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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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es wieder tun.«
    Aus einem Impuls heraus berührte Godgifu ihn am Arm. »Lass dich nicht so vom Glanz des Krieges blenden, Sihtric. Denk daran, du bist der Priester des Königs, nicht sein Huscarl.«
    Sihtric lächelte. »Vielleicht werde ich allmählich süchtig nach dem Gestank von Blut. Aber welch ein Sport! Wenn man nah genug herankommt, versteht man, weshalb Männer immer Krieg führen werden.«
    »Und was ist mit der Prophezeiung?«, fragte sie. »Ist das arische Reich nach allem, was geschehen ist, noch erreichbar?«
    »Ich glaube schon«, sagte Sihtric leise, und seine Augen wurden glasig, als er sich in seine ganz eigene Welt der Berechnungen zurückzog. »Ich glaube schon,
ja. Tostig war ein fehlerhaftes Element. Harold hätte ihn töten sollen, als die Northumbrier rebelliert haben. Wäre Tostig nicht am Leben geblieben, hätte er Hardrada nicht zu seiner opportunistischen Invasion aufstacheln können. Und dann hätten Harold und seine Truppen diese Schlacht nicht durchstehen, diesen Sieg nicht erringen müssen. Ja, wenn Harold imstande gewesen wäre, ein Bündnis mit den Norwegern zu schließen, wie ich es ihm ans Herz gelegt habe, wären seine Truppen stärker und hätten ihre Bewährungsprobe noch vor sich – und Hardradas Norweger wären möglicherweise an seiner Seite, statt erschlagen auf schlammigen northumbrischen Feldern zu liegen …«
    »Wenn, wenn, wenn.«
    »Ja. Jetzt lässt sich nichts mehr daran ändern.«
    Boten kamen in die Halle. Sie flüsterten mit den Huscarls, die eindringlich mit dem König sprachen. Harold stand mit wütender Miene auf und stürmte hinaus. Sihtric war ein wenig betrunken, und er war verwirrt. »Was ist los?«
    »Hörst du nicht, was die Leute reden? Eine Nachricht von Harolds Bruder Leofwine in Lunden ist gekommen. Williams Flotte ist ausgelaufen .«
    Sihtric machte große Augen. »Es ist Oktober. Ich dachte, wir wären für dieses Jahr in Sicherheit …«
    »Offenbar nicht.«
    »Dann wird Harold wieder nach Süden marschieren  – und ich muss mit.«
    Sihtric stürzte sich ins Gedränge der Menschen, die die Halle verließen, und Godgifu eilte ihm nach.

XVII
    Am Tag der Überfahrt war Orm von aufgeregtem Gemurmel draußen vor seinem Zelt erwacht. Er schlüpfte rasch in seinen Kittel und seine Beinlinge und ging hinaus. Der Himmel war klar und blau, die Luft ungewöhnlich warm für Oktober – und der Wind wehte endlich, wenn auch sanft, von Süden.
    Schon erklangen die Hörner und riefen die christlichen Krieger zur Messe.
    Orm machte sich eilig auf die Suche nach seinem Herrn. Robert, Graf von Mortain, war angespannt, aufgeregt und erleichtert. »Gott hat uns dieses Wetter geschenkt«, erklärte er Orm und seinen Männern, »und eine mondlose Nacht obendrein.«
    »Dann fahren wir also«, sagte Orm leise.
    »William hat es gewollt; Gott hat es erlaubt.«
    Und sie riefen gemeinsam: »Wir fahren!«
    Sie hatten vor, bei Nacht auszulaufen, aber sich im Dunkeln einzuschiffen, hätte ein Chaos verursacht. Deshalb bestand Williams Plan darin, an diesem Nachmittag bei Flut aufzubrechen, die Flotte vor der Küste zu formieren und über Nacht nach England zu segeln.
    Der Vormittag verging mit dem hektischen Beladen
der Schiffe. In langen Ketten reichten die Männer Ballen mit Kleidung, Waffen und Vorräten weiter. Jeweils zwei Mann mussten einen Hauberk tragen, einen schweren Kettenpanzer, der an einer Stange hing. Die Pferde waren schwierig, und jedes einzelne von ihnen musste beruhigt, überredet, bestochen und drangsaliert werden, damit es die hölzerne Rampe zu den Schiffen hinaufstieg und sich in seiner überdachten Box niederließ. Als die Flut kam, gingen auch die Männer selbst endlich an Bord. Sie hängten ihre blattförmigen Schilde an die Dollborde, wie es die Wikinger-Vorfahren der Normannen immer getan hatten.
    Zu den Rufen der Kapitäne, dem Läuten von Glocken, den Klängen von Hörnern und den Segenswünschen der Priester legten die Schiffe ab. Ruder schlugen klatschend ins Wasser, ihre glitzernden Blätter tauchten in ihren uralten Rhythmen ein, und die bunten Segel blähten sich, als sie den sanften Südwind einfingen.
    Die Drachenschiffe breiteten sich über das flache Wasser aus, umfangen vom Dunst, wie Abbildungen in einem Gemälde. Jedes von ihnen trug einen fauchenden Tierkopf am Bug. Williams Schiff, ein Geschenk seiner Gemahlin, hieß Mora , und sein Bug wies die fein geschnitzte Figur eines Kindes mit einem Bogen sowie ein Bildnis seines

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