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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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zwei Sicheln bewaffnet waren. Wie Godgifu jedoch festgestellt hatte, waren die Engländer gut ausgerüstet und anständig ausgebildet. Der Kern von Harolds Heer bestand aus seinen Huscarls, professionellen Vollzeit-Soldaten. Und was die Fyrd betraf, ja, sie wurde aus den Reihen der Bauern aufgestellt. Aber das Landheer hatte sich seit Alfreds Zeiten erheblich weiterentwickelt. Ein komplexes System von Abgaben und Steuern gewährleistete, dass jeder sechste oder siebte gesunde Mann in England ordentlich ausgerüstet und ausgebildet wurde, um zu kämpfen, wenn man ihn rief. Jeder von ihnen hatte einen kegelförmigen Helm, Schild, Schwert und Axt, und viele besaßen sogar Kettenhemden
wie die Huscarls. Folglich hatte Harold Tausende gut ausgebildeter Soldaten zur Verfügung, die über das ganze Land verteilt waren und binnen ein paar Tagen einberufen werden konnten.
    Und heute schienen sie zudem mehr als gewillt zu sein, sich gegen die Macht der Norweger zu bewähren.
    Als die Engländer von der Brücke aus vorrückten, machte Hardrada das Beste aus seiner katastrophalen Position. Die Raben-Standarte wurde neben Tostigs Standarte in den Boden gerammt, und Godgifu hörte die dünnen Rufe von Hörnern. Männer mit Schilden – einige schlüpften noch in ihre Kettenhemden – bildeten einen groben Kreis. Hardradas Ziel war es, eine Festung aus Schilden zu bilden, sodass die Engländer sie selbst in dem offenen, flachen Gelände nicht an den Flanken umgehen konnten. Es war eine geschickte Strategie, und eine tapfere obendrein. Aber der skjaldborg war lückenhaft, und die Männer standen weit auseinander.
    Und die Engländer kamen heran. Die Schildwälle prallten mit einem donnernden Krachen zusammen, ein Geräusch, das jahrhundertelang über englische Schlachtfelder gehallt war.
    Vor der heranbrausenden Woge der Engländer wichen die Norweger zurück, und der hübsche Kreis wurde flach gedrückt – aber er hielt. Schwerter und Äxte hackten über die Schildlinie, und erneut spritzte Blut. Godgifu konnte es riechen, ein Gestank wie von heißem Eisen – und ihr stiegen auch noch üblere Gerüche in die Nase, die der Ausscheidungen aus den
Gedärmen sterbender oder verängstigter Männer. Das Gebrüll nahm kein Ende, eine Mischung aus Anfeuerungsrufen, Schmähungen und Schreien aus sechs-, sieben-, achttausend Kehlen.
    »Komm .« Jemand zupfte sie am Ärmel. Es war Estrith. Godgifu wusste, dass Estrith es gut meinte – dass sie versuchte, ihr das Leben zu retten –, aber sie schüttelte sie ab. Estrith gab auf. »Wie du willst.« Der Gepäckzug setzte sich in Bewegung, und Godgifu blieb allein auf ihrer Anhöhe zurück.
    Die Linie der Norweger brach. Die Engländer stürmten mit lautem Gebrüll vorwärts, und einen Augenblick lang löste sich die Schlacht in ein Chaos auf. Aber die Raben-Standarte entfernte sich aus dem Gewühl, und zu energischen Rufen und dem dünnen Lied der Hörner zogen sich die Soldaten der norwegischen Frontlinie zurück, um einen neuen Wall zu bilden. Auch die Engländer traten den Rückzug an. Als beide Seiten wie eine Flutwelle vom Zentrum des Schlachtfelds zurückbrandeten, hinterließen sie ein Gelände voller gefallener und verstümmelter Körper – einige von ihnen bewegten sich noch, krochen am Boden entlang wie Schnecken.
    Die englischen Reihen gerieten in hektische Bewegung, als die Männer der Frontlinie durch frischere Körper ersetzt wurden. Die Norweger schlossen erneut ihren Kreis, aber er war merklich kleiner als zuvor. Doch nun ertönte ein neuer Ruf, als weitere Norweger von Osten herbeikamen: Verstärkung von den Schiffen.

    Harold ließ den Norwegern keine Zeit mehr. Erneut warf sich die englische Linie nach vorn; erneut prallten die Schildwälle aufeinander, und erneut ergoss sich der blutige Schaum des Todes über den Boden. Es dauerte nicht lange. Die Norweger kämpften heldenmütig, aber ihre Linien schrumpften, bis sie nur noch ein Knäuel waren, das sich um die Raben-Standarte scharte. Die Verstärkungen, erschöpft von dem meilenweiten Marsch in ihrer schweren Rüstung, waren ein leichter Gegner.
    Umgeben von seiner Kriegerschar, starb der »letzte Wikinger« nicht leicht. Aber schließlich fiel die Raben-Standarte  – und Hardrada und Tostig fielen mit ihr.
    Godgifu schaute zur Sonne hinauf. Seit dem Eintreffen der Engländer konnten nicht mehr als zwei Stunden vergangen sein.
    Etwas Schweres krachte ihr in den Rücken, und sie wurde mit dem Gesicht nach unten

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