Ermittlerpaar Moretti und Roland 02 - Suendenspiel
zwanzig war gerade dabei, die Bar mit Flaschen aufzufüllen. Liv legte ein Foto auf den Tresen.
»Hatten Sie am Freitag, den 6. Februar Dienst?«
Die junge Frau sah sie schief an, als sie antwortete.
»Ich habe immer Dienst.«
»Haben Sie den hier gesehen?«
Die Barkeeperin setzte ihre Arbeit fort.
»Sie könnten sich das Bild wenigstens anschauen.«
»Ganz ruhig. Ich muss ja auch meine Arbeit machen, oder etwa nicht?«, sagte sie und stellte eine volle Flasche Rum in den Barbutler.
Sie trocknete sich die Hände an der Hose ab und ging zu Liv.
»Er heißt Esad Nuhanovic.«
Das Mädchen bestätigte, ihn schon mal gesehen zu haben. Er kam ab und an in die Diskothek, war aber kein Stammgast.
»Sind Sie sicher, dass er es ist?«
Die Barkeeperin nickte.
»Exakt. Das bleiche Gesicht und die merkwürdige Brille würde ich immer wiedererkennen.«
Liv war überzeugt.
»Wir nennen ihn den Albino«, fuhr die Frau fort.
So weit, so gut, dachte Liv. Ihre Theorie war noch immer die, dass er sich mit einer Frau getroffen hatte, von der der Sohn nichts wissen sollte.
»Ist er allein gekommen?«
»Nein«, antwortete ihr Gegenüber.
Liv schaute ihr in die Augen und wartete ein paar Sekunden, fragte dann aber selbst nach.
»Mit wem war er hier?«
Die Barkeeperin erklärte, dass sie nur ihn kannte, er sich aber in der Regel mit jemandem traf. Dass sie sich oben in die Lounge setzten. In die weichen Sessel.
»Und was machen sie da?«, fragte Liv.
Sie zuckte mit den Schultern.
»Sehe ich aus wie ein Spion?«
Liv lächelte und dachte, dass sie bestimmt keine schlechte Wahl wäre, wollte man wirklich einen Spion engagieren.
»Haben sie viel getrunken?«
»Nein, nie. Allenfalls ein Bier, das war das Höchste.«
»Hat er sich mit einer Frau getroffen?«, versuchte es Liv erneut. Sollte es immer dieselbe Frau gewesen sein, müsste sie sie ja auf den Überwachungsvideos finden.
Zu Livs Verdruss antwortete die Barkeeperin, es seien verschiedene gewesen.
»Mal eine Frau, mal zwei. Ein anderes Mal traf er sich mit einem Mann, meistens war aber eine Frau dabei. Aber wie gesagt, nie dieselbe«, sagte sie. Sie war davon ausgegangen, dass er einer dieser Männer war, die im Internet nach Dates suchten, die sie nach dem Sex wieder fallen ließen.
»Kann auch sein, dass die ihn ausgemustert haben, wenn sie ihn sahen«, lachte sie.
»Mit dem Aussehen hatte er es bei den Frauen sicher nicht leicht. Als dann eines Tages ein älterer Mann allein auftauchte, waren wir uns einig, dass er ein bisschen abartig war. Irgendwie schien er von allem ein bisschen zu sein.«
Liv dachte, dass die Theorie mit dem Internet gar nicht so dumm war. Das müssten sie über seinen Computer herausfinden können. Sie notierte sich das, während sie fragte, ob die Leute, mit denen er sich traf, wie zufällige Bekannte wirkten?
»Wie meinen Sie das?«
»Hatten Sie den Eindruck, dass es sich um Personen handelte, die er irgendwo aufgelesen hatte, oder kannte er sie schon vorher? Wirkten diese Treffen verabredet?«
»Ganz klar«, sagte das Mädchen, ohne über die Frage weiter nachzudenken.
Liv grübelte darüber nach, warum sich Esad Nuhanovic mit Männern getroffen hatte. Konnte es um etwas anderes als um eine Verabredung gehen? Hatte er hier seine Geschäfte gemacht? Sein Morphin verkauft?
»Wie können Sie das mit einer so großen Sicherheit sagen?«, fragte Liv.
»Ganz einfach. Die Leute, mit denen er sich traf, kamen immer erst an die Bar und fragten nach der Lounge. Und dann habe ich ihnen gezeigt, wo er saß«, sagte sie und setzte einen schwarz lackierten Fingernagel auf das eine violette Auge von Esad Nuhanovic.
Die Personen, mit denen er sich traf, kannten also anscheinend weder seinen Namen, noch wussten sie, wie er aussah.
»Was passierte dann?«, fragte sie.
»Dann gingen sie zu ihm und begrüßten ihn mit Handschlag und allem Drum und Dran«, erklärte die Barkeeperin.
Also eine Begegnung, die mehr den Charakter eines Geschäftstreffens denn einer sozialen Zusammenkunft hatte.
»Wie lange blieben sie?«
Die andere zuckte wieder mit den Schultern.
»Eine Stunde, zwei Stunden, das war sehr unterschiedlich. Aber sie haben viel geredet und fast nichts getrunken.«
»Schlechte Kunden also?«
Die Barkeeperin lachte.
»Das kann man wohl sagen«, sagte sie.
Liv fühlte sich erneut in der Annahme bestätigt, dass sie sich nicht mit der Absicht auf einen netten Abend getroffen hatten.
»Was ist mit Freitag, dem 6. Februar, als
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