Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
sie herzufallen.

    Und noch wichtiger, es gab nach wie vor keinerlei Anzeichen eines wie auch immer gearteten englischen Widerstands, nicht einmal eine Schwertschneide oder einen Schildbuckel. Die Angaben der Spione, dass Harold von der Südküste hatte abziehen müssen, um Harald Hardrada entgegenzutreten, schienen also zu stimmen. Die Männer scherzten nervös, dass sie nicht wüssten, ob sie bei der Landung einer Armee glattgesichtiger Engländer oder arschhaariger Norweger gegenüberstehen würden.
    Schließlich gelangten sie zu einer Halbinsel, auf der eine Festungsmauer mit runden Ecktürmen stolz aufragte. Sie war römischen Ursprungs, wie man an der Qualität des Mauerwerks und an den Schichten roter Fliesen sah, die in die Verblendsteine eingebettet waren. Orm verstand jetzt, weshalb dieser Ort von den normannischen Kundschaftern für die Landung ausgewählt worden war. Der Hafen war groß genug für Williams Schiffe, das Kastell groß genug für seine Truppen.
    William ließ sein Schiff auf einen Kiesstrand am westlichen Ende der Halbinsel ziehen, wo sie durch eine schmale Landzunge mit dem Land dahinter verbunden war. Die Männer machten sich daran, die Schiffe zu entladen, und die ersten wiehernden Pferde wurden an Land geführt.
    Orm ging zusammen mit Odo und Graf Robert durchs Westtor der alten römischen Befestigungsanlage ins Kastell hinein. Das Mauerwerk war noch intakt, aber die hölzernen Bestandteile waren verrottet
oder geraubt. Orm bemerkte Löcher im Stein, wo früher einmal die Angelzapfen der Tore gesteckt hatten. Im Innern der Festung gab es nicht viel zu sehen. Das Linienwerk der Fundamente in dem grasbewachsenen Gelände zeigte, dass hier einmal Steinbauten – vermutlich römischen Ursprungs – gestanden hatten, und bei einigen formlosen Erdhügeln handelte es sich wahrscheinlich um Überreste späterer Gebäude, Verschläge aus Holz und Lehm, die hinter den römischen Mauern Schutz gesucht hatten. Orm hatte sein Schwert gezogen, aber er scheuchte nur ein paar Seemöwen auf, die in das graue Licht der Morgendämmerung davonflatterten. Die Mauern selbst, ein Steinvorhang, der um diese Beinahe-Insel herumlief, waren erstaunlich unversehrt.
    »Zu abgelegen, als dass man die Steine geraubt hätte, glaube ich«, murmelte Robert.
    Odo sagte: »Die Römer haben das Kastell Anderida genannt. Sie haben es erbaut, um die Jüten und Sachsen fern zu halten. Obwohl sie es in großer Eile errichtet haben, steht ihr Werk noch Jahrhunderte später. Erstaunliche Menschen, die Römer.« Er breitete die Arme weit aus und drehte sich um. »Und schaut, wie groß alles ist! Hier können wir unser ganzes Heer und noch mehr unterbringen.«
    Odo kannte den Plan in groben Zügen. Dies war ein guter Landeplatz, aber er ließ sich nur schwer verteidigen, denn das Land hier war arm. Das Heer würde sich morgen formieren und an der Küste entlang nach Haestingaceaster marschieren. Das war eine befestigte
Stadt mit einem guten Hafen, wo sich das Heer in Reichweite des Meeres und der Schiffe verschanzen konnte.
    Und sie würden sich daran machen, das Land auf die herkömmliche Art und Weise zu verwüsten, sowohl um Proviant für das Heer zu beschaffen, als auch um Harold zu einer Reaktion zu provozieren. Da sie erst so spät im Jahr eingetroffen waren, wollte William ihn möglichst bald in einen Kampf verwickeln, und dieses Land der Südsachsen war das Herzland der Godwines. »An ebendiesem Herzen werden wir nagen«, hatte William finster gesagt, »wie ein Wurm an einem Apfel.«
    Aber eins nach dem anderen; zunächst mussten sie die Nacht hier bei Pefensae überstehen.
    »Ich will eine Grabenanlage quer über diese Landzunge im Westen«, sagte Robert energisch. »Und hier drin werden wir ebenfalls Befestigungen errichten. Wir brauchen nicht so viel Platz. Vielleicht können wir diese Ecke abschneiden«, sagte er und deutete auf das östliche Ende der umlaufenden Mauer. »Ein Wall und ein Graben, eine Palisade.«
    Für solche Zwecke hatten die Normannen vorgefertigte Holzelemente mitgebracht. »Orm, kümmere dich darum.«
    Orm nickte.
    »Und in der Zwischenzeit werden wir Truppen ins Land hinausschicken. Selbst in einer so armen Gegend wie dieser muss es etwas geben, was sich zu rauben lohnt …«

    Die ersten Engländer würden also bald sterben, dachte Orm.
    Williams Halbbrüder gingen weiter, unterhielten sich in ihrer groben fränkischen Sprache und schmiedeten ihre Pläne, während Orm sich daran machte, in

Weitere Kostenlose Bücher