Ernest Hemingway
Bluff.»
«Schön», sagte Nick. «Ich werde ihn nicht töten, wenn er nicht in die Nähe des Hauses kommt. Laß mich los.»
«Das ist gut», sagte Trudy. «Du jetzt etwas machen wollen? Ich jetzt fühlen gut.»
«Wenn Billy weggeht.» Nick hatte Eddy Gilby getötet und ihm dann das Leben geschenkt, und jetzt war er ein Mann.
«Geh doch, Billy. Du lungerst hier die ganze Zeit rum. Geh schon.»
«Scheißkerl», sagte Billy. «Ich hab genug. Wozu wir kommen? Jagen oder was?»
«Du kannst das Gewehr nehmen. Da ist eine Patrone.»
«Schön. Ich kriege ein großes schwarzes.»
«Ich werd Huhu rufen», sagte Nick.
Dann, später, es war eine lange Zeit danach, und Billy war noch weg.
«Glaubst du, wir machen ein Baby?» Trudy legte ihre braunen Beine behaglich aneinander und kuschelte sich an ihn. Etwas in Nick war weit, weit weggewesen.
«Ich glaube nicht», sagte er.
«Machen viele Babies. Teufel noch mal.»
Sie hörten Billy schießen.
«Ob er wohl eines bekommen hat?»
«Mir egal», sagte Trudy.
Billy kam zwischen den Bäumen durch. Er hatte das Gewehr über der Schulter, und er hielt ein schwarzes Eichhörnchen bei den Vorderpfoten.
«Sieh mal», sagte er. «Größer als eine Katze. Ihr mit allem fertig?»
«Wo hast du es gekriegt?»
«Dort drüben. Sah ihn springen erst.»
«Ich muß nach Hause gehen», sagte Nick.
«Nein», sagte Trudy.
«Ich muß zum Essen zurück sein.»
«Schön.»
«Wollen wir morgen auf Jagd gehen?»
«Schön.»
«Du kannst das Eichhörnchen haben.»
«Schön.»
«Rauskommen nach Abendbrot?»
«Nein.»
«Wie fühlst du dich?»
«Gut.»
«Schön.»
«Mir Kuß in Gesicht geben», sagte Trudy.
Jetzt, wie er in seinem Wagen die Chaussee entlangfuhr und es dunkel wurde, dachte Nick mit keinem Gedanken mehr an seinen Vater. Das Ende des Tages veranlaßte ihn nie, an ihn zu denken. Das Ende des Tages hatte immer Nick allein gehört, und er fühlte sich niemals wohl, wenn er dann nicht allein war. Sein Vater kam ihm im Herbst oder im ersten Frühling ins Gedächtnis, wenn es Schnepfen auf der Prairie gab, oder wenn er Garbenhaufen sah, oder wenn er einen See sah, oder wenn er je ein Pferd und einen Wagen davor sah, oder wenn er Wildgänse sah oder hörte, oder in einem Entenschirm, und er sich an den Tag erinnerte, an dem ein Adler in wirbelndem Schnee niederging, um sich auf eine mit Sackleinwand bedeckte Lockente zu stürzen, und sich dann mit schlagenden Flügeln erhob, die Krallen in der Sackleinwand gefangen. Sein Vater war plötzlich in verlassenen Obstplantagen neben ihm und auf frisch gepflügten Feldern, in Dickichten, auf kleinen Hügeln, oder wenn er durch totes Gras ging, immer wenn er Holz spaltete oder Wasser schleppte in Getreidemühlen, Apfelweinpressen, auf Dämmen und immer an Lagerfeuern. Die Städte, in denen er lebte, waren keine Städte, die sein Vater gekannt hatte. Nach seinem fünfzehnten Lebensjahr hatte er nichts mehr mit ihm geteilt.
Sein Vater hatte bei kaltem Wetter Frost im Bart, und bei heißem Wetter schwitzte er sehr stark. Er arbeitete gern auf der Farm in der Sonne, weil er es nicht mußte, und er arbeitete gern mit den Händen, was Nick nicht mochte. Nick liebte seinen Vater, aber er verabscheute den Geruch, und einmal, als er seines Vaters Unterwäsche tragen mußte, die seinem Vater zu klein geworden war, wurde ihm schlecht, und er zog sie aus und legte sie unter zwei Steine im Bach und sagte, er habe sie verloren. Er hatte seinem Vater gesagt, wie es war, als sie ihm dieser zum Anziehen gab, aber sein Vater hatte gesagt, sie sei frisch gewaschen. Es war auch so. Als Nick ihn gebeten hatte, er solle doch mal daran riechen, hatte sein Vater unwillig daran geschnüffelt und gesagt, sie sei sauber und frisch. Als Nick ohne sie vom Angeln nach Hause kam und sagte, er habe sie verloren, bekam er Prügel wegen Lügen.
Nachher hatte er im Holzschuppen gesessen, bei offener Tür, mit geladener Flinte, gespanntem Hahn und zu seinem Vater hinübergeblickt, der hinter dem Fliegengitter auf der Veranda saß und die Zeitung las, und hatte gedacht: Ich kann ihn zum Teufel jagen. Ich kann ihn totschießen. Schließlich spürte er, wie der Ärger ihn verließ und ihm war ziemlich scheußlich zumute, weil es die Flinte war, die ihm sein Vater geschenkt hatte. Dann war er ins Indianerlager gegangen, in der Dunkelheit hingelaufen, um den Geruch loszuwerden. Es gab nur einen Menschen in seiner Familie, dessen Geruch er mochte; das war eine seiner
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