen, von denen war eigentlich nie etwas zu hören, bis sie plötzlich richtig laut geworden sind. Also, die Frauen. Er hat sie beruhigt und für eine Weile waren sie auch still, aber dann hat die Rothaarige erneut zu schreien begonnen und auf ihn eingeschlagen«, sagte die Barkeeperin und beschrieb lebhaft, wie die Türsteher hereingekommen waren und gefragt hatten, wie viel die drei Gäste denn zu trinken bekommen hatten.
»Wir haben ihnen gesagt, dass er nur ein Bier hatte und die beiden Frauen Wasser und Cola. Zu viert haben wir beschlossen, alle vor die Tür zu setzen, bevor gegen Mitternacht der große Ansturm kommt, ihnen aber noch erlaubt, bis 24 Uhr sitzen zu bleiben. Das war dumm. Wir hätten sie gleich rausschmeißen sollen.«
»Was ist dann passiert?«
»Ich weiß auch nicht. Die Rothaarige ist irgendwann total ausgerastet«, fuhr die Bedienung fort und demonstrierte mit dem eigenen Körper, wie sich die Frau über den Tisch geworfen und den Albino am Hals gepackt hatte.
»Einen Augenblick lang haben wir geglaubt, sie würde ihn erwürgen, aber er hat sich schnell befreit und sie zurück in den Sessel gedrückt.«
Sie erzählte, dass die andere Frau, die blonde, während des ganzen Auftritts ruhiger geblieben war. Irgendwann hatte es dann so ausgesehen, als wollten sie gehen, aber die Rothaarige hatte sich ganz plötzlich noch einmal umgedreht, als hätte er etwas Hässliches gesagt, und hatte ihm ins Ohr gebissen.
»Ins Ohr?«, fragte Liv.
»Ja, sie hat sich richtiggehend festgebissen. Ein perfekter Tyson.«
Verblüfft notierte Liv die neuen Informationen und wunderte sich, dass der Kampf nicht im
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