Ernteopfer
alles andere als frei verkäuflich. Für einen Großbauern dürfte es trotzdem nicht allzu schwierig sein, es zu besorgen. Um Unfälle zu vermeiden, wird die Flüssigkeit durch Vergäl lung ungenießbar gemacht. Bei E 605 hilft das aber nicht sehr viel weiter, denn es ist ein starkes Kontaktgift. Wenn sich da jemand eine Flasche überschüttet, ist nichts mehr zu machen.
»Was ist dann passiert, Herr Knoll? Wie hat seine Frau reagiert?«
»Die rief sofort den Notarzt. Geholfen hat es Henry aber nicht. Ich kam um diese Zeit eher zufällig vorbei, da ich von der Kneipe kam und auf dem Heimweg war. Ich wohne in einem kleinen Anbau hinter den Hallen. Der Henry schrie um sein Leben, wurde von Krämpfen geschüttelt und kotzte den Hof voll. Dann kam der Not arzt. Als der die Flasche auf dem Boden liegen sah, hat er erst mal Abstand gehalten. Niemand hat ihm mehr helfen können. Bis die Feuerwehr mit Schutzanzügen da war, war er schon tot. Danach stand der Hof drei Tage lang unter Quarantäne.«
Hektisch zog er an seiner Zigarre und bekam dabei prompt einen Hustenanfall.
»Haben Sie damals der Polizei erzählt, dass es sich um einen Mordfall handelt?«
»Ne, ich konnte ja nichts beweisen, da ich nicht dabei war, als er das Zeug ausgeleert hat. Außerdem wollte ich meinen Job behalten. Die Weiß hätte mich doch sofort auf die Straße gesetzt.«
»Und wie soll seine Frau ihm das Gift übergeschüttet haben und vor allem warum? Er hat die Flasche doch selbst in der Hand gehabt, oder?«
»Ja, darüber habe ich mir den Kopf zerbrochen. Ich denke, es gab zwei halb gefüllte Flaschen. Eine davon hat er in der Hand gehabt. Keine Ahnung, wie sie ihn dazu gebracht hat. Dann ging er mit ihr auf den Hof und sie schüttete ihm heimtückisch die zweite Flasche über. Da nach ist sie wohl sofort ins Haus zurückgerannt, um die zweite Flasche zu verstecken. So könnte es gewesen sein. Auf diese Weise wurde sie ihn schnell los. Dauernd haben die beiden sich gestritten, bis die Fetzen flogen. Und jedes Mal, wenn Henry unterwegs war, bekam sie männlichen Besuch. Die Weiß hat es faustdick hinter den Ohren.«
Kolportage oder nicht, das musste überprüft werden.
»Okay, Herr Knoll. Ich werde mir nächste Woche mal die Akte raussuchen lassen.«
Ich wechselte das Thema.
»So, jetzt wollen wir uns mal um unseren Schläger küm mern. Ist dieser Marek oder wie er heißt noch da?«
Gerhard zeigte in Richtung Polizeibus, der quer vor dem hinteren Hallentor stand.
»Da sitzt er drin. Wir haben ihn noch nicht nach Frankenthal gefahren, damit du ihn noch hier an Ort und Stelle befragen kannst. Wird aber wahrscheinlich nichts bringen.«
»Wieso? Spricht er nur Polnisch?«
»Nein, das nicht. Aber er will nicht mit uns reden. Er schweigt wie ein Grab. Marek Dzierwa hat noch keinen Ton gesagt, nicht mal seine Personalien bestätigt.«
Als wir näher kamen, öffnete ein Kollege die Schiebe tür und ich sah die nächste Überraschung. Im Bus saß der Messerheld, der gestern in Schifferstadt Petersen bedroht hatte. Ich erkannte ihn sofort. Er saß auf einer Bank zwi schen zwei Beamten und trug Handschellen. Ich setzte mich auf die gegenüberliegende Bank.
»Guten Tag, mein Name ist Palzki. Hauptkommissar Palzki«, stellte ich mich vor.
Er schaute mir kurz gelangweilt in die Augen. Keine Antwort.
»Können Sie mich verstehen?«
Keine Antwort.
»Wollen Sie mit einem Anwalt sprechen?«
Keine Antwort.
»So geht das nicht, Herr Dzierwa. Wollen Sie bis an Ihr Lebensende schweigen?«
Keine Antwort.
»Na, wie Sie wollen. Es gibt ja genug Zeugen, die ge sehen haben, wie Sie Ihren Kollegen krankenhausreif ge schlagen haben. Sie können nur hoffen, dass er es über lebt.«
Er reagierte immer noch nicht.
»Was wissen Sie über einen Siegfried?«
Er zuckte zusammen und schaute mich kurz an.
»Herr Dzierwa, ich weiß noch mehr. Sie haben gestern den kaufmännischen Leiter von Siegfried, Herrn Peter sen, mit dem Messer bedroht. Ja, da staunen Sie, was wir alles wissen.«
Nun schaute er mir lange und intensiv in die Augen.
»Sie wissen gar nichts«, sagte er.
»Aha, Sie können ja doch reden.«
Keine Antwort.
»Komm, lass ihn«, mischte sich Gerhard ein, der in zwischen neben mir Platz genommen hatte.
»Ein paar Tage in Frankenthal in der Justizvollzugsan stalt und der wird sicher mit uns reden.«
»Okay, bringt ihn zum Haftrichter«, sagte ich zu den Kollegen. Wir stiegen wieder aus.
»Da haben wir ja einen großen Fisch geangelt«, be
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