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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Sohnes Robert auf. Orm war sein ganzes Leben lang zur See gefahren, aber noch nie mit einer solchen Flotte. Nachdem sie so viele Wochen an der fränkischen Küste festgesessen hatten, genoss er die Bewegungen des Schiffes in der Dünung, das
frische Salz der Brise. Selbst der erdige Gestank der Pferde wurde verweht.
    Die Schiffe wurden zu ihrer Sammelstelle nicht weit vor der Küste gerudert, wo das Wasser noch so seicht war, dass sie dort vor Anker gehen konnten. Als sich die Dunkelheit herabsenkte, zündeten die Besatzungen eine nach der anderen Laternen in den Mastspitzen ihrer Schiffe an, und die Flotte wurde zu einem Archipel gelber Lichter, so weit das Auge reichte. Orm legte sich unter seinen Umhang, sein Kopf ruhte auf seinem Helm, sein steifes Kettenhemd lag neben ihm. Er lauschte dem Wasser, das an den Klinkerrumpf plätscherte, den Stimmen der Seeleute, die sich im Dunkeln gegenseitig aufzogen, und stellte sich vor, er wäre ein Kind, geborgen im Schiff seines Vaters, auf dem Weg nach Vinland.
    In der dunkelsten Stunde ertönte der leise Klang eines Horns. Als Orm sich aufsetzte, sah er, dass sein Schiff wieder unterwegs war; das Segel war entrollt. Die eigentliche Überfahrt hatte begonnen. Obwohl sie immer noch dicht an der fränkischen Küste entlangfuhren, hatten die Männer bereits im Flüsterton zu sprechen begonnen, als könnte König Harold in Lunden sie hören.
    In der Dunkelheit kam Odo zu Orm. »Eine großartige Expedition – findest du nicht, Orm Egilsson?« Odos Augen lagen im Schatten; sein maskenhaftes Gesicht hatte gewisse Ähnlichkeit mit dem seines Bruders William und war doch auch anders, mit einem Anflug öliger Raffiniertheit und Verschlagenheit.

    Orm fiel keine Ausrede ein, mit der er sich dem unangenehmen Gespräch mit Odo entziehen konnte. Vorsichtig sagte er: »Die größte Expedition, die dieses Gewässer seit den Römern überquert hat, heißt es.«
    »Ja, das stimmt. Den historischen Werken zufolge, die ich gelesen habe, liegen wir tatsächlich an dritter Stelle, nach Claudius vor tausend Jahren und Cäsar hundert Jahre vor ihm. Aber die Caesaren verfügten schließlich auch über die Mittel eines Imperiums, während William nur sein Herzogtum hat.«
    »Bisher«, sagte Orm pflichtgemäß.
    »Bisher, in der Tat. Das könnte sich bald ändern, wenn wir siegen. Sag mir – du bist ja ein Soldat –, wie beurteilst du unsere Aussichten?«
    Orm zuckte die Achseln. »Wir kommen sehr spät im Jahr, das ist unser größtes Risiko. Wir müssen die Engländer schnell zum Kampf stellen und einen entscheidenden Sieg erringen. Und dennoch …«
    »Ja?«
    »Wenn wir jetzt nicht losgefahren wären, hätten wir unseren Schwung verloren. Wir könnten diese Truppen nächstes Jahr nicht noch einmal versammeln.«
    »Ja. Du weißt wahrscheinlich, dass William das Herzogtum für diese Expedition vollständig ausgepresst hat. Ein Mann wie William hat nicht viel Zeit, Größe zu erreichen. Er ist jetzt schon zehn oder mehr Jahre älter als Alexander. Das Leben ist kurz, Orm! Besonders für einen Kriegsfürsten. Dies ist vielleicht seine letzte Gelegenheit.«

    »Wir haben das Privileg, mit ihm zu fahren«, sagte Orm ruhig.
    Odo grunzte belustigt. »Du sagst, was ich deiner Ansicht nach hören möchte, nicht wahr? Aber du hast recht. Und wenn wir Erfolg haben, wenn die Normandie mit diesem kühnen Streich England erobert, dann vermute ich, dass schon bald zehnmal so viele Männer wie wir behaupten werden, heute Nacht mit William gefahren zu sein. Hm? Und wir haben natürlich auch noch einen viel mächtigeren Begleiter.«
    »Gott, den Herrn.« Orm neigte den Kopf.
    Odo lachte. »Du versuchst wirklich, es mir recht zu machen, stimmt’s, Heide?«
    »Du bist ein Bischof«, sagte Orm. »Ich versuche nur, höflich zu sein.«
    »Ja, na schön. Aber Gott fährt wirklich mit uns, denn wir genießen die Unterstützung des Papstes. Und deshalb wollte ich mit dir reden.«
    »Herr?«
    »Ich will zur Sache kommen. Ich habe alles über das Menologium der Isolde gehört. Die Prophezeiung, die an König Harolds Hof in Umlauf gesetzt worden ist.«
    »Sie gehört einem Priester namens Sihtric.«
    »Ja. Dessen Schwester du besprungen hast.«
    Orm achtete darauf, keine Miene zu verziehen. »Deine Spione sind gut, Herr.«
    »Ja, das sind sie. Und sie erzählen mir auch, dass du dabei warst, als dieser Dummkopf namens Sihtric versucht hat, seinem König lauter Unsinn aus diesem Dokument einzutrichtern.«

    »Und wenn

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